Federbettensammler Rüdiger Müller wird von Großkrotzenburger Partner unterstützt

Rund 350 Kilometer ist Rüdiger Müller heute mit seinem weißen Transporter aus Niedersachsen angefahren. Sein Ziel: Ein Hinterhof eines Hauses am Beethovenplatz in Kahl. Denn in der Halle auf dem Gelände, die dem Großkrotzenburger Werner Wallrab gehört, stapelt sich eine Ware, auf die Müller es abgesehen hat: pralle und bunte gebrauchte Federbetten.
Großkrotzenburg - „Ich sammele sie seit 1980“, erzählt der hochgewachsene Mann aus Gifhorn, der heute seine Freunde Renate Röhl und Jürgen Brüning zur Verstärkung mitgebracht hat. Den Erlös für die Federn, die recycelt werden, nutzt er, um anderen zu helfen. „1993 habe ich meine erste große Spende gemacht: 36 000 Euro für ein siebenjähriges krebskrankes Mädchen.“ Mit diesem Betrag, erzählt er, konnten damals Knochenmarktypisierungen finanziert und schließlich ein geeigneter Spender gefunden werden.
Heute, 28 Jahre später, hat er durch das Sammeln von Federbetten über 335 000 Euro zusammengetragen und an die unterschiedlichsten gemeinnützigen Organisationen gespendet: An Tierheime, SOS-Kinderdörfer, Ärzte ohne Grenzen oder Hospizvereine. Müller sammelt inzwischen in ganz Deutschland und hat sich ein weitläufiges Netzwerk an Sammelstellen aufgebaut. Dazu gehört schon seit einigen Jahren die Halle in Kahl als südlichste Anlaufstelle in Deutschland. Jeder, der alte Federbetten auf nachhaltige Weise entsorgen möchte, kann sie hier abgeben.
Unfall nur knapp überlebt: „Da wollte ich etwas tun“
Eigentümer Werner Wallrab, der einen Forstbetrieb hat und mit Brennholz handelt, hat sich vor einer Weile entschlossen, sich sozial zu engagieren: „Ich hatte im Leben schon viele brenzlige Situationen und zuletzt einen Unfall, bei dem ich nur mit viel Glück überlebt habe“, erzählt er. Ein Baum hätte ihn fast erschlagen. „Da habe ich mir gesagt, jetzt will ich etwas tun.“ Im Internet war er dann auf die Seite des Federbettensammlers gestoßen. Nach einem Besuch in Gifhorn ließ er sich offiziell als Partner eintragen und stellte seine rund 60 Quadratmeter große Halle als Sammelplatz zur Verfügung. Wenn die Halle voll ist, ruft er Rüdiger Müller an.
Rund 50 000 Kilometer legt Müller mit seinem Ford Transit jedes Jahr zurück, um die Betten in ganz Deutschland einzusammeln. Wenn er mehrere Stationen anfährt, ist der Laderaum schnell proppenvoll. „Ich suche händeringend jemanden, der uns ein größeres Auto sponsort“, sagt er. Das Touren zwischen den Sammelstellen – er ist der einzige Federbettensammler in Deutschland – ist inzwischen seine wichtigste Mission geworden.
Das Leben hat es mit Rüdiger Müller nicht immer gut gemeint. Er hat durch Fahrradunfälle mehrere Behinderungen davon getragen, eine Krebserkrankung überstanden. Heute ist er erwerbsunfähig.
Müller: „Federbetten sind für mich kein toter Gegenstand“
Auch seine Kindheit war nicht leicht, war von Gewalt geprägt. „Mein Federbett war für mich immer ein Ort, an dem ich mich geborgen gefühlt habe“, erinnert er sich. „Es war für mich kein toter Gegenstand.“ Und so konnte er es nur schwer ertragen, wenn Menschen ihre Federbetten einfach wegwarfen. „Ich habe deshalb angefangen, die Decken vor dem Sperrmüll zu retten.“
Lange Zeit hatte er gar keine Idee, was er mit seinen Funden machen sollte. Er sammelte und sammelte: fand Betten auf dem Sperrmüll oder vor Altkleidercontainern und transportierte sie mit dem Fahrradanhänger in ein Lager, das ihm ein Bekannter zur Verfügung gestellt hatte – bis es schließlich überquoll.
„Ich erfuhr dann, dass es einen Händler gibt, der die Betten für das Recycling sammelt“, erinnert er sich. Das Prinzip „Federbettensammler“ war geboren. Müller gründete einen gemeinnützigen Verein, heute überweist die Textilsammelfirma das Geld direkt auf das Spendenkonto: pro Kilo gibt es 1,20 Euro.
Recyclingverfahren ist tierfreundlich und nachhaltig
Die Decken und Kissen werden wieder aufbereitet: Im Recyclingverfahren wird der Stoff aufgetrennt, die Federn werden gereinigt und sortiert. „In neuen Federbetten ist eine Beimischung von 30 Prozent recycelter Federn erlaubt“, erklärt Müller. Decken und Kissen, die einen höheren Anteil haben, gelten als „aufgearbeitete Federbetten“.
Damit schlägt Müller gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe. „Durch das Recycling werden Ressourcen geschont. Und wir tun etwas für den Tierschutz“, sagt er. Und damit unterscheidet er sich von den üblichen Textil-Sammelstellen: Er tut mit dem Erlös etwas Gutes. Wer gebrauchte Federbetten entsorgen und dabei etwas für den guten Zweck tun möchte, kann sie am Beethovenplatz 1 in Kahl abgeben. Kontakt: Werner Wallrab, z 06186/681 oder per E-Mail an federbettensammler.de. (Christine Semmler)