Lucas Bäuml will das politische Klima wieder ins Lot bringen

Lucas Bäuml lädt uns ein, den Spaziergang durch den Ort am Kinderhaus zu beginnen. Es ist ein Ort, mit dem er persönlich viel verbindet. Er ist in der Gemeinde aufgewachsen, als Kind einer alleinerziehenden Mutter hat er in der Tagesbetreuung viel Zeit verbracht, „Das war sehr wichtig und gut für mich“, sagt er. Er wisse aus eigener Erfahrung, wie wichtig gesicherte Kinderbetreuung und gute Jugendarbeit für eine Familie sein können.
Großkrotzenburg - Die Gemeinde müsse schon frühzeitig mit der baulichen und strukturellen Umgestaltung beginnen, die mit dem Anspruch auf Ganztagsbetreuung für Kita und Grundschüler ab 2026 auf sie zukomme, sagt er. In den Augen Bäumls „eine große Herausforderung“ und „ein Thema, das nicht hinten runterfallen“ dürfe. Auf dem richtigen Weg sieht er die Gemeinde noch nicht.
Der 33-jährige Bäuml, seit 2020 Fraktionssprecher der Krotzebojer Grünen (KG), gehört zu einem der größten Kritiker des amtierenden Bürgermeisters Thorsten Bauroth. Sein Unmut, und das sei ihm wichtig, richte sich nicht gegen die Person. „Ich habe aber eine andere Vorstellung davon, wie Verantwortung und Aufgaben in der Ausführung des Amtes wahrgenommen werden müssen.“ Bäumls Ton wird eindringlich: Es ist für ihn ein emotionales Thema.
„Uns fehlt die Basis, solide entscheiden zu können“
Die größten Probleme sieht er aktuell in einer „verfehlten Aufgabenteilung“: Gemäß Gesetz fasse die Gemeindevertretung Beschlüsse und diese müssen von der Verwaltung vorbereitet und umgesetzt werden. Aber oft fehlten der Gemeindevertretung trotz wiederholter Aufforderung Unterlagen, obwohl sie in der Verwaltung angefordert seien.
„Damit fehlt uns die Basis, solide entscheiden zu können.“ Das bremse die Entwicklung der Gemeinde aus, koste Zeit und Geld. Bäuml wirft Bauroth vor, zu wenig Engagement zur Zusammenarbeit mit politischen Gremien zu zeigen, Dinge nicht anzupacken und sich Kritik nicht ausreichend zu stellen.
Mit Anfang 30 ein recht junger Kandidat
„Das kann man besser machen und das traue ich mir auch zu. Deshalb will ich es versuchen.“ Er betrachte sich als sehr kritikfähigen Menschen, sagt er. „Und ich gehe auf Leute zu.“ Auch zu allen Parlamentariern habe er einen guten Draht. „Man kann als Bürgermeister wichtige Projekte nur umsetzen, wenn man mit den Gemeindevertretern zusammenarbeitet.“
Lucas Bäuml mit ist Anfang 30 ein recht junger Kandidat. Er sieht das als Vorteil. „Ich will noch etwas erreichen“, sagt er. „Ich möchte für mich und andere aktiv gestalten und das sind meine besten Jahre.“ Seit zehn Jahren arbeitet der gelernte Kaufmann im Vertrieb eines kommunalen Energieversorgers. Seine berufliche Erfahrung habe ihn Effizienz, Serviceorientierung und Flexibilität gelehrt. Lösungsorientiert an einem Problem zu arbeiten, sei ein Prozess, der sich auf die Kommunalpolitik übertragen lasse.
Lebenspartnerin Theresa Neumann tritt auch an
Im Gespräch wirkt er geradlinig und sachlich. Er verliert niemals den roten Faden: Bäuml brennt für seine Sache. Politisch versiert ist er allemal. Mitglied der KG ist er, seit er 21 Jahre alt ist, mit 25 wurde er in die Gemeindevertretung gewählt und sogleich Vertreter des Fraktionssprechers Michael Ruf, der jetzt als Bürgermeisterkandidat gegen ihn antritt. „Das hat mich schon geärgert“, gibt er zu.
