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Zu Hause im „schwarzen Eck“

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Werner Haas: Seit vier Jahren im Unruhestand. Zu tun hat der ehemalige Bauamtsleiter immer.
Werner Haas: Seit vier Jahren im Unruhestand. Zu tun hat der ehemalige Bauamtsleiter immer. © ulrike Pongratz

Erlensee – Kaum zu glauben, vier Jahre ist Werner Haas nun schon im Ruhestand. 2018 wurde er von Bürgermeister Stefan Erb verabschiedet. Der ließ es sich nicht nehmen, persönlich bei seinem ehemaligen Amtsleiter vorbeizuschauen. Immerhin 30 Jahre lang arbeitete Haas für die Stadt, sechs davon als Leiter des Amts für Bauwesen und Wirtschaftswesen, die Jahre zuvor als Fachdienstleiter Tiefbau.

In seine Amtszeit fallen Großprojekte wie die Leipziger Straße, die Kläranlage und der Fliegerhorst. „Das waren tolle Aufgaben. Was gibt es Schöneres, als für seine Heimatgemeinde bauen zu können?“, sagt Werner Haas rückblickend.

In der gemütlichen Küche mit Blick in den Garten sitzt der Hausherr am Tisch und schneidet in aller Ruhe Zwiebeln. „Was man so macht“, grinst Haas und erklärt dann. „Heute Abend ist Chorprobe, Männerchor-Probe. Anschließend gibt es Handkäs’ mit Musik und Getränke für die Bier- und Weinkehlchen. Wir unterhalten uns über Gott und die Welt, nur die Politik bleibt draußen. Es ist schön, dass wir diese Oase noch haben“, sinniert Haas. Und fügt dann hinzu: „Nur keine Lobhudelei! Des brauche ma net.“

Rückinger Urgestein

Werner Haas, Rückinger Urgestein, war bis zu seiner Pensionierung 2018 Leiter des „Amts für Bauwesen und Wirtschaftswesens, ab 16 Jahren im Vorstand des Volkschors, später der Chorgemeinschaft, zweiter Dirigent des Männerchors, mit zwölf Jahren Sänger der Rückinger Kantorei, zuerst als Sopran, dann Alt und Tenor, jetzt als Bassstimme, Kirchenvorstand, Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr, Mitglied der AWO Selbsthilfe Körperbehinderter, Soziale Stadt Erlensee.“

Kurzum: Werner Haas kennt seine Heimatgemeinde nicht nur aus Sicht der Verwaltung und durch Großprojekte, sondern er ist hier fest verwurzelt und immer noch vielfältig engagiert, wenn auch nicht mehr in der ersten Reihe.

Zu seinem 70. Geburtstag waren Familie, Nachbarn, Freunde und ehemalige Arbeitskollegen gekommen. Ein gutes Betriebsklima, die Gesundheit und Zufriedenheit der 70 Mitarbeiter war Haas wichtig. Mit Bürgermeister Stefan Erb arbeitete Haas vertrauensvoll zusammen. „Die Chemie stimme zwischen Erb und Haas“, hieß es. Anders wären wohl die Großprojekte nicht erfolgreich und vergleichsweise reibungsarm über die Bühne gegangen.

Nachfolgerinnen können jederzeit anrufen

Trotzdem: 55 Blindgänger wurden bei Bauarbeiten zum Fliegerhorst gefunden. Das zerrte an den Nerven. „Ein halbes Jahr hat es gedauert, bis ich ruhig geworden bin und wieder durchschlafen konnte.“ Haas hat nicht von heute auf morgen den Stift fallen lassen, sondern die großen Projekte noch zu Ende geführt. Seine beiden Nachfolgerinnen können ihn bis heute jederzeit anrufen. „Geht oft schneller als im Keller nach den Akten zu suchen. An vieles kann ich mehr sehr genau erinnern“, bemerkt Haas.

„Es ist einfach schön, Zeit zu haben“, sagt er, schiebt die letzte, fein geschnittene Zwiebel vom Brett, klopft es sorgfältig ab, stellt „die Stinker“ beiseite und zündet sich eine Pfeife an. Ohne Musik, ohne das Singen, ohne die Chorgemeinschaft, könne er sich das Leben nicht vorstellen, meint er.

Wie auch bei der Feuerwehr sei er bei den anderen Vereinen passives aktives Mitglied. Wenn er gebraucht wird, ist Haas mit Rat und Tat bei der Chorgemeinschaft wie bei der Feuerwehr zur Stelle.

„Dort, wo heute das Feuerwehrhaus steht, spielten wir als Kinder in den Wiesen. Die Bauern schauten über die freie Flur nach Westen, ob schwarze Wolken aufzogen. Daher der Name "schwarzes Eck".“

Hier im „schwarzen Eck“ im alten Rückinger Ortskern, steht das Elternhaus von Werner Haas. Kaum etwas erinnert noch an die frühere Landwirtschaft, vielleicht der Apfelbaum mit leuchtend roten Früchten.

Im Garten steht der Wohnwagen

Im Garten ist Platz für den Wohnwagen der Familie. „Ja für das Reisen haben meine Frau und ich nun wirklich sehr viel mehr Zeit.“ Italien, die Toskana und Rom sind bevorzugte Ziele, aber auch das Elsass und der Schwarzwald. Seit 1974 ist Werner Haas mit seiner Frau verheiratet: Sein Sohn wohnt in der Taunusstraße, dort wird das Ehepaar Haas demnächst einziehen. Seine Tochter mit Ehemann und vor allem seine Enkelkinder leben noch in Kilianstädten. „Opa, wir brauchen eine Seifenkiste“, heißt es da, und Opa nimmt sich die Zeit. Er genießt es, für seine Enkel da sein zu können. Die Familie ist für Werner Haas Mittelpunkt und Anker, sie sorgt dafür, dass Haas weiterhin aktiv bleibt.

Demnächst steht der Umzug seiner Tochter mit Familie und damit verbunden ein Umbau und Sanierung des Elternhauses an. „Eine Wand soll weggebrochen werden. Da habe ich mein altes Wissen hervorgeholt. Der Statiker meinte, es sei alles richtig gerechnet“, sagt Haas mit Freude.

Da er nicht nur ein Mann der Theorie, sondern auch handwerklich fit ist, gibt es für Werner Haas reichlich zu tun. Aber schlaflose Nächte wird ihm das Bauprojekt nicht mehr bereiten. (Von Ulrike Pongratz)

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