Fröhlichkeit verdrängt Horror: Luisa Schmidt bei deutschen Meisterschaften mit neuer Kür und neuem Outfit

Aladdin statt Saw. „Friend like me“ statt Horrorfilm-Soundtrack. Ein fröhliches Hallo statt dunkler Gruselmusik. Der Kontrast könnte kaum größer sein. Luisa Schmidt von der Turngemeinde Hanau geht bei den deutschen Seniorenmeisterschaften mit neuer Kür an den Start - und hat sich dafür einen neuen Turnanzug gekauft.
Hanau – Kurz vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie gönnte sich Luisa Schmidt einen neuen Turnanzug. „Mein erster eigener“, erzählt die 33-Jährige. Vorher turnte sie in Anzügen, die der Verein gestellt hatte. 270 Euro kostete der pink-türkis-goldene Prinzessinnen-Turnanzug - Glitzer inklusive. Das Outfit wurde in Anlehnung an Prinzessin Jasmin, eine Figur aus dem Walt-Disney-Zeichentrick-Film Aladdin, hergestellt. Ein knallbuntes Ausrufezeichen für eine Turnerin ihrer Altersklasse. „Aber alle haben mir gesagt: ‘Wenn es einer tragen kann, dann du’“, sagt Luisa Schmidt lächelnd.
Die Hainburgerin startet bei ihren dritten deutschen Seniorenmeisterschaften aber nicht nur im neuen Turnoutfit, sondern auch mit der dazu passenden musikalischen Untermalung. „Der Soundtrack von Saw passt nicht zum neuen Turnanzug“. Und so war es nach zehn Jahren an der Zeit für eine neue Kür.
Zeit zum Einstudieren des neuen Programmes sollte Luisa Schmidt während der Corona-Pandemie ausreichend gehabt haben, sollte man meinen. Doch genau das Gegenteil war der Fall. Weil die August-Schärttner-Halle monatelang zum Impfzentrum umfunktioniert war, konnte sie beispielsweise nicht am Stufenbarren trainieren. Den Turnerinnen der TG Hanau stand für das Training zwar eine Schulturnhalle zur Verfügung, die Ausstattung dort sei aber lange nicht ausreichend gewesen.
Baden-Württembergerinnen sind traditionell favorisiert
Luisa Schmidt ist die einzige Turnerin der TG Hanau, die am kommenden Wochenende an den deutschen Seniorenmeisterschaften in Troisdorf teilnimmt. Das hessische Team in ihrer Altersklasse Ü30 besteht aus ihr und Katharina Zipp vom TSG Niedergirmes. „Drei weitere Hessinnen haben Kinder bekommen“, weiß Luisa Schmidt. In Hessen gab es keine Qualifikationswettkämpfe. Es habe nur zwei Interessierte gegeben und darauf hätten die Verantwortlichen gehofft. „Wenn es mehr gewesen wären, wäre die Auswahl anhand von Videos getroffen worden“, berichtet Luisa Schmidt. Die Teilnehmerinnen aus Baden-Württemberg gelten traditionell als Anwärterinnen auf die vorderen Plätze. In der Altersklasse Ü30 nehmen 16 Turnerinnen teil. Bei den deutschen Seniorenmeisterschaften wird in verschiedenen Altersklassen bis 80 Jahre und älter geturnt. (tj)
Vier Geräte gilt es, im Mehrkampf zu beturnen. Auf dem Schwebebalken fühlt sich Luisa Schmidt am wohlsten und der Sprung „ist nicht mehr so schlimm für mich, weil eine Operation meine Blasenschwäche behoben hat“. Seit sie weiß, dass die deutschen Meisterschaften stattfinden werden und sie teilnimmt, hat sie ihr Training intensiviert. Entweder machte Luisa Schmidt so gut es ging Bodentraining zu Hause im Garten oder sie übte in der Halle in Weiskirchen, wo sie als Gastturnerin aufgenommen wurde.
Eine ähnlich gute Platzierung, wie Tochter Selma bei ihrem Wettkampf-Debüt kürzlich erreichte, wäre für Luisa Schmidt eine Überraschung. Die Siebenjährige wurde mit ihrer Mannschaft der TSV Heusenstamm bei der Hessenmeisterschaft Zweite.
Nach den Plätzen zehn und sieben bei den beiden Meisterschaften vor der Corona-Pandemie „wäre ein Top-10-Platz schon geil“, sagt Luisa Schmidt. Sie ist gespannt, in welcher Form sich die 15 anderen Teilnehmerinnen ihrer Altersklasse nach der langen Zwangspause präsentieren werden. Sie selbst sei nämlich „nicht top in Form“. Wer will es ihr bei den schlechten Trainingsbedingungen in Hanau verdenken? Vielleicht kann die 33-Jährige in Troisdorf aber mit ihrem neuen Programm und dem Prinzessinnen-Turnanzug überzeugen. Glänzen und glitzern wird sie auf jeden Fall. (Von Thorsten Jung)