Damit wird aus dem Desaster eine Lachnummer. Denn selbst Schlüchtern, wo es ähnliche Probleme gab, als das alteingesessene Kaufhaus Langer im Zentrum der Bergwinkelstadt die Türen schloss, ist deutlich weitergekommen. Dort ist bereits der Abriss vollendet und die Pläne werden umgesetzt.
In Gelnhausen ist dagegen in über acht Jahren außer vielen Ideen und Debatten nichts geschehen. Als 2015 die ersten Pläne auf dem Tisch liegen, mitten in der Kreisstadt das „Barbarossa Outlet-Center“ zu errichten, haben vor allem Einzelhändler in der Hanauer Region die Ohren gespitzt. Das hätte zu anderen Kundenströmen und Konkurrenz führen können. Heute wird darüber nur milde gelächelt.
Der Ärger ist daher groß im Gelnhäuser Rathaus. Das dürfte vor allem an der Wortwahl liegen, mit der Sparkassenchef Horst Wanik in einer Pressemitteilung das Aus verkündet und die politisch Verantwortlichen öffentlich bloßgestellt hat. Der Vorwurf: Magistrat und Stadtverordnetenversammlung hätten in den vergangenen beiden Jahren das Vorhaben verzögert. Flapsig zusammengefasst: Gelnhausen habe es verpennt, die Kreissparkasse als Investor im Boot zu halten.
So kommt die Retourkutsche von Bürgermeister Daniel Christian Glöckner (FDP), der zusammen mit seinem neuen Ersten Stadtrat Volker Rode vor die Presse tritt. Glöckner ist selbst Mitglied im Verwaltungsrat der Kreissparkasse, scheint sehr verärgert, gibt sich aber diplomatisch und lacht auf die Frage, ob die Stadt Gelnhausen bereits ihre Bankverbindung geändert habe. „Wir haben mehrere Konten, unter anderem auch bei der Kreissparkasse.“
Der Rathauschef untermauert die Position der Stadt. Der Bumerang dürfte nun in der Chefetage der Kreissparkasse landen. „Ich kann die Vorwürfe so nicht stehen lassen“, sagt Glöckner und verweist darauf, dass auf Bitten der Bankkaufleute das Vorkaufsrecht dreimal verlängert worden sei.
Und er macht auch deutlich, dass die Bank, die sich in kommunalem Besitz befindet, immer wieder um eine Extrawurst gebeten habe. Vor allem beim Thema Parkplätze. „Die Sparkasse hatte gedacht, wir als Stadt sind für die Parkplätze zuständig. Das ist aber nicht so. Es ist der Bauherr, der die Stellplätze nachweisen muss.“ Doch die Stadt habe Entgegenkommen signalisiert und einen weiteren Investor gefunden, der schließlich ein Parkhaus bauen wollte. „Dann kam die Kreissparkasse auf einmal mit dem Vorschlag, selbst ein Parkhaus errichten zu wollen.“
Stadtrat Rode wird noch deutlicher: Die Bankkaufleute hätten sich wie bei der „Erscheinung des Messias“ aufgeführt, ohne die es keinen Fortschritt beim Thema JOH geben werde. Dass die Stadt nicht von der eigenen Satzung abweichen werde, unterstreicht Rode: „Wir können nicht die Bürger dazu verpflichten, bei Neubauten die Stellplätze vorzuhalten und dann eine Ausnahme machen. Was für Schmidtchen gilt, gilt auch für Schmidt“, sagt Rode, der von einer „unsäglichen Diskussion“ spricht. Will heißen: keine Extrawurst für Banker. Und die Argumente von Wanik bezeichnet er als „an den Haaren herbeigezogen“. Rode ist stinksauer: „Das ist ein abenteuerliches Geschäftsgebaren. Das ist mehr als lächerlich.“
Glöckner und Rode nehmen kein Blatt vor den Mund. Das Kreditinstitut, nur wenige Meter vom Rathaus entfernt beheimatet, habe nun „einen Vertrauensverlust“ zu befürchten. „Diese Art und Weise ist nicht akzeptabel“, sagt Glöckner. Gespräche mit Landrat Thorsten Stolz (SPD), dem Verwaltungsratsvorsitzenden der Sparkasse, habe er noch nicht geführt. „Das wird aber auf jeden Fall ein Thema in der nächsten Sitzung“, betont Glöckner, der die Banker nicht so schnell aus der Verantwortung entlassen wird, denn die haben ein Haus neben dem JOH-Gelände gekauft. Für rund 600 000 Euro.
„Dieses Haus fordern wir natürlich zurück“, sagt Glöckner, der zusammen mit dem Ersten Stadtrat vor allem über die finanziellen Folgen verärgert ist: „Wir haben einen Bebauungsplan aufgestellt, der nächste Woche verabschiedet werden sollte. Und just eine Woche vorher verabschiedet sich die Kreissparkasse“, sagt Glöckner. Rode nennt Zahlen: „Ich beziffere den Schaden auf rund 300 000 Euro.“
Und wie soll es nach acht Jahren Leer- und Stellstand weitergehen? „Wir haben einen Beschluss der Stadtverordnetenversammlung für eine europaweite Ausschreibung“, betont der Bürgermeister und gibt sich betont optimistisch, ganz nach dem Motto: Wenn es die Kreissparkasse nicht schafft, kann die Stadt auch ohne die Banker: „Ich habe schon eine E-Mail von einem Interessenten aus Frankfurt bekommen.“ Und an der Kinzig könne man sich neben Gewerbe und Büros auch eine Wohnbebauung vorstellen. Die einzige „Katastrophe“: Die Baukosten steigen und steigen. (Von Thorsten Becker)