Warum gehen Sie in Bruchköbel „spazieren“?

Bruchköbel – Jeden Montag sind sie unterwegs. In Langenselbold, in Schlüchtern, Maintal, Bruchköbel und anderen Kommunen des Main-Kinzig-Kreises. Die Zahl der Teilnehmer steigt, je länger Corona wütet und je schärfer die Debatte über Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie und die Diskussion über eine Impfpflicht wird.
Montagabend in Bruchköbel. Es ist 18 Uhr. Gut 200 Menschen haben sich auf dem Freien Platz versammelt, sie stehen dicht beisammen, einige tragen rote Herzen, Masken jedoch nicht. Von der Bühne aus betrachten Polizisten das Geschehen auf dem Platz. Angemeldet ist die Kundgebung nicht. Wieder einmal nicht, beklagt Bruchköbels Bürgermeisterin Sylvia Braun. Als Unterzeichnerin der vom Main-Kinzig-Kreis initiierten „Erklärung für Offenheit, Respekt und Toleranz“ wurde sie von den „Spaziergängern“ selbst angefeindet. Der Vorwurf in einem Leserbrief: Der Landrat und sie wollten die Bürger von friedlichen Spaziergängen abschrecken und die Teilnehmer einschüchtern. „Alles Unsinn“, entgegnet die Verwaltungschefin. „Wir werden niemanden daran hindern, seine Meinung zu äußern. Alles, was wir wollen, ist, dass man sich an die Regeln und die Gesetze hält und solche Versammlungen anmeldet.“ Dabei gehe es auch um die Sicherheit der Teilnehmer selbst, so die Bürgermeisterin.
Wer sind die Menschen, die wie am Montagabend in Bruchköbel spazieren gehen, und was sind ihre Beweggründe für den Protest?
Unsere Zeitung hat drei von ihnen, die in Bruchköbel und Neuberg als Kommunalpolitiker durchaus bekannt sind und am Montag bei dem „Spaziergang“ unter den Teilnehmern waren, gebeten, folgende Frage mit einem kurzen Text zu beantworten: Warum nehmen Sie montags an den Spaziergängen in Bruchköbel teil?
Ihre Antworten:

Michael Roth, Rechtsanwalt, ehemaliger Bürgermeister von Bruchköbel, derzeit Stadtrat für den Bruchköbeler Bürgerbund (BBB).
„Unsere Demokratie verteidigen. Wer sich nicht impfen lässt, verliert den Arbeitsplatz. Alte und Kranke werden gegen ihren Willen isoliert und sterben einsam. Kinder werden psychisch krank gemacht. Wer das kritisiert, wird öffentlich als gewaltbereiter Rechter und Spinner beschimpft. Damit soll diese Meinung unterdrückt werden. Demokratie benötigt aber Meinungsfreiheit. Als Demokrat lehne ich daher autoritäres Verhalten ab. Niemand darf anderen vorschreiben, welche Meinung erlaubt ist und welche nicht. Deshalb gehe ich mit Bruchköblern, die auch so denken, friedlich für Meinungsfreiheit und Mitmenschlichkeit spazieren.“

Thomas Sliwka, Betriebswirt, ehemaliger Fraktionsvorsitzender der CDU und ehemaliger unabhängiger Bürgermeisterkandidat, derzeit Mitglied der CDU-Fraktion in Bruchköbel:
„Besonnenheit und Vernunft brauchen eine Wahrnehmung. Die Anordnungen gegen die Pandemie folgen keiner Logik. Die Realität widerlegt fortwährend das Auferlegte. Dadurch hat die Politik stark an Glaubwürdigkeit und Autorität verloren. Unter diesen Fehlern leiden besonders Kinder und Alte. Wir desillusionieren unsere Jugend. Das Problem wird nicht durch linkes und unangemessenes Niederschreien in den Medien gelöst. Ich will hier weiter ein selbstbestimmter, verantwortungsvoller Bürger in einem pluralistischen Staat sein. Das hat nichts mit Verweigerung zu tun. Der friedliche Spaziergang ist das Yang unserer Gesellschaft, er hilft, diese zu erhalten. Der permanente Zulauf bestätigt mich in meiner Haltung.“

Melanie Esch, Kinderkrankenschwester und Hebamme, Fraktionsvorsitzende der Grünen in Neuberg und ehemalige Bürgermeister-Kandidatin in ihrer Gemeinde:
„Weil es eine Katastrophe ist, dass Kinder als Pandemietreiber diffamiert werden. Es ist reine politische Willkür, den Genesenen-Status auf drei Monate zu verkürzen. Impfzertifikate für ungültig zu erklären ebenso. Boostern wird als Freifahrtschein verkauft, statt generell 1G (getestet) umzusetzen. Kreuzimpfungen werden ohne Evidenz propagiert. Die Hospitalisierungsinzidenz wurde eingeführt, um Maßnahmen des Freiheitsentzugs zu rechtfertigen, und zeitgleich wurden 34 Krankenhäuser geschlossen. Der Sinn des Lebens besteht weder aus der Angst vor dem Tod noch vor dem Menschen allgemein, sondern darin, zu leben und zu lieben.“ (Von Holger Weber)