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„Die Tageskinder gehören zur Familie“

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Kathrin Smola-Peter (links) und Sandra Wunder sind für die Kindertagespflege in Erlensee verantwortlich.
Kathrin Smola-Peter (links) und Sandra Wunder sind für die Kindertagespflege in Erlensee verantwortlich. © pm

Erlensee/Neuberg – Was für ein Gewusel auf dem neuen Spielplatz am Limespark in Erlensee. Kleinkinder in gelben Warnwesten sitzen im Schatten der großen Platane, spielen im Sand, rutschen oder laufen herum. Kinderbusse parken am Rand des Sandspielplatzes, Sieben Frauen und ein Mann haben alle Hände voll zu tun. Sie machen ihre Arbeit mit viel Freude und mit einem großen Herzen für kleine Kinder.

„Sonst könnten wir diesen Job nicht machen“, sagen sie alle. Bei einem Besuch geben sie einen Einblick in ihren Beruf.

„Ich liebe Kinder einfach“, meinte Houda Aadmi. Seit 2018 betreut die Mutter von drei Kindern fünf Tageskinder. „Wir sind viel unterwegs, wir basteln gerne, singen und tanzen zusammen.“

Bedarf an Tagespflegeplätzen steigt

Wenn Eltern für ihre Kleinkinder unter drei Jahren eine qualifizierte Betreuung suchen, dann kommt neben städtischen Kitas und privaten Eltern-Kind-Initiativen immer häufiger die Kindertagespflege ins Gespräch, umgangssprachlich Tagesmütter oder Tagesväter. Bei der Gemeinde Erlensee sind Sandra Wunder und Kathrin Smola-Peter, Fachbereich Familie und Soziales, für den Bereich Kindertagespflege verantwortlich. Zu ihren Aufgaben gehören beispielsweise die Bedarfsplanung, die Beratung der Eltern oder die Organisation gemeinsamer Treffen und Aktionen.

„Wir laden beispielsweise die Eltern zweimal pro Jahr zu Info-Abenden ein, wir beraten laufend telefonisch und helfen, einen Betreuungsplatz zu finden.“, erläutert Sandra Wunder, Leiterin der Fachstelle Kinderbetreuung und Jugendarbeit. Ihre Kollegin Smola-Peter ergänzt: „Die Tageseltern arbeiten alleine. Gerade deshalb ist ein beständiger Austausch wichtig. Wir fördern daher regelmäßige Treffen, wie montags das Kleinkinderturnen, und organisieren jährliche interne Fortbildungen zu Themen wie Teambildung, Struktur und Resilienz oder Nachhaltigkeit.“ Sehr gut angekommen sei beispielsweise die Veranstaltung mit Schauspieler und Synchronsprecher Jörg Schäfer. Er zeigte, wie Handpuppen zum Leben erwachen und gab praxisnahe Tipps.

Der Bedarf für eine „U3-Betreuung“ liegt in Erlensee ungefähr bei 32 Prozent, Tendenz steigend. Mit aktuell 14 Tageseltern und drei Tagesmüttern in der Grundqualifikation ist die Kommune derzeit sehr gut aufgestellt. Seit ihren Anfängen hat sich die Tagespflege stetig gewandelt und ist inzwischen zu einem richtigen Beruf geworden, der zum Familieneinkommen erheblich beitragen kann.

Früher gab es als Bezahlung nicht mehr als ein Taschengeld

Vorbei sind die Zeiten, als Mütter in Elternzeit noch ein oder zwei Kinder mitbetreuten, um sich ein wenig Taschengeld zu verdienen. 1996 wurde mit einem Beschluss der Stadtverordnetenversammlung der Grundstein für kommunale Kindertagespflege in Erlensee gelegt, der 1997 in Kraft trat. Fünf Tagesmütter wurden damals mit monatlich 80 Mark für die Altersvorsorge unterstützt. Die Gemeinde übernahm die Haftpflichtversicherung, stellte 15 Mark für monatliche Treffen zur Verfügung und veranstaltete gemeinsame Zusammenkünfte und Fortbildungen.

Bis 2009, bis zur neuen Satzung des Kreises, war die Tagespflege von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich organisiert. Seither regelt der Main-Kinzig-Kreis die Verträge zwischen Eltern und Tagespflegepersonen. Arbeitszeit, Kranken- und Sozialversicherung sind ebenso festgelegt wie die Qualifizierung, die Tageseltern absolvieren müssen. Bevor diese ihre Dienste anbieten können, erfolgt ein Hausbesuch durch die Kreisbehörde, die eine Pflegeerlaubnis erteilt. Hausbesuche können weiterhin unangekündigt stattfinden.

