Vorschläge für fahrradfreundliche Stadt

Erlensee – Waren die Mitglieder der Initiative „Erlensee fährt Rad“ in den vergangenen Monaten eher im Hintergrund aktiv, so organisierten sie Ende der vergangenen Woche eine besondere Rattour durch Erlensee. Gemeinsam mit Thomas Wagner aus der Stadtverwaltung fuhr die Initiative einige ihrer Meinung nach für Radfahrer relevante Punkte in der Stadt ab.
Thomas Wagner ist in der Stadtverwaltung von Erlensee im Fachbereich Tiefbau und Grünanlagen unter anderem für die Fahrradinfrastruktur zuständig. Auf Einladung der Initiative kamen rund 20 Radelnde bei schönstem Frühherbstwetter für eine zweistündige Runde durch Rückingen und Langendiebach zusammen.
Unter den Teilnehmern befand sich auch Ulrich Klee vom ADFC Hanau, der laut Werner Scherer, einer der Sprecher der Initiative, aus seinem reichhaltigen Erfahrungsschatz sehr zielführende Ideen einbrachte. Die Teilnehmenden von „Erlensee fährt Rad“ und Thomas Wagner konnten sich über den aktuellen Status, aber auch über nötige Veränderungen, austauschen. Scherers Fazit: Es werde leider immer noch zuviel für den Autoverkehr getan und weniger für Radfahrer.
Wagner stellte den Fortgang einiger Projekte vor, über die schon in der Vergangenheit diskutiert worden war, und die zwischenzeitlich vorangetrieben oder fertiggestellt wurden. So lobten die Teilnehmenden am Dammweg/Limespark den neuen Asphaltbelag, allerdings nicht ohne die Bemerkung, dass am anderen Ende (Richtung Tankstelle Hahn) ebenfalls erheblicher Handlungsbedarf bestehe.
Im weiteren Verlauf gab Wagner interessante Einblicke, warum es an manchen Punkten noch hakt. So muss zum Beispiel vor Fertigstellung der neuen Asphaltdecke am Radweg zwischen John-F.-Kennedy-Straße und Einfahrt Aldi erst noch der elektrische Anschluss des südlichen Zubringers zum Fliegerhorst fertiggestellt werden. Nur so werde vermieden, dass die neue Asphaltdecke sofort wieder für Restarbeiten aufgerissen werden müsse.
Bei anderen Problemstellen, beispielsweise beim Radweg nach Rodenbach, ist nicht die Stadt Erlensee, sondern Hessen Mobil zuständig. Es wurde im Verlaufe der Tour laut Scherer sehr bald deutlich, dass es noch sehr viele Punkte gibt, bei denen zügiges Handeln nötig sei. Manche seien eher einfach zu beheben wie zum Beispiel zugeparkte Fahrradwege/-streifen. Hier zeigte ein von der Gruppe angesprochener Autofahrer, dass dieses Thema noch nicht bei allen Pkw-Fahrern die nötige Aufmerksamkeit erhält. Das Ordnungsamt oder je nach Zuständigkeit die Polizei seien gefragt.
Eher leicht sind auch bei ausreichender Fahrbahnbreite Fahrradschutzstreifen oder farblich abgesetzte Querungshilfen für Fahrräder im Bereich der Zebrastreifen aufzubringen. Weit schwieriger wird es sein, die Verkehrsführung am Ortseingang Höhe Autohaus Heil fahrradgerechter zu machen. Die nächste und dringlichste Maßnahme werde sein, den neu entstehenden Fahrradweg in Gebiet Beune 2, der die Straße „Auf der Beune“ mit den Fahrradweg nach Bruchköbel verbindet, in das sich langsam entwickelnde Fahrradwegenetz einzubinden. Hier ist ein Lückenschluss zum – übrigens vorbildlichen – Fahrradweg zum Sportzentrum dringend nötig, so Scherer. Wagner informierte die Teilnehmenden an der Tour, dass er für die Planung Haushaltsmittel für 2023 angefordert habe.

„Vielleicht müssen auch mal ganz neue Wege beschritten werden“, wird Ulrich Klee vom ADFC mit Blick auf die schwierige Verkehrssituation in der Friedrich- Ebert-Straße von Scherer zitiert.
Fahrradgerechte Innenstädte könnten auch dadurch entstehen, dass diese mit dem Pkw nicht mehr durchfahren werden könnten. Hierbei bleibt die Zufahrt mit dem Auto erhalten, nur nicht die Durchfahrt, um etwa zwei städtische Bereiche zu verbinden. Das führe zu einer Verminderung des Pkw-Verkehrs und zu mehr Raum fürs Fahrrad und für Fußgänger. Der Blick in die Nachbarländer Niederlande und Dänemark zeige, dass auf diese Weise die Lebensqualität in den Städten sehr verbessert werden kann, ohne Autos aus den Städten ganz auszusperren.

Große Einigkeit bestand darin, dass die Stadt vor öffentlichen Gebäuden bessere und mehr Fahrradabstellanlagen (Anlehnbügel) aufgestellen sollte. Hier wollen „Erlensee fährt Rad“ und die Stadt eng zusammenarbeiten und auch das örtliche Gewerbe unterstützen. Einvernehmen herrscht auch darüber, dass am Rathausplatz und am Römerspielplatz (hier verläuft der R3) Fahrradservicestationen aufgestellt werden sollten.
„Die Fahrradfahrer und -fahrerinnen sind keine völlig homogene Gruppe, sondern setzen jeweils auch eigene individuelle Schwerpunkte“, sagt Werner Scherer. „Einige legen mehr Wert auf Sicherheit, für andere stehen schnelle und praktische Fahrradverbindungen mehr im Vordergrund. Eindeutig zeigt sich aber, dass das Fahrrad als Verkehrsmittel und nicht nur als Freizeitobjekt immer mehr in den Vordergrund rückt. Wir haben den Wandel zu einem fahrradfreundlicheren Erlensee angestoßen, jetzt müssen alle Beteiligten einen Zahn zulegen und keinesfalls in ihren Bemühungen nachlassen“, so der Sprecher der Initiative. Nicht ohne noch einmal um eine rege Teilnahme beim Radklimatest zu bitten (https://fahrradklima-test.adfc.de/).
„Nur wenn wir Bürger zeigen, dass uns das Thema wichtig ist, haben wir die Chance, die Politik und Verwaltung in den Bemühungen für eine bessere Fahrradinfrastruktur zu unterstützen“, ergänzte Dieter Nentwig von der Initiative. Und sein Mitstreiter Hardy Däumler betonte abschließend: „Im Übrigen sind Aktionen wie die von uns initiierte Rundfahrt ein hervorragender Weg der so oft geforderten Bürgerbeteiligung.“ (mcb)