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„Aktive Mittagspause“: Rathaus-Mitarbeiter wehren sich gegen Attacken im Netz – Bürgermeister reagiert

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Gestern versammelten sich mehr als 20 Mitarbeiter vor dem Rathaus, um die aus ihrer Sicht fehlende Rückendeckung der Gemeinde zu kritisieren.
Gestern versammelten sich mehr als 20 Mitarbeiter vor dem Rathaus, um die aus ihrer Sicht fehlende Rückendeckung der Gemeinde zu kritisieren. © Per Bergmann

Mehrere Mitarbeiter der Gemeinde Großkrotzenburg haben mehr Rückendeckung der Verwaltung gefordert. Immer öfter sehen sie sich Attacken im Netzt gegenüber.

Großkrotzenburg – Mehr als 20 Mitarbeiter der Gemeinde nutzten ihre Mittagspause, um auf die aus ihrer Sicht fehlende Rückendeckung ihres Arbeitgebers aufmerksam zu machen. Zuletzt hatte es vor allem in den sozialen Medien immer wieder öffentliche Kritik an den Angestellten der Verwaltung gegeben.

„Schluss mit lustig“, war auf einem der Transparente zu lesen, die Mitarbeiter für ihre „aktive Mittagspause“ vorbereitet hatten und: „Mitarbeiter-Bashing – Ein No Go“. An die Glasfront des Rathauses wurde eine ganze Reihe von Zitaten gehängt, die Bürger in den vergangenen Monaten öffentlich bei Facebook gepostet haben: „Im Rathaus scheidet man nur durch Tod oder Verbannung aus“, war im Internet unter anderem zu lesen.

Großkrotzenburg (Main-Kinzig-Kreis): Vorwurf des fehlenden Mutes an Kritiker

Oft melden sich die Kritiker in einem fehlerhaften Deutsch zu Wort, häufig sind sie bemüht, ihre wahre Identität zu verschleiern. „Hilfe schaft da nur ein Austausch der lästigen mitarbeiter die auf ihrem Sessel scheinbar meinen Angewachsen zu sein“, schreibt beispielsweise ein Bürger unter dem Pseudonym „Krotze Burger“.

Den Vorwurf, dass den Kritikern regelmäßig der Mut fehlt, mit ihrem Namen geradezustehen, muss sich Alexander Noll (FDP) nicht gefallen lassen. Das Mitglied des Gemeindevorstandes brachte vor rund einer Woche das Fass zum Überlaufen, als er einen Mitarbeiter der Finanzabteilung bei Facebook öffentlich an den Pranger stellte und ihm unterstellte, „keine Ahnung“ von seinem Fach zu haben und dass die Gemeinde „bestimmte Mitarbeiter der Verwaltung komplett austauschen“ müsse.

Rathauspersonal in Großkrotzenburg (Main-Kinzig-Kreis) demonstriert: „Schluss mit lustig“

Den Namen des Mitarbeiters nannte Noll nicht, aber „der neutrale Beobachter kann relativ einfach nachvollziehen, um wen es hier geht“, stellt Verdi-Gewerkschaftssekretärin Natalie Jopen klar, die von den Mitarbeitern um Unterstützung gebeten wurde. Beigeordneter Noll hatte seine öffentliche Kritik mit der Bestätigung garniert, dass der Gemeindevorstand „die Sache angehen werde“. Es brauche weder viel Phantasie noch bösen Willen, um das als öffentliche Ankündigung einer bevorstehenden Entlassung zu interpretieren, erklärt Jopen. Es sei eine „zentrale Aufgabe der Dienststellenleitung, sich schützend vor ihre Beschäftigten zu stellen“, führt Jopen weiter aus. „Diese Rückendeckung wird vermisst.“

Im geschilderten Fall, infolge dessen nun „Schluss mit lustig“ ist, habe der Personalrat den Bürgermeister aufgefordert, sich an die Kommunalaufsicht zu wenden, berichtet Jopen. „Auf mehrmalige Nachfrage, ob dies geschehen sei, haben sie in den letzten Tagen keine Antwort von ihren Vorgesetzten erhalten“, deshalb sei der Fall nun öffentlich gemacht worden. Aus Sicht der Gewerkschaftlerin, die bereits „seit rund fünf Jahren Gespräche mit Mitarbeitern des Rathauses“ führe, sei es „offensichtlich, dass hinter diesem Protest eine lange Geschichte steckt“. Es sei „lediglich die Spitze des Eisbergs“, die nun öffentlich thematisiert wird.

Rathauspersonal in Großkrotzenburg (Main-Kinzig-Kreis) demonstriert: Bürgermeister weist Kritik zurück

Die öffentliche Kritik von Teilen seiner Belegschaft weist Bürgermeister Thorsten Bauroth (parteilos) auf Nachfrage vehement zurück. Er habe auf die Aussagen von Noll reagiert. Zunächst sei ein Gespräch mit dem betroffenen Mitarbeiter geführt worden, danach habe er im Rathaus mit Noll gesprochen.

Das Ergebnis dieser Gespräche oder gar etwaige Resultate nannte Bauroth jedoch nicht. Auch die vom Personalrat geforderte Meldung bei der Kommunalaufsicht sei per E-Mail gemacht worden. Bewusst habe die Verwaltung entschieden, in den sozialen Medien nicht auf die öffentliche Kritik zu reagieren und die Sache stattdessen „intern zu klären“. Zudem verfasste die Verwaltung eine Pressemitteilung unter der Überschrift „Die rote Linie“, die wenige Stunden nach dem Protest der Belegschaft veröffentlicht wurde. Darin stellt Bauroth klar, dass bei „öffentlichen Angriffen auf Mitarbeiter der Verwaltung eine rote Linie überschritten“ worden sei. (Per Bergmann)

Streit gibt es derzeit auch um ein Bauprojekt eines Investors in Großkrotzenburg (Main-Kinzig-Kreis).

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