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Die Unterlegene: Dr. Katja Leikert verliert das Direktmandat im Wahlkreis 180

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Von: Monica Bielesch, Yvonne Backhaus-Arnold

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Rot vor Schwarz: Dr. Katja Leikert hat die Zahlen in ihrem Wahlkreis 180 im Blick. Gefreut haben dürfte sie sich nicht. Am Ende liegt Lennard Oehl mit fast vier Prozentpunkten vor der Bruchköbelerin.
Rot vor Schwarz: Dr. Katja Leikert hat die Zahlen in ihrem Wahlkreis 180 im Blick. Gefreut haben dürfte sie sich nicht. Am Ende liegt Lennard Oehl mit fast vier Prozentpunkten vor der Bruchköbelerin. © patrick scheiber

Die CDU-Bundestagesabgeordnete Dr. Katja Leikert hat ihr Direktmandat im Wahlkreis 180 verloren. Als Ursache sehen die Christdemokraten auch den Wahlkampf auf Bundesebene. Die Enttäuschung ist dennoch groß.

Main-Kinzig-Kreis – Kurz vor halb 7 am Wahlsonntag. Im Café Ellis stimmt Uta Desch gerade ein Liebeslied an. Dazu Piano-Klänge und ein gutes Dutzend Zuschauer. Direkt über dem Café, im Gemeindesaal der Hanauer Johanniskirche, stehen Katja Leikert und ihr Team vor einer großen Leinwand, auf der gerade die ersten Prognosen einlaufen. Johannes Wiegelmann, der Kandidat für den Wahlkreis 175, schaut auf die zweite Leinwand.

Hier werden gleich die ersten lokalen Ergebnisse erwartet. Einige Tische sind besetzt, der Maintaler Bürgermeisterkandidat Götz Winter und sein Team sind auch da, Hanaus Stadtverbandschef Joachim Stamm, Oberbürgermeisterin a.D. Margret Härtel.

„Für mich keine Überraschung“, sagt die Bruchköbelerin Leikert mit Blick auf die Zahlen aus dem Bund. Wer die Umfragen verfolgt habe, könne nicht überrascht sein.

Überrascht dürfte Katja Leikert, die den Wahlkampf vor Ort und ihr Team lobt („Extrem konstruktiv und positiv“) von ihrem eigenen Ergebnis sein. Dabei gibt es erstmals Applaus, als um 18.50 Uhr das erste von 295 Ergebnissen des Wahlkreises 180 gezeigt wird. Leikert knapp vor ihrem SPD-Herausforderer Lennard Oehl. Doch schon nach der Hälfte der Wahlbezirke ist klar, dass die CDU-Bundestagsabgeordnete drei, vier Prozentpunkte hinter dem Nidderauer rangiert.

Ungläubig schauen Joachim Stamm, Max Schad, Pascal Reddig und Katja Leikert (von links) auf den Bildschirm. Die Ergebnisse sind ein Debakel für die heimische CDU.
Ungläubig schauen Joachim Stamm, Max Schad, Pascal Reddig und Katja Leikert (von links) auf den Bildschirm. Die Ergebnisse sind ein Debakel für die heimische CDU. © Patrick Scheiber

Und so ist die CDU nicht nur im Bund im Sinkflug, sondern auch zwischen Maintal und Hasselroth. Hatte Leikert 2013 noch 44,3 Prozent der Erststimmen geholt, waren es 2017 nur noch 35,3 Prozent, dennoch gewann sie gegen Dr. Sascha Raabe (30,4 Prozent) – und holte das Direktmandat.

Das ist jetzt dahin. Leikert verliert ihren Wahlkreis. Auf der Liste der CDU Hessen steht sie auf Platz 5, der Wiedereinzug in den Bundestag dürfte ihr damit höchstwahrscheinlich gelingen, aber auch nur, weil die Christdemokraten landesweit herbe Verluste einfahren und nur noch wenige Direktmandate holen.

2017 hatte die CDU in Hessen noch so viele Direktmandate (insgesamt 17) gewonnen, dass niemand über die Liste nach Berlin geschickt wurde.

Polit-Urgestein Margret Härtel zweifelt schon zu diesem frühen Zeitpunkt, ob Leikert das Direktmandat halten kann. Das tue ihr leid, Leikert habe einen engagierten Wahlkampf gemacht. Auf Bundesebene seien aber zu viele Fehler gemacht worden, so die 79 Jahre alte Ex-Oberbürgermeisterin von Hanau. Zu spät habe sich die Union zusammengerauft.

Auch Heiko Kasseckert, CDU-Landtagsabgeordneter aus Langenselbold, sieht die Versäumnisse auf Bundesebene als Ursache für das Scheitern der CDU-Kandidatin im Kreis. „Das Ergebnis überrascht mich nicht, auch wenn die Enttäuschung groß ist“, so Kasseckert. Aber gegen den Bundestrend sei jeder Kandidat machtlos. „Da kann man dem Kandidaten keinen Vorwurf machen.“ Der einzige Trost: „Es wird ein enges Ergebnis sein.“

So gar keine Feierstimmung wollte am Sonntagabend bei den rund 30 Christdemokraten im Elisabeth-Schmitz-Saal in Hanau aufkommen.
So gar keine Feierstimmung wollte am Sonntagabend bei den rund 30 Christdemokraten im Elisabeth-Schmitz-Saal in Hanau aufkommen. © Patrick Scheiber

Max Schad, dem man die Strapazen des wochenlangen Wahlkampfes ansieht, betont: „Wir hatten keine Mobilisierungsprobleme für den Wahlkampf.“ Und lobt das große Engagement des Wahlkampfteams von Leikert, das sich überwiegend aus JU-Mitgliedern zusammengesetzt hat. In den Gesprächen mit den Bürgern seien die Vorbehalte gegen den CDU-Kanzlerkandidaten immer zu spüren gewesen. „Aber die Frage ist auch, wäre es mit einem anderen Kandidaten anders gelaufen“, so Schad. Für Leikert sieht er es schon als Erfolg, dass sie in vielen Kommunen mit ihrem Erststimmen-Ergebnis noch über dem Bundesergebnis liege. „Das muss man erst mal schaffen. Das ist schon ein Hinweis auf ihren Rückhalt in der Bevölkerung.“

Unterdessen schlagen die Wahlhelfer am Büffet bei der veganen Linsensuppe zu und stärken sich für eine lange Nacht. Bis die Endergebnisse feststehen, wird es dauern.

Kurz vor 22 Uhr: 275 von 295 Wahlkreisen sind ausgezählt. Am Telefon klingt Katja Leikert enttäuscht. „ich gratuliere Lennard Oehl zum gewonnenen Direktmandat“, sagt sie als erstes. „Für mich, aber auch für alle meine Mitstreiter, ist das ein enttäuschendes Ergebnis. Ich hätte gern zum dritten Mal das Direktmandat für die CDU gewonnen, gern weitergemacht.“ Es sei, räumt Leikert ein, schwierig gegen den Trend zu arbeiten, dennoch liege sie sechs Prozent über dem Zweitstimmen-Ergebnis. „Aber das reicht nicht.“

Ob Katja Leikert tatsächlich über die Landesliste einziehen wird, ist bis zum Redaktionsschluss unklar. Klar ist, dass politische Schwergewichte wie Kanzleramtschef Helge Braun auf der Liste vor ihr stehen. Klar ist also nur, dass noch nichts klar ist.

Von Yvonne Backhaus-arnold Und Monica Bielesch

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