Firma Maier aus Großkrotzenburg stemmte ehrenamtlichen Hilfseinsatz in Ahrweiler

Ingrid Witzel vermietet Ferienwohnungen in Ahrweiler. Eigentlich – denn die Flut im Sommer hat den Ort dermaßen zerstört, dass noch immer nicht an ein normales Leben zu denken ist. Die vormals idyllische Landschaft ist eine Schlammwüste. Urlaubsgäste bleiben aus.
Großkrotzenburg - Vor wenigen Tagen hatte Witzel dort ganz besondere Gäste: Die Sanitärfirma Maier aus Großkrotzenburg war für eine ganze Woche mit drei Mann angerückt, um die Menschen beim Wiederaufbau zu unterstützen – und zwar ehrenamtlich.
Ingrid Witzel war so angetan, dass sie an die HA-Reaktion schrieb. „Es sollte öffentlich gemacht werden, wenn Menschen selbstlos hier im Ahrtal den Flutopfern helfen“, findet sie. Firmenchef Dieter Maier hatte so ein Aufhebens um die Hilfsaktion eigentlich gar nicht gewollt. Aber als wir ihn anrufen, stimmt er doch zu, unserer Zeitung von seinen Erlebnissen im Ahrtal zu erzählen.
„Ich war sofort dabei“
„Die Kreishandwerkerschaft hatte die Heizung- und Sanitärbranche im Oktober dazu aufgerufen, im Katastrophengebiet mitzuhelfen“, berichtet Maier, als der HA ihn nach seiner Rückkehr besucht. „Da war ich sofort dabei.“ Seine Firma sollte aber die einzige von 70 Innungsbetrieben im Kreis bleiben, die vor Ort aktiv wurde.

Das kleine Familienunternehmen, das seit 29 Jahren in Großkrotzenburg ansässig ist, guckte sich eine Woche Anfang November aus: Termine mussten freigeschaufelt, Aufträge verschoben werden. „Nur ein Mitarbeiter ist hier geblieben“, berichtet Ehefrau Christel Maier, die zu Hause im Büro die Stellung und den Männern den Rücken frei hielt. „Uns war klar: Wir wollten dort was schaffen“, sagt der Firmenchef. Dieter Maier, sein Sohn Tobias und Mitarbeiter Marcus Kolb luden montagmorgens um fünf Uhr den Firmenbus bis oben hin mit Werkzeug und Maschinen voll („wir wussten ja nicht, was wir dort brauchen“), rund zwei Stunden später waren sie in Ahrweiler.
Dieter Maier hat die Woche auf Bildern festgehalten, die er uns auf seinem Computer zeigt. Fotos zeigen verwüstete Schlammlandschaften rund um die Ahr. Das kleine, wenige Meter breite Flüsschen hatte am 14. und 15 Juli in einer unvorstellbaren Flutwelle alles mit sich gerissen.
Wo einst Straßen waren, ragen heute offene Leitungen aus dem Boden. „Die Leute haben kein Gas, kein fließend Wasser, keinen Strom mehr“, erklärt der Großkrotzenburger. Die Menschen behelfen sich mit Flüssiggastanks, Wasserkanistern und mobilen Heizgeräten. In behelfsmäßigen Camps können sich Hilfsbedürftige das begehrte Baumaterial und andere Dinge abholen.
Viele schlafen in Notbetten oder im örtlichen Kloster
Suppenküchen auf der Straße verköstigen die Menschen kostenlos, viele wohnen noch bei Bekannten, schlafen in den Notbetten des örtlichen Klosters oder haben sich eine Ferienwohnung gemietet. „Es dauert sicher noch Jahrzehnte, bis die Altstadt wieder aufgebaut ist“, schätzt Maier.
Weitere Bilder zeigen die drei Männer beim Arbeiten: Die Organisation „Ahrche“, die wie viele andere vor Ort Hilfe koordiniert, hatte ihnen Aufträge zugeteilt. „Anfangs haben wir Kleinigkeiten gemacht, zum Beispiel Gasleitungen geprüft oder Heizungen abgehängt“, erklärt Tobias Maier, der wie sein Kollege Kolb seine Überstunden für die Aktion geopfert hat. Die Altstadt von Ahrweiler wird hauptsächlich mit Gas versorgt, das Netz muss nun nach und nach wieder aufgebaut werden.
Später wartete ein umfassenderes Projekt: Die drei Großkrotzenburger stellten zwei komplette Bäder im Rohbau für einen Hausbesitzer fertig, dessen Erdgeschoss bei der Flut fast bis an die Decke mit Wasser vollgelaufen war. „Von den vielen Geldspenden aus der Bevölkerung wurde Material, zum Beispiel Heizkörper oder neue Leitungen, gekauft. Aber die brauchen ja auch dringend Fachleute“, so Maier.

Die Bilder auf dem Computer zeigen aber auch die schöne Seite des Einsatzes: Die Ahrweilerin Ingrid Witzel servierte den Männern jeden Morgen ein üppiges Frühstück und jeden Abend ein liebevoll zubereitetes warmes Mahl – oft nach Absprache mit Ehefrau Christel, was die Männer denn gerne essen. „Das war wirklich toll. Und wenn wir das Geschirr danach selbst wegräumen wollten, hat Frau Witzel mit uns geschimpft“, sagt Tobias Maier lachend.
Nach einer Woche im Ahrtal blicken die Großkrotzenburger mit gemischten Gefühlen auf die Aktion zurück. „Es war ein Tropfen auf dem heißen Stein“, sagt der Junior. „Eigentlich müssten wir gleich nochmal hinfahren.“
Katastrophe ist längst nicht ausgestanden
Der junge Familienvater hat auch persönlich etwas mitgenommen. „Wir wertschätzen gar nicht, was wir hier haben“, sagt er. „Aber im Ahrtal sind fließendes Wasser, funktionierendes Internet oder eine warme Wohnung längst keine Selbstverständlichkeit mehr.“
Die Katastrophe ist längst nicht ausgestanden, auch wenn in den Medien kaum noch darüber berichtet wird. „Vielleicht geben wir einen Ansporn, dass auch andere helfen“, sagen die Maiers. Sie empfehlen aber, nicht auf eigene Faust hinzufahren, sondern sich im Vorfeld an eine Organisation wie die Ahrche zu wenden, die die Hilfseinsätze plant und koordiniert.
Für die Maiers hat sich die Aktion gelohnt. „Es war uns wichtig, zu helfen. Und die Menschen dort sind für jeden Einsatz dankbar.“ So wie Ingrid Witzel, denen die Maiers diesen Zeitungsartikel verdanken. (Von Christine Semmler)
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