Auch seine Lebenspartnerin, die 31-jährige Theresa Neumann, tritt an, und zwar für die CDU. „Wir sind seit vier Jahren zusammen und haben uns über die Politik kennengelernt“, sagt Bäuml. Von Anfang an sei klar gewesen, dass die politische Karriere ein wesentlicher Punkt für beide ist. „Wir sehen uns als moderne Menschen. Keiner hätte vom anderen verlangt, zu verzichten.“ Dass jetzt beide in den Wahlkampf gehen, sei anstrengend. „Aber wir sehen das sehr demokratisch. Wir sind unterschiedliche Menschen und haben unterschiedliche Themen, die wir anbieten können.“
Ausgliederung operativer Bereiche in eine Holding
Aktiv kommunizierten sie ihre Partnerschaft nicht. „Wir wollen, dass sich die Leute über unsere Themen unterhalten und nicht, dass wir in einer Beziehung sind“, so Bäuml. „Wir machen aber auch kein Geheimnis daraus.“ Was wäre Bäumls erstes Projekt als neuer Rathauschef? Er wolle die Strukturen und Prozesse in der Verwaltung verbessern, sagt er. Freilich sei es schwierig, die Herzen der Wähler mit diesem Vorhaben zu gewinnen. Aber die Verwaltung sei eben das „wichtigste Werkzeug eines Bürgermeisters“. Kurzfristig schwebt ihm eine vorausschauende Personalplanung, langfristig die Ausgliederung der operativen Bereiche in eine Holding vor.

Damit glaubt er, auch den finanziellen Engpass der Gemeinde überwinden zu können. „Ich bin überzeugt, dass wir genügend Ressourcen in unserer Gemeinde haben. Wir nutzen sie nur nicht effizient.“ Laufende Projekte müssten endlich abgeschlossen werden, damit Neues angegangen werden kann. „Was Herr Bauroth uns derzeit als Errungenschaft seiner Amtszeit vorstellt, ist eine nicht abgearbeitete To-do-Liste“, glaubt er. Alle acht Bauprojekte, darunter Ärztehaus, das Gewerbegebiet Limes oder das Oberwaldstadion, seien noch nicht abgeschlossen. „Wenn nicht einige Fördermittel aufgrund der Corona-Pandemie verlängert worden wären, wäre so manches große Bauprojekt bei uns krachend gescheitert“, so Bäuml.
„Grüne Ziele stehen nicht im Widerspruch zu anderen Zielen“
Eine seiner Visionen ist beispielsweise die Errichtung eines neuen Wasserkraftwerks an der Mainschleuse, wie es bis in die 80er Jahre existierte. „Unsere Schleuse ist die einzige am Main, die kein Wasserkraftwerk besitzt“, sagt er. Der Bau könne mit dem viel diskutierten barrierefreien Umbau des Mainübergangs einhergehen. Die Verantwortlichen seien offen, die passende Technik existiere, es gebe entsprechende Förderungen. „Ich glaube es ist lösbar, es fehlt nur an einer engagierten Hand.“
Grüne Ziele stehen für ihn nicht im Widerspruch zu anderen Zielen, sagt er. „Ich will eine grüne Wirtschaft und nicht die Option ‘Energiewende oder Wirtschaft’“, sagt er. Er wünscht sich energieneutrale Prozesse in der Verwaltung, eine Umstellung des Gemeindefuhrparks auf E-Mobilität, die energetische Aufrüstung der Gebäude, eine bessere Pflege der Streuobstwiesen. Auch die Sorge um die Bäume im Ort treibt ihn um – zu viele wurden in seinen Augen in den vergangenen Jahren einfach gefällt.
„Ich kandidiere nicht, um ein Zeichen zu setzen“
Wie er seine Chancen sieht? „Ich habe nicht kandidiert um ein Zeichen zu setzen“, sagt er. „Ich glaube, dass es funktionieren kann.“ Dabei will er nicht auf seine grüne Parteizugehörigkeit reduziert, sondern als Person wahrgenommen werden. „Man kann nur Bürgermeister werden, wenn man für alle etwas macht.“ Nun gilt es, die Wähler für sich zu gewinnen, um am 6. März gut abzuschneiden. Er sagt: „Wenn ich gewählt werde, ist das die größte Herausforderung meines Lebens.“