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Fernwärmekosten explodieren

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Von: Christine Semmler

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Die Kohlepreise sind genau wie die Gaspreise eklatant gestiegen. Deshalb hat Uniper, Betreiber des Kraftwerks Staudinger, seine Fernwärmepreise weiter stark erhöht. Das trifft die Kunden hart. Archivfoto: Mike bender
Die Kohlepreise sind genau wie die Gaspreise eklatant gestiegen. Deshalb hat Uniper, Betreiber des Kraftwerks Staudinger, seine Fernwärmepreise weiter stark erhöht. Das trifft die Kunden hart. Archivfoto: Mike bender © -

Gestern gaben die Gemeindewerke Großkrotzenburg eine schlechte Nachricht bekannt: Die Fernwärmepreise steigen weiter drastisch. Ab 1. Oktober zahlen Kunden 20,11 Cent Arbeitspreis pro Kilowattstunde, statt vorher 11,6 Cent. Es ist bereits die zweite empfindliche Preiserhöhung in diesem Jahr.

Damit haben sich die Kosten für die Kunden innerhalb eines Jahres vervierfacht. Im Oktober 2021 lag der Arbeitspreis pro Kilowattstunde noch bei bei 4,86 Cent. „Wir alle haben auf eine Beruhigung der Energiemärkte gehofft, um unsere Kunden wieder entlasten zu können“, heißt es in einem Schreiben der Gemeindewerke an die Kunden. Aber das Gegenteil ist der Fall, da die Preise für Kohle und Gas weiter massiv steigen.

Die Großkrotzenburger beziehen ihre Fernwärme ausschließlich vom Kraftwerk Staudinger, betrieben vom Energieversorger Uniper. Ein Teil der Fernwärme ist quasi Nebenprodukt der Kohlestromerzeugung, etwa 40 Prozent ist allerdings Primärenergie aus Kohle. Hinzu kommt ein Wärmeanteil von etwa 35 Prozent aus Gas.

Im Januar wird es auch bei Strom und Gas eine massive Preiserhöhung geben

„Auch wenn die Einsatzzeiten des Block 5 im Kraftwerk Staudinger in diesem Jahr wieder zugenommen haben, sind parallel die Einkaufspreise von Uniper weiter massiv gestiegen und belasten dadurch die Fernwärmepreise. Eine weitere Anpassung wird daher unumgänglich“, heißt es seitens der Gemeindewerke.

Der Kohlepreis, so Gemeindewerke-Chef Horst Prey, habe sich von Januar bis September von 150 auf 445 Euro pro Megawattstunde erhöht. Bei den Preisen der Gaskunden gebe es derzeit eine ähnliche Entwicklung. „Die Anpassung verläuft schleichend“, so Prey. Zum 1. Januar 2023 sei auch für Strom- und Gaskunden eine massive Preiserhöhung zu erwarten.

Kohle sei derzeit günstiger als Gas, erklärt Prey. „Wenigstens haben wir vertraglich festgelegt, dass unsere Fernwärmekunden bis Ende 2024 einen Preis zahlen, der einem Kohleeinsatz von mindestens 65 Prozent entspricht“, so Prey. Das gelte auch, wenn der Steinkohleblock von Staudinger im Jahr 2023 seine kommerzielle Strom-Produktion einstellt und die Wärme faktisch nur noch aus Gas gewonnen werden sollte. Steige der Kohleanteil an der Wärmeproduktion im Schnitt über 65 Prozent, könne man aber neu kalkulieren, so Prey.

Der aktuell verstärkte Einsatz des Staudinger Blocks 5 aufgrund der Ukraine-Krise wirke sich im Verhältnis positiv auf den Preis aus. Ansonsten nämlich wäre eine Erhöhung von weiteren 5,18 Cent des Arbeitspreises notwendig gewesen, teilt der kommunale Versorger mit.

Preisgleitformel ist gesetzlich vorgeschrieben

Durch neue gesetzliche Änderungen sei der Versorger verpflichtet, auch für Tarifkunden eine sogenannte Preisgleitformel einzuführen. Sie bildet zeitnah die Entwicklung an den Energiemärkten ab. Das bedeutet, dass die Preise, die von einem Wirtschaftsprüfungsunternehmen kalkuliert wurden, automatisch jeweils zum 1. Januar, 1. April, 1. Juli und 1. Oktober des Jahres angepasst werden können. Die Jahresabrechnung wird somit in vier Abrechnungszeiträume (Quartale) aufgegliedert, so dass Erhöhungen, aber auch Senkungen in der Beschaffung unmittelbar weitergegeben werden können.

Kunden könnten jeweils zum Quartalsende die Zählerstände übermitteln, um Einsparungen direkt einfließen zu lassen. Andernfalls würden die Verbräuche je Quartal entsprechend gewichtet.

Zur Zeit habe die Gemeinde wenig Möglichkeiten, den Preiserhöhungen auf dem Weltmarkt entgegenzusteuern, sagt Prey. Um zu überleben, müssten auch Stadt- und Gemeindewerke wirtschaftlich arbeiten und Preiserhöhungen an den Kunden weitergeben. Um die explodierenden Kosten zu bremsen, sei deshalb klar der Bund gefordert. „Energie muss für Bürger bezahlbar bleiben. Das gehört zur Existenzsicherung.“

Für die Gemeindewerke bliebe die Aufgabe, so schnell wie möglich ihr eigenes Konzept durchzusetzen, sagt Prey. Bis 2025 wollen die Gemeindewerke ein innovatives eigenes Kraftwerk errichten, das Fernwärme vorwiegend aus Sonnenenergie und dem Mainwasser gewinnt (wir berichteten). Von Christine Semmler

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