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Eine offene Gemeinschaft

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Mit der Makha-Bucha-Feier wird einer der höchsten Feiertage begangen. Die Gemeinde trifft sich darüber hinaus jeden Sonntag in der Oberwaldstraße.
Mit der Makha-Bucha-Feier wird einer der höchsten Feiertage begangen. Die Gemeinde trifft sich darüber hinaus jeden Sonntag in der Oberwaldstraße. © -

Seit rund zwölf Jahren betreibt der Thailändische Kulturverein Wat Thai einen buddhistischen Tempel in Großkrotzenburg. Ins Gemeindeleben eingebunden ist die Gemeinschaft bisher jedoch kaum. Wir haben die Buddhisten an einem ihrer höchsten Feiertage besucht.

Etwas unscheinbar in einem ehemaligen Lagerhaus an der Oberwaldstraße gelegen, befindet sich einer der wenigen buddhistischen Tempel in der Region. Dass hier jeden Sonntag eine „Puja“ veranstaltet wird, ähnlich wie die Andacht der Christen, wissen nur wenige Bürgerinnen und Bürger. Dabei können sie im Inneren des Gebäudes regelmäßig in eine andere Kultur eintauchen.

Am Sonntag feierte der Kulturverein den „Makha Bucha“, einen der höchsten buddhistischen Feiertage. Buddha soll an diesem Tag einst zu den versammelten Mönchen gesprochen und grundlegende Hinweise gegeben haben, wie man im Einklang mit seinen Anleitungen lebt. So sollen Buddhisten beispielsweise „nicht verunglimpfend – nur Gutes über Dritte reden“, nicht verletzend sein und „sich selbst nicht erlauben, andere zu hassen“.

Gier und Selbstsucht gelten als Sünde

Gier und Selbstsucht gelten als Sünde, stattdessen „soll man alles was man erhält, mit anderen teilen“, erklärt Sudjai Tschirschnitz, Schriftführerin des Thailändischen Kulturvereins, der vor 19 Jahren in Mannheim gegründet wurde und seit rund 15 Jahren auch in Großkrotzenburg vertreten ist. Vor zwölf Jahren erfolgte der Kauf einer Immobilie an der Oberwaldstraße, in dessen Erdgeschoss sich heute ein Tempel befindet. Weitere buddhistische Tempel gibt es in Dreieich, Biebergemünd und Frankfurt, erläutert Tschirschnitz.

Rund 30 Mitglieder zählt der Kulturverein derzeit, fünf von ihnen bilden den Vorstand, zu dem auch Schatzmeister Chaichan Möller zählt. Seit dem vergangenen Jahr ist er einer von drei in Großkrotzenburg lebenden buddhistischen Mönchen. „Wir sind eine offene Gemeinschaft“, betont der 42-Jährige, der stets ein traditionelles safranfarbenes Gewand trägt – „offen auch für Menschen aus anderen Religionen“. Jedem Menschen stehe der Weg zum Buddhismus offen.

Immer sonntags, ab 10.30 Uhr, kommen Buddhistinnen und Buddhisten aus der näheren Region im Großkrotzenburger Tempel zusammen und beten gemeinsam, ähnlich wie bei einem christlichen Gottesdienst. Fester Bestandteil – sowohl an Feiertagen, als auch bei der sonntäglichen „Puja“ – ist stets das gemeinsame Essen, das die Besucher selbst mitbringen und für die Allgemeinheit zur Verfügung stellen. „Mönche dürfen nicht für sich selbst kochen, das Essen machen andere für sie“, erklärt Möller den Hintergrund dieser Tradition, von der am Ende alle profitieren. Zu den fünf grundlegenden Geboten im Buddhismus zähle der Grundsatz „Nichtgegebenes nicht zu nehmen“.

Buddhisten in Großkrotzenburg

Auf den reich gedeckten Tischen landen neben thailändischen Gerichten auch traditionelle deutsche Speisen oder Pizza. Die Offenheit der Gemeinschaft wird auch im Kulinarischen gelebt. Weggeschmissen werde nie etwas. Was übrig bleibt, wird sorgfältig verpackt und unter den Besuchern des Tempels verteilt.

„Es darf hier nichts verschwendet werden“, weiß Peter Schulze aus Bad Orb als regelmäßiger Besucher. Er fand vor knapp 25 Jahren über seine Frau zum Buddhismus. „In den thailändischen Familien geben Frauen den Ton an“, so Schulze. Zudem nehme er wahr, dass „der Respekt für Ältere größer“ sei und „mehr Rücksicht aufeinander genommen“ werde.

In seiner thailändischen Familie werde „vieles nicht so ernst genommen, sondern mit einem Lächeln“, beobachtet Schulze. Dies deckt sich mit dem Eindruck, den man als neutraler Beobachter im Tempel bekommt. Insgesamt wirkt die Stimmung gelöster, es wird mehr gelacht als in christlichen Gotteshäusern. „Wir leben im Moment“, erklärt Möller. „Wir kommen nicht hierher, um traurig zu sein.“

Im Moment leben, mit anderen teilen: das sind zwei der Grundsätze, die die in Großkrotzenburg versammelten Buddhisten vereint.
Im Moment leben, mit anderen teilen: das sind zwei der Grundsätze, die die in Großkrotzenburg versammelten Buddhisten vereint. © Per BergMann

In der Vergangenheit habe es regelmäßig Versuche gegeben, kleinere Veranstaltungen mit anderen Religionsgemeinschaften zu organisieren.

So sei unter anderem einmal eine Gruppe von Konfirmanden aus der benachbarten Gemeinde Kahl zu Besuch im Tempel gewesen, erinnert sich Tschirschnitz. In den vergangen Jahren seien diese Verbindungen jedoch leider wieder etwas eingeschlafen. (Per Bergmann)

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