Gastronom Miljenko Prskalo will das Großkrotzenburger Bürgerhaus nicht aufgeben

Miljenko Prskalo kämpft. Seit 22 Jahren betreibt er im Großkrotzenburger Bürgerhaus sein Restaurant „Midas“, seit 15 Jahren pachtet er das gesamte Gebäude für einen symbolischen Zins von einem Euro. Aber billig, sagt er, sei das für ihn nicht gewesen. Er hat fast das ganze Innenleben auf eigene Kosten in Schuss gebracht.
Großkrotzenburg - Der 57-Jährige hat im Restaurant für ein modernes Inventar gesorgt und einen neuen Boden verlegt. Er hat die marode Küche saniert, die die Kegelbahn im Keller ist in einem sehr guten Zustand. Die Liste der Investitionen sei lang, sagt er. Denn der Vertrag sieht vor, das Prskalo alle Schönheitsreparaturen und die Betriebskosten selbst übernehmen muss. Für Dach und Fach ist die Gemeinde zuständig.
„Ich kenne hier jede Ecke“, sagt Prskalo. Er ist stolz auf seine Arbeit, auf das Vertrauen seiner Gäste, die gute Zusammenarbeit mit den Vereinen und der örtlichen Politik. Deshalb kann er nicht verstehen, warum im Sommer sein Pachtvertrag gekündigt wurde und er sein Lebenswerk zum Ende des Jahres 2022 einfach so aufgeben soll.
Grüne und CDU hatten mit einer knappen Mehrheit beschlossen, den aktuellen Pachtvertrag kein weiteres Mal zu verlängern. SPD und FDP sprachen sich für Prskalo aus, die Initiative hatte sich enthalten. Die Überlegungen, das Bürgerhaus abzureißen und das Areal in die Hände eines Investors zu geben, hält Prskalo für „eine Beleidigung“, wenn nicht wenigstens vorher eine Kosten-Nutzen-Analyse gemacht würde.
Rundgang durch das Haus
Viel zu viel hätten er und die Gemeinde in den vergangenen Jahren in das Haus investiert. Allein Boden und Inventar des Restaurants hätten einen Wert von mehr als 400 000 Euro. Auch in die Großküche habe er in den vergangenen Jahren viel hineingesteckt. Hinzu komme die Brandmeldeanlage, die die Gemeinde damals 400 000 Euro gekostet habe. Oder die neue Decke des JUZ, die mit rund 100 000 Euro zu Buche schlug.
Kürzlich hat Prskalo deshalb Interessierte zu einem Rundgang durch das Haus eingeladen – gemeinsam mit der FDP, die sich für Prskalo und den Erhalt des Bürgerhauses starkmachen will. Das kleine Grüppchen, das sich eingefunden hat, darf ihm treppauf, treppab durch ein Labyrinth von Räumen folgen: darunter der ehemalige Schießstand des Schützenvereins, die Kegelbahn, diverse Toiletten, die Küche oder das Jugendzentrum.
Auf der Tour führt er seine Gäste an den Strom-, Belüftungs- und Heizungsanlagen vorbei, zeigt ihnen sogar seine Privatwohnung. Hier, aus einem seiner Fenster, sagt er, könne man das notdürftig geflickte Dach am besten sehen. An der Zimmerdecke hat sich ein beachtlicher, feuchter Riss gebildet.
Das Dach des Bürgerhauses ist die größte Schwachstelle. Es ist schon lange undicht und müsste eigentlich grundhaft saniert werden. Erwartete Kosten: Rund 300 000 Euro. Es wurde aber bisher von der Gemeinde immer nur stückweise ausgebessert, sodass die Wasserschäden langsam das ganze Haus in Mitleidenschaft ziehen.
Auch die Toiletten für den Saal müssten dringend in Schuss gebracht werden. „Ich habe jeden Tag Angst, dass etwas verstopft ist“, sagt Prskalo. Regelmäßig prüft er die Leitungen, ebenso die Belüftungsanlage, die „noch funktioniert“, aber inzwischen in die Jahre gekommen ist. Die Heizanlage ist offenbar defekt, denn sie trennt die Verbrauche nicht korrekt. „Ich habe jahrelang die Heizkosten vom JUZ mitbezahlt“, klagt Prskalo. Das habe er festgestellt, als er das Haus wegen Corona schließen musste. Trotz null Verbrauch habe er eine Rechnung von 2000 Euro bekommen.
Prskalo will das Haus nach und nach sanieren
Viele bittere Pillen habe er schon schlucken müssen, um im Bürgerhaus bleiben zu können. In der letzten Version seines Pachtvertrages sei beispielsweise eine neue Klausel hinzugekommen: Sie verpflichtet ihn zu 30 000 Euro Eigenanteil bei grundhaften Schäden. „Es ist unfair, zu behaupten, ich zahle nur einen Euro Miete“, sagt er, adressiert an diejenigen, die sich mit diesem Argument gegen ihn wenden. „Ich zahle insgesamt viel mehr als meine Kollegen.“
Seine Hoffnung ist, dass das Gemeindeparlament als Konsequenz aus der Kündigung einem Erbpachtvertrag zustimmt, der ihm den Gebäudekomplex für mindestens 25 Jahre zusichert. Im Gegenzug würde er sich bereit erklären, das Haus nach und nach zu sanieren: Das Dach, die Toiletten, die Fenster, den Schallschutz. „Wenn ich das Haus übernehme, würde ich außerdem Photovoltaik installieren“, sagt er. Auch den Veranstaltungssaal möchte er modernisieren, um mehr anspruchsvolles Publikum anzulocken. „Ich würde lieber kleinere Hochzeiten hier haben. Das bedeutet weniger Arbeit und bringt mehr Umsatz“, sagt er gerichtet die an Kritiker, die ihm vorwerfen, zu viele private Großveranstaltungen auszurichten. „Aber so wie der Saal gerade aussieht, kann es mir nicht aussuchen.“
Nach wie vor ist vieles offen, eine Entscheidung, was konkret mit dem Gebäude passieren soll, gibt es nicht. „So wie es ist, kann es nicht bleiben, da sind wir uns einig“, sagt FDP-Fraktionsvorsitzender Daniel Protzmann. „Aber wir brauchen eine Lösung, die uns einen Veranstaltungssaal in Großkrotzenburg sichert.“ Derzeit gebe es im Ort keine vergleichbare Alternative zum Limes-Forum.
Die Kritiker der Erbpacht hingegen räumen ein, das Gebäude werde von Vereinen und Bürgern kaum noch genutzt. Und man nehme der Gemeinde auf diese Weise die Möglichkeit zur Entwicklung des gesamten Areals und eine zeitgemäße Gestaltung des Umfelds. (Von Christine Semmler)
