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Großkrotzenburg (Main-Kinzig-Kreis): Hat der Rathauschef Beweismittel vorenthalten?

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Von: Christine Semmler

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Bürgermeister Thorsten Bauroth hat Anfang März zu den Vorwürfen Stellung genommen. Die Kommunalaufsicht muss den Fall prüfen.
Bürgermeister Thorsten Bauroth hat Anfang März zu den Vorwürfen Stellung genommen. Die Kommunalaufsicht muss den Fall prüfen. © Mike Bender

Thorsten Bauroth, Bürgermeister von Großkrotzenburg im Main-Kinzig-Kreis, soll Tätigkeiten der Ermittlungsbehörden erschwert haben. Er selbst widerspricht dem.

Großkrotzenburg –„Ich freue mich auf mein neues Leben“, hatte Noch-Bürgermeister Thorsten Bauroth am Abend der Wahl am 6. März gesagt – als klar war, dass er das Amt nicht weiter führen wird. Sein letzter Wahlkampf hat ihm viel abverlangt: Mandatsträger aus Fraktionen und Gemeindevorstand hatten immer vehementer gegen den Parteilosen mobil gemacht, warfen ihm vor, seine Arbeit nur unzureichend zu erledigen.

Vier Beigeordnete aus dem Gemeindevorstand haben überdies Ende Februar, also kurz vor der Wahl am 6. März, eine Dienstaufsichtbeschwerde gegen den Bürgermeister erhoben. „Herr Bauroth behindert die Tätigkeit der Ermittlungsbehörden massiv durch das Vorenthalten von Beweismitteln“, heißt es im Papier an die Kommunalaufsicht, verfasst von Johannes Rubach (Grüne) sowie Herbert Popp, Jürgen Capelle und Ulrich Fischer (Initiative).

Großkrotzenburgs Bürgermeister Bauroth: „Vorwürfe sind haltlos“

Aktuell ermittelt die Staatsanwaltschaft Hanau aufgrund möglicher Verfehlungen zweier Mitarbeiter der Verwaltung. Die Bewohner der Flüchtlingsunterkunft werfen den beiden ehemaligen Betreuern zahlreiche Straftaten vor, darunter Bestechlichkeit, Körperverletzung, Untreue und Diebstahl.

Bauroth, so der aktuelle Vorwurf, habe wissentlich zwei eidesstattliche Erklärungen von Asylbewerbern zurück gehalten, die einen der Betreuer in der Asylbewerberunterkunft, der Bestechlichkeit überführen könnten. Aus den Erklärungen gehe jeweils hervor, dass besagter Mitarbeiter „eine durch ihn eingenommene Kaution nicht der Gemeindekasse zugeführt hat.“

Zwei Bewohner hatten eidesstattlich versichert, dass sie 50 Euro Pfand für einen Schlüssel an das Personal in der Unterkunft gezahlt haben, obwohl kein entsprechender Eingang in der Kasse verbucht sei. Daraus schließen die Kläger, dass der besagte Mitarbeiter das Geld unterschlagen hat. Bauroth habe die ermittelnden Behörden nicht über diesen Umstand informiert, was ihn in den Verdacht der Strafvereitelung stelle.

Großkrotzenburger Bürgermeister soll Rechtsanwalt nicht informiert haben

Im Zuge der strafrechtlichen Ermittlungen waren Ende Juli 2021 das Rathaus und eine Privatwohnung durchsucht worden, Anfang August hatte der Gemeindevorstand den beiden Mitarbeitern als Konsequenz daraus gekündigt.

Eine der beiden Kündigungen ist inzwischen rechtskräftig, der zweite Mitarbeiter, nämlich der, um den es in der Dienstaufsichtsbeschwerde geht, hat zuletzt erfolgreich gegen die Gemeinde geklagt. Sein Arbeitsvertrag besteht weiterhin, weil die Gründe für die Kündigung nach Auffassung des Arbeitsgerichtes nicht ausreichen.

Bauroth, so heißt es in der Dienstaufsichtsbeschwerde, habe den „beauftragten Rechtsanwalt nicht über die eidesstattlichen Versicherungen informiert, die der Gemeinde eine deutlich bessere Ausgangslage im gerichtlichen Verfahren eingebracht hätte.“ Der Gemeindevorstand hat inzwischen Berufung gegen das Urteil eingelegt. Das bestätigt der Rechtsanwalt des Ex-Flüchtlingsbetreuers, Oktay Uzun.

Hanauer Staatsanwaltschaft ermittelt

Die Dienstaufsichtsbeschwerde liegt der Kommunalaufsicht seit Ende Februar vor. „Wir werden gegebenenfalls noch nicht tätig, weil die Staatsanwaltschaft sich mit dem gleichen Thema beschäftigt“, erklärt Kreis-Pressesprecher John Karsten Mewes.

Zum Stand der strafrechtlichen Ermittlungen erklärt Lisa Pohlmann von der Hanauer Staatsanwaltschaft, „dass im Rahmen der Durchsuchungsmaßnahmen umfangreiche Sicherstellungen, schriftlichen Unterlagen oder Handys und Speichermedien erfolgten.“ Die Auswertung, so Pohlmann, dauere weiter an.

Der Bürgermeister von Großkrotzenburg hat inzwischen bei der Kommunalaufsicht Stellung zu den Vorwürfen genommen, wie er unserer Zeitung erklärt: Die eidesstattlichen Erklärungen seien in einem anderen Zusammenhang abgegeben worden, sagt er. Er sei der Sache nachgegangen und könne das inzwischen auch beweisen. Bauroth beklagt dabei, dass der Vorstand die Beschwerde erhoben hat, ohne vorher seine Seite anzuhören.

Kommunalaufsicht prüft Beschwerde gegen Großkrotzenburger Bürgermeister

Der erste Fall habe 2018 seinen Anfang genommen, einer Zeit, in der es Kautionsregeln für Schlüssel noch gar nicht gegeben habe. Der betreffende Bewohner habe damals 50 Euro zahlen müssen, weil er einen Schlüssel verloren habe, sagt Bauroth. Es sei ein Missverständnis gewesen, ihm das Geld gegen eidesstattliche Erklärung als Kaution zurückzuzahlen. Das sei mit dem betreffenden Bewohner geklärt, inzwischen liege eine schriftliche Bestätigung vor. „Er wird das Geld wieder zurückgeben.“ Und im zweiten Fall, der sich im Juli 2021 ereignet haben soll, sei der verdächtigte Mitarbeiter gar nicht mehr mit der Flüchtlingsbetreuung betraut gewesen.

Der Bürgermeister erklärt, er habe nun seinerseits eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen einen der vier Beigeordneten erhoben, weil dieser ohne die nötige Genehmigung eine Aussage bei der Polizei gemacht habe. Die Kommunalaufsicht muss die Fälle nun zu gegebener Zeit prüfen.

Würde sie die Beschwerden anerkennen, könnten Disziplinarmaßnahmen folgen: Etwa ein Verweis oder Geldbuße, eine Kürzung der Bezüge oder eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Beamten im Ruhestand kann die Pension gekürzt oder aberkannt werden. Auch bei den vier Großkrotzenburger Beigeordneten hat unsere Zeitung nachgefragt. Sie aber möchten sich mit Verweis auf „laufende Ermittlungen“ nicht zu der Dienstaufsichtsbeschwerde äußern. (Christine Semmler)

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