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Diskussion um Staudinger-Abriss: Fraktionen reagieren auf die Pläne von Uniper

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Von: Christine Semmler

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Über etliche Kilometer sichtbar: Die Türme des Kraftwerks in Großkrotzenburg. Archiv
Über etliche Kilometer sichtbar: Die Türme des Kraftwerks in Großkrotzenburg. Archiv © Axel Häsler

Eine Reihe von Kühltürmen und Kaminen, Kessel- und Maschinenhäusern sowie Rauchgasentschwefelungs- und Bekohlungsanlagen des Staudinger seien „bereits weitgehend entflochten und könnten ab sofort zurückgebaut werden“: Die jüngste Mitteilung von Aloys Lenz, Fraktionsvorsitzendem der Initiative Zukunftssicheres Großkrotzenburg ist eine Reaktion auf die aktuellen Pläne des Energieversorgers Uniper, der vor 2025 nicht mit dem Abriss des Bestands anfangen will (wir berichteten).

Ein Argument der Betreiber: Die Infrastruktur der Bauten sei miteinander vernetzt. Und die Bundesnetzagentur stufe die Blöcke 4 und 5 noch als systemrelevant ein. Der letzte Turm könnte demnach erst um 2040 verschwinden.

Die örtlichen Gemeindevertreter wünschen sich das anders: Sie appellieren an Uniper, schon im kommenden Jahr erste „Schrottruinen“ fallen zu lassen. Auf die Absage hin bemüht Aloys Lenz eine Metapher: „Der frühere Kohleriese blickt lächelnd auf die Zwerge von Gemeindevertretern nieder und erklärt ihnen geduldig: ‘Der Rückbau ist nicht so leicht zu bewerkstelligen, wie das mancher vielleicht denkt.’“ Das Argument, die Entflechtungsmaßnahmen seien für einen schnellen Abriss zu komplex, habe aber mit den realen Zuständen nichts zu tun, so Lenz. Die Aussage, dass die Bundesnetzagentur noch nicht das letzte Wort gesprochen habe, will der Initiativen-Sprecher ebenfalls nicht gelten lassen: „Im Zusammenhang bedeutet dies, als ob der Bund auch am Bestand der Schrottruinen interessiert sei.“

Seit über fünf Jahren werde die Bevölkerung beruhigt und „über die angebliche Dynamik der Weiterentwicklung mit Erzählungen getröstet“, erklärt er. Dazu hätten Tomatenplantagen gehört, die nun woanders gedeihen, oder eine umweltschädliche Straßenbelagsverarbeitungsanlage, die auf Protest der Grünen jedoch schnell wieder aus dem Portfolio genommen worden seien. „Seit mehreren Jahren wird von zukunftsträchtigen Rechenzentren berichtet, die auf dem Kraftwerksgelände errichtet werden sollen. Doch während Uniper noch Jahr für Jahr beständig von einer Ansiedlung schwärmt, sind in unmittelbarer Nähe – in Hanau – Fakten entstanden, die Vorbereitungen zu einem solchen Bau schon fast abgeschlossen.“

Die Kraftwerksverantwortlichen pochten weiter darauf, dass sie Eigentümer des Geländes bleiben und mit künftigen Investoren Vertragsabschlüsse vornehmen würden. „Soll es also so weitergehen wie bisher, dass auch diese Investoren auf Großkrotzenburger Grund und Boden keine Gewerbesteuern zahlen, und der Konzern die Gewinne davon noch einstreicht, wie dies seit über zehn Jahren der Fall ist und die Kommune darunter bitter leidet?“ Die Bevölkerung, so Lenz, sei daran interessiert, dass  das Gelände zu ihrem Vorteil weiter entwickelt werde.

Auch die FDP zeigt sich in einer Mitteilung „enttäuscht von Uniper“: Die Gemeinde Großkrotzenburg hätte gehofft, dass „zügig Altes zurückgebaut wird, damit Neues entstehen kann und die Gemeinde Großkrotzenburg auch wieder in die Lage versetzt wird, Gewerbesteuereinnahmen verzeichnen zu können.“

FDP-Fraktionsvorsitzender Daniel Protzmann betont, dass die Gemeindevertretung und die Bürgermeister seit den 60er Jahren alle Vorhaben des Kraftwerksbetreibers intensiv unterstützt und gefördert und sich damit für die Erhaltung von Arbeitsplätzen eingesetzt hätten. Nun sei es an dem Kraftwerksbetreiber Uniper, dafür Sorge zu tragen, dass aus der auslaufenden Kohleverstromung neue zukunftsweisende Geschäftsideen und Anlagen auf dem Gelände entstehen können. Deshalb die Forderung eines zeitnahen Rückbaus der Altanlagen. Es erwecke aber „den Anschein, dass diese Forderung in den Vorstandsetagen bei Uniper keine hohe Priorität hat.“

Den Gemeindevertretern sei in der Vergangenheit vom Konzern erläutert worden, dass die Kraftwerksmannschaft mit der Entflechtung des Kraftwerks beschäftigt sei: Dazu hätten der Rückbau der Netzeinspeisung, der Abbau der Maschinentransformatoren, die Entsorgung von Schmierölen, die Trennung der Ammoniakversorgung, die weitestgehende Trennung der Blöcke 1 bis 3 von der Stromversorgung, der Ausbau und Entsorgung von Asbest im Bereich der Kessel- und Maschinenhäuser sowie der Kühltürme, sowie die Entsorgung der Brennstoffe im Bereich der Kohlebunker und Mahlanlagen gehört: „Wo ist da noch viel Komplexität übrig?“ Systemrelevanz könne der Standort, umgeben von einem Netzknoten mit Verbindungen in alle Richtungen und angrenzenden Hauptgasversorgungsleitungen, auch in Zukunft haben. Nämlich wenn es um den Ausstieg aus der fossilen Energieerzeugung und dem Umbau auf erneuerbare Energieträger gehe. Das, so Protzmann, sei eine Aufgabe, die Ideen, Mut und Kompetenz erfordere.  sem

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