Fledermäuse lieben die Gesellschaft

Bruchköbel – Ein deutliches Knattern, das mal abflachte, dann aber wieder stark anschwoll, war am Samstagabend in der Krebsbachaue hinter dem neuen Stadthaus in Bruchköbel zu hören. Die Töne kamen nicht etwa von einem altersschwachen Mofa, sondern von Fledermäusen, die zwischen den Bäumen herum sausten. Das Spektakel der Mücken jagenden Flattertiere war Anlass der „Europäischen Fledermaus-Nacht in Bruchköbel“, zu der die Bürgerhilfe Bruchköbel, der Vogelschutzverein Roßdorf sowie das Jugendreferat der Stadt Bruchköbel ans Krebsbachufer eingeladen hatten.
Zahlreiche Informationen an vier Stationen
An vier Stationen konnten die zahlreichen Besucher viele interessante Einzelheiten über die Tiere und ihre Lebensgewohnheiten erfahren. „Wir wollen mit dem immer noch verbreiteten Aberglauben aufräumen, dass Fledermäuse blutsaugende Vampire sind“, sagte Joachim Rechholz, Vorsitzender der Bürgerhilfe. „Die Tiere sind sehr nützlich, und man sollte froh sein, wenn man sie in seiner Nähe hat.“
Das bestätigte auch Dagmar Stiefel, die sich seit über 40 Jahren mit den flinken Nachtjägern beschäftigt. Die Tiere würden bei Einbruch der Dämmerung auf die Jagd nach Fluginsekten gehen und während des Fluges über mehrere Stunden hinweg und ohne große Pause bis zu 2000 Mücken und Falter erbeuten. Dabei setzen die Tiere das ihnen angeborene „Hightech-Radar“ ein, um die Zielobjekte zu orten.
Töne liegen im Ultraschallbereich
„Fledermäuse stoßen Töne aus, die von den Beutetieren als Echo zurückgeworfen und dann von den Jägern mit ihrem sensiblen Gehör wieder aufgenommen werden“, erklärte Dagmar Stiefel das Jagdverhalten der Flattertiere. Diese ausgesandten Töne liegen im Ultraschallbereich und bleiben somit dem normalen menschlichen Gehör verborgen, so die Spezialistin. Hier hilft die Technik weiter: Mit einem Ultraschall-Detektor lassen sich die Jagdrufe der Fledermäuse in den hörbaren Frequenzbereich heruntersetzen, sodass die Töne als deutliches Knattern zu vernehmen sind. „Die Tonfolge liegt im Bruchteil einer Sekunde“, erklärte Dr. Renate Rabenstein, die einen solchen Detektor vorführte. „Jede Fledermausart hat ihre eigene Frequenz, sodass man die einzelnen Arten allein schon an der Tonfrequenz erkennen kann.“
An diesem Abend waren es wohl Zwerg- und Mückenfledermäuse, die über die Köpfen der Besucher hinweg sausten. Sie sind die kleinsten in Deutschland vorkommenden Arten; doch auch der schnelle Große Abendsegler, dessen laute Rufe man fast schon mit blankem Ohr wahrnehmen kann, ist unterwegs, bestätigte Dagmar Stiefel. Sie kam vor vielen Jahren über ihr damals überragendes Gehör zu den Fledermäusen. „Bei einer Abendveranstaltung an einem See hörte ich plötzlich ein starkes Geknatter über mir und fragte, was das denn sei – und alle anderen Anwesenden schauten mich nur er-staunt an“, erzählte sie schmunzelnd von ihrem Auf-takt-Erlebnis.
Spezielle Rufe zur Abstimmung
Fledermäuse sind sehr soziale Tiere und ziehen ihre Jungen in großen Gruppen auf. Auch bei der Jagd machen sie andere Artgenossen darauf aufmerksam, dass sie ein Beutetier im Visier haben. Vermutlich verwenden sie dazu untereinander spezielle Rufe, damit sich nicht mehrere Jäger gleichzeitig auf ein Ziel stürzen.
Natürlich müssen für eine erfolgreiche Jagd auch genügend Insekten in der Luft sein. Bei strömendem Regen bleiben auch die erfahrensten Fledermäuse in ihrem Quartier, das sie in hohlen Baumstämmen, alten Dächern oder sonstigen Mauerritzen finden. In der kalten Jahreszeit ziehen sich die Tiere in frostsichere Unterkünfte zurück und halten dort bis etwa März oder April Winterschlaf, bevor es wieder auf die Jagd im Zickzack-Flug geht.
All diese Informationen erhielten die Besucher der Veranstaltung an den vier Stationen der „Fledermausnacht“ in der Krebsbachaue. Unter den Gästen waren auch einige Kinder und Jugendliche, die sich dort ihre Stempel auf der Teilnehmerkarte geben ließen und im Anschluss ein Zertifikat als „Junior-Fledermaus-Forscher“ bekamen.
„Ich merke gar nicht, was hier abgeht“
Viele Bruchköbeler waren ziemlich erstaunt, dass es überhaupt Fledermäuse in der Stadt gibt. „Das ist ja toll“, zeigte sich ein Mann mit seinem Hund überrascht. „Ich laufe hier abends gemütlich mit meinem Vierbeiner und merke gar nicht, dass über uns eine wilde Jagd abgeht.“
Die sehr informative und gelungene Veranstaltung hat in den Köpfen der Besucher mit Sicherheit das Bild der Fledermaus ins rechte Licht gerückt. „Wer etwas für die tollen Tiere tun möchte, sollte als Schlafquartier einen Fledermauskasten an einer geeigneten Stelle des Hauses oder auf dem Grundstück aufhängen“, empfahl Renate Rabenstein. Bauanleitungen hierzu sind im Internet zu finden. Sollte sich aber (was relativ selten vorkommt) einmal eine Fledermaus in ein Wohnungszimmer verirren, dann solle man ruhig bleiben, einfach das Licht löschen und das Fenster weit öffnen; der Nachtjäger finde dann schon alleine wieder hinaus ins Freie. (Von Ingbert Zacharias)