Weil die Arbeit in den eigenen vier Wänden erfolgt, ist es wichtig, dass die Familie mitmacht und mithilft. Das ist Tagesmutter Hane Krasniqi ein wichtiges Anliegen. „Diese Qualifizierung zur Tagespflege dauert etwa ein Jahr, sie umfasst 300 Unterrichtseinheiten, zusätzlich 140 Selbstlerneinheiten und insgesamt 80 Stunden Praktikum. Das macht man nicht einfach so nebenbei“, so Sandra Wunder. Verpflichtend sind zudem „Erste Hilfe für Kinder“-Kurse und Hygieneschulungen sowie jährliche Weiterbildungen..

„Als ab 2009 die Tätigkeit als Tagesmutter sozialversicherungs- und steuerpflichtig wurde, haben die Tagesmütter der ersten Stunde diese Umstrukturierungen und Veränderungen nicht mitgetragen. Praktisch haben nach 2009 nach und nach alle aufgehört. Die Kindertagespflege ist regelrecht zusammengebrochen und musste ganz neu aufgebaut werden“, so Wunder und Smola Peter.

Seit 2013 Kooperation mit Neuberg

Mit Cindy Ennin und Ariana Huth-Beilner ging 2010 die zweite Generation Tageseltern an den Start, 2013 kamen Franz Schlegel und Lailoma Anwarzada hinzu. Mit Neuberg besteht seit 2013 eine Kooperation. Eltern der Nachbarkommune können sich beim Erlenseer Fachdienst, also bei Wunder und Smola-Peter, beraten lassen.

Im Augenblick betreuen die Tageseltern in Erlensee 65 Kinder, alle Plätze sind belegt. Dabei setzen die Tageseltern jeweils verschiedene Schwerpunkte: Tagesmutter Cindy Ennin spricht Englisch, andere bieten den Kontakt mit Tieren wie Meike Meintzen mit Alpakas oder Nicole Vonbirn mit einem Therapiehund.

Allen ist eine gesunde Ernährung und viel Bewegung im Freien wichtig. Zu gemeinsamen Treffen auf einem Spielplatz oder zum wöchentlichen „Kleinkinderturnen“ schieben die Tagesmütter die schweren Kinderbusse oder -buggys. Franz Schlegel kommt mit dem Lastenrad. Als einziger Tagesvater bringt er weitere Aspekte ein: „Einige Eltern fragen explizit nach einer Betreuung bei mir. Sie finden es gut, dass ich als Tagesvater ihr Kind betreue.“ Fast zehn Jahre übt der Erlenseer seinen Beruf nun aus, muss sich aber dennoch immer wieder anhören, warum seine Frau arbeiten gehe und er „nichts mache“.

Solche Bemerkungen hören die Tagesmütter nicht, bei Frauen scheint Kinderbetreuung selbstverständlich zu sein. Auf die Frage, was ihn von den Tagesmüttern unterscheide, gibt seine Kollegin Olga Pfeiffer eine interessante Antwort. „Franz traut den Kindern mehr zu.“

Auch Olga Pfeiffer hat sich 2013 mit der Familiengründung beruflich umorientiert. „Ich wollte mehr Zeit mit meinen Kindern verbringen, mittags zu Hause sein.“ Ihre Tageskinder gehören praktisch zur Familie. „Im Urlaub vermissen wir die Kleinen.“

Sieben Tagesmütter und ein Tagesvater abeiten allein in Erlensee. Mit den Kindern treffen sich die Tagespflegepersonen gerne auf dem neuen Spielplatz am Limespark.
Sieben Tagesmütter und ein Tagesvater abeiten allein in Erlensee. Mit den Kindern treffen sich die Tagespflegepersonen gerne auf dem neuen Spielplatz am Limespark. © ulrike pongratz

Tagespflegepersonen sehen sich als großes Team

„Die Tagesmütter und Franz sind ein tolles Team. Das ist nicht selbstverständlich, denn letztlich sind sie als selbstständige Dienstleister auch Konkurrenten“, loben Smola-Peter und Wunder das gute Miteinander des Teams der Kindertagespflege.

So wie auf dem Spielplatz am Limespark: dort haben sie gemeinsam die Kinder im Auge und unterstützen sich gegenseitig. Wenn ein Spielzeug vermisst wird – und sei „nur“ das Lieblingsförmchen im Sandkasten – helfen alle mit.

Jubiläumsfeier

Am Freitag, 8. Juli wird das Jubiläum ab 16 Uhr im Calaminuspark gefeiert. Auch die Bürgermeister Stefan Erb (Erlensee) und Jörn Schachtner (Neuberg) haben sich angekündigt.

Von Ulrike Pongratz

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