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Großkrotzenburg: Strafanzeige gegen Alexander Noll

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Von: Thorsten Becker

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Alexander Noll
Alexander Noll © Privat

Die politischen Auseinandersetzungen in der Gemeinde beschäftigten die übergeordneten Behörden immer mehr. Wie Recherchen unserer Zeitung ergeben haben, ist jetzt auch der Beigeordnete Alexander Noll (FDP) mit Vorwürfen konfrontiert, nachdem er einen Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung öffentlich bloßgestellt haben soll.

Großkrotzenburg - Gegen Noll liegen inzwischen eine Strafanzeige sowie eine Dienstaufsichtsbeschwerde vor, weil der Verdacht besteht, dass Noll als ehrenamtliches Mitglied des Gemeindevorstands Verfehlungen begangen haben könnte.

Staatsanwaltschaft Hanau bestätigt: Strafanzeige liegt vor

„Aufgrund einer Strafanzeige wird bei uns ein Verfahren wegen des Verdachts der Verleumdung sowie des Verstoßes gegen das Datenschutzgesetz geführt“, bestätigte die Pressesprecherin der Hanauer Anklagebehörde, Staatsanwältin Lisa Pohlmann, auf Anfrage des HA.

Auch aus dem Landratsamt in Gelnhausen kommt eine Bestätigung, dass das Verhalten des langjährigen Kommunalpolitikers unter die Lupe genommen wird. „Es liegt eine Prüfungsanfrage des Bürgermeisters vor. Darüber hinaus liegt eine Dienstaufsichtsbeschwerde eines gemeindlichen Bediensteten vor. Beide Vorgänge befinden sich derzeit noch in der Prüfung“, berichtet Frank Walzer, Pressesprecher des Main-Kinzig-Kreises.

Nach der vom Amtsgericht Hanau angeordneten Durchsuchung der Gemeindeverwaltung im vergangenen Jahr und den Ermittlungen gegen zwei ehemalige Mitarbeiter des Ordnungsamts sowie einer Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Bürgermeister Thorsten Bauroth ist dies nun ein weiterer Fall, mit dem sich Staatsanwaltschaft und Kommunalaufsicht beschäftigen.

Die neuesten Vorwürfe gegen Noll sind vor etwas mehr als zwei Monaten öffentlich geworden. Damals standen mehr als 20 Mitarbeiter der Gemeinde mit Protest-Plakaten vor dem Rathaus und protestierten gegen die aus ihrer Sicht fehlende Rückendeckung ihres Arbeitgebers.

„Schluss mit lustig“, war auf einem der Transparente zu lesen, die die Protestierenden für ihre „aktive Mittagspause“ vorbereitet hatten. An die Glasfront des Rathauses waren eine ganze Reihe von Zitaten ausgehängt, die Bürger in den vergangenen Monaten öffentlich in den sozialen Medien gepostet haben sollen. Darunter befand sich auch ein öffentliches Statement von Noll, das sich auf das Debakel um den Haushalt der Gemeinde bezog, der immer noch nicht beschlossen worden ist.

Noll soll das Fass zum Überlaufen gebracht haben, als er einem Mitarbeiter der Finanzabteilung bei Facebook öffentlich unterstellte, „keine Ahnung“ von seinem Fach zu haben. Außerdem müsse die Gemeinde „bestimmte Mitarbeiter der Verwaltung komplett austauschen“. Der Gemeindevorstand, dem Noll angehört, solle „die Sache angehen“.

„Der neutrale Beobachter kann relativ einfach nachvollziehen, um wen es hier geht“, stellte Verdi-Gewerkschaftssekretärin Natalie Jopen klar, die von den Mitarbeitern um Unterstützung gebeten wurde.

Großkrotzenburg: Mitarbeiter erstattet Strafanzeige gegen Beigeordneten

Es brauche weder viel Fantasie noch bösen Willen, um Nolls Ausführungen als öffentliche Ankündigung einer bevorstehenden Entlassung zu interpretieren, erklärte Jopen. Dagegen sei es eine „zentrale Aufgabe der Dienststellenleitung, sich schützend vor ihre Beschäftigten zu stellen“, kritisierte Jopen.

Nach HA-Informationen hat der von Noll kritisierte Mitarbeiter nun auch Strafanzeige gegen Noll erstattet. Der Hessische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit bestätigte bereits, dass die von Noll auf Facebook getätigten Aussagen einen datenschutzrechtlichen Verstoß darstellen. Der Vorgang sei zur Prüfung der Einleitung eines Bußgeldverfahrens gegen Noll an die Bußgeldstelle weitergeleitet worden. Doch es könnten auch zivilrechtliche Konsequenzen auf Noll zukommen. Der Mitarbeiter bestätigt, dass er Schadensersatzansprüche gegen Noll geltend machen wolle.

Besonders pikant: Als Mitglied des Gemeindevorstands war Noll an der Einstellung des Mitarbeiters, den er nun öffentlich an den Pranger gestellt haben soll, aktiv beteiligt. Im Rahmen der Debatte bei Facebook war zu lesen, dass Noll maßgeblichen Anteil am Einstellungsprozess gehabt habe. Noll reagierte online direkt auf diesen Hinweis: Der von ihm kritisierte Mitarbeiter sei der „mit der besten Expertise unter den insgesamt schlechten Bewerbungen“ gewesen.

Weder Noll, noch ein anderer Vertreter der FDP habe sich seitdem persönlich bei dem betroffenen Mitarbeiter entschuldigt oder sich von Nolls Aussagen distanziert, erklärt der Mitarbeiter auf Nachfrage. Andere Beigeordnete der Krotzebojer Grünen, der Initiative sowie der CDU hätten dies bereits kurz nach dem Vorfall getan.

Bürgermeister Bauroth erklärte im Anschluss an die Protest-Aktion vor dem Rathaus, er habe direkt auf Nolls Äußerungen reagiert und Gespräche mit den Beteiligten geführt. Auch der vom Personalrat geforderten Meldung des Falls bei der Kommunalaufsicht sei er nachgekommen.

Die Verwaltung habe jedoch bewusst entschieden, in den sozialen Medien nicht auf die öffentliche Kritik zu reagieren und die Sache stattdessen „intern zu klären“. Dem betroffenen Mitarbeiter schien die Reaktion seines Arbeitgebers offensichtlich nicht auszureichen. Neben der Anzeige wegen Verleumdung reichte er eine Dienstaufsichtsbeschwerde ein.

Die öffentliche Protestaktion der Rathaus-Belegschaft, versuchte Noll kurz danach in einer Pressemitteilung herunterzuspielen und schrieb von einer „sogenannten Demonstration einer kleinen Gruppe“, die „unverschämte Vorwürfe“ gegen ihn erhoben habe. Noll erneuerte seine Kritik an der Finanzabteilung und erklärte, dass im Rahmen der Erstellung des Haushaltsentwurfs „Beschlüsse des Gemeindevorstands fachlich falsch in die Gemeindevertretung eingebrachten Entwurf umgesetzt“ worden seien.

Brisant sind die jetzt bekannt gewordenen rechtlichen Schritte gegen Noll auch deshalb, weil das Handeln des ehrenamtlichen Beigeordneten bereits in der jüngsten Sitzung der Gemeindevertretung Anfang März ein Thema gewesen ist. Gemeinsam hatten alle Fraktionen einen Dringlichkeitsantrag eingebracht, der eine „Selbstverpflichtung der Gemeindevertretung und als Handlungsauftrag an die Mitglieder der nicht-öffentlich tagenden Gremien“ zum Inhalt hatte.

Darüber hinaus versuchte Bauroths Stellvertreter, der Erste Beigeordnete Ulrich Fischer (Initiative), im Parlament einen Antrag auf „Feststellung und Ahndung ordnungswidrigen Handelns wegen Verletzung der Verschwiegenheitspflicht“ einzubringen. Auch in diesem, weiter zurückliegenden Fall l soll es um Noll gegangen sein.

Das Parlament einigte sich nach einem Hinweis von Erich Fischer (CDU), dass der entsprechende Vorfall „nach einem halben Jahr bereits verjährt“ sei, darauf, den Antrag nicht weiterzuverfolgen. Von Per Bergmann Und Thorsten Becker

Protest vor dem Rathaus: Die Gemeindemitarbeiter wehren sich gegen Anfeindungen.
Protest vor dem Rathaus: Die Gemeindemitarbeiter wehren sich gegen Anfeindungen. © Per Bergmann

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