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Mann des Ausgleichs: „Ich bin Berufsoptimist“

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Von: Christine Semmler

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Auf eine Tasse Kaffee auf der Terrasse von Armin Klab. Der 71-jährige Großkrotzenburger ist seit wenigen Monaten Vorsitzender der Gemeindevertretung. Erst seit dem Eintritt in die Rente vor zweieinhalb Jahren ist er in der Lokalpolitik aktiv.
Auf eine Tasse Kaffee auf der Terrasse von Armin Klab. Der 71-jährige Großkrotzenburger ist seit wenigen Monaten Vorsitzender der Gemeindevertretung. Erst seit dem Eintritt in die Rente vor zweieinhalb Jahren ist er in der Lokalpolitik aktiv. © Christine Semmler

Er ist ein Mann, der viel zu erzählen hat. Im idyllischen Garten des Hauses, in dem er mit seiner Frau Sabine wohnt, lädt er uns auf eine Tasse Kaffee ein, und die Zeit vergeht wie im Flug. Seit seinem Renteneintritt 2018 ist Klab kommunalpolitisch aktiv. „Irgendwas muss man ja tun“, sagt der 71-Jährige und lacht. Er hat die Wählergemeinschaft „Initiative zukunftssicheres Großkrotzenburg“ mitgegründet.

Großkrotzenburg - Und nach dem phänomenalen Ergebnis bei der Kommunalwahl im Frühjahr – über 30 Prozent der Wähler stimmten für die Initiative – hat er den Vorsitz der Gemeindevertretung übernommen, ist seither „Erster Bürger“ der Gemeinde.

„Kommen Sie, ich zeig’ Ihnen, wo ich geboren bin“, sagt er. Um sein Elternhaus zu betrachten muss er nur wenige Schritte gehen. Heute gehört das Gebäude auf dem Nachbargrundstück nicht mehr der Familie. Trotzdem gibt es keinen Zaun. „Wir verstehen uns sehr gut mit den Besitzern“, sagt Klab und deutet auf eine kurz gemähte Rasenfläche. „Die Grundstücksgrenze ist so ungefähr hier.“

In den ersten 18 Jahren seines Lebens hat Klab in diesem Haus gewohnt, mit seinen Großeltern, den Eltern und seiner Schwester. An seine Schulzeit am Seligenstädter Einhardgymnasium erinnert er sich genauso gerne wie an seinen eineinhalbjährigen Grundwehrdienst bei der Luftwaffe im Raketenabwehrbataillon.

„Heute würde ich es sicher anders machen“, sagt er. „Aber damals gab es noch wenige Möglichkeiten für Kriegsdienstverweigerer.“ Es sei indes eine „angenehme Zeit“ gewesen, die ihn von Landsberg am Lech über Bitburg in der Eifel bis in den hohen Norden nach Flensburg führte.

In den frühen Siebzigern entschied sich Klab für Studium der Rechtswissenschaft in Frankfurt: Ein Weg, den er niemals bereut hat. Zeit seines Lebens hat er die akribische Auseinandersetzung mit Recht und Gesetz geliebt. Und hat vielleicht gerade deshalb eine steile Juristenkarriere im Hessischen Innenministerium hingelegt.

Dass er 1980 in der Wiesbadener Polizeiverwaltung seinen Berufseinstieg machte, war eher ein Zufall. Ein anderer Arbeitgeber hatte ihm nach einer festen Zusicherung plötzlich abgesagt. Dann habe sich überraschend der Herr von der Polizeiverwaltung gemeldet. „Dass ich mich auch in Wiesbaden beworben hatte, hatte ich schon ganz vergessen“, sagt er, eigentlich beim Statistischen Landesamt, das die Bewerbung offenbar weiter geleitet hatte.

Als Klab die Stelle annahm, hätte er sich wohl nicht gedacht, dass er jetzt 40 Jahre lang täglich mit der Bahn nach Wiesbaden pendeln sollte: Täglich eineinhalb Stunden Fahrt, einfache Strecke. Einen Führerschein besaß Klab nie. „Ich habe nie einen gebraucht“, sagt er lachend.

Das Steuern des Elektroautos, das im Carport neben dem Haus steht, ist seiner Frau Sabine vorbehalten. Mit ihr ist er seit 1981 verheiratet, sie haben eine gemeinsame Tochter: Jessica wurde 1983 geboren. Sein Sohn Marcel, geboren 1979, stammt aus einer unehelichen Beziehung.

Nach fünf Jahren wechselte Klab beruflich vom Polizeifach ins Ausländer- und Asylrecht und übernahm später die Referatsleitung. „Es war eine interessante Sache“, erinnert er sich, „es hatte aber mehr mit Politik als mit der Arbeit eines Juristen zu tun.“ Nach neun Jahren habe er „die Nase voll“ gehabt und sei dann ins Referat für Feuerwehr und Katastrophenschutz gewechselt. Hier erfüllte sich für ihn der Traum eines jeden Juristen. Er bekam den Auftrag, ein Gesetz zu entwerfen: Das Hessische Brand- und Katastrophenschutzgesetz von 1999 stammt aus Klabs Feder.

Auch auf seine jahrelange Mitgliedschaft in der Generaldirektion Umwelt und der Ratsarbeitsgruppe Katastrophenschutz, in der alle Länder der EU-Kommission vertreten sind, ist er stolz. Hier war er einer von zwei deutschen Abgeordneten. „Ich bin zwei Mal im Monat nach Brüssel gefahren“, erzählt er. Weil er das Amt noch neben seiner Haupttätigkeit stemmte, hatte er oft nur einen Tag in der Woche frei. Fünf Jahre zog er das durch, dann wurde es ihm und seiner Familie zuviel. „Auf dem Höhepunkt meiner Karriere ging es mir körperlich am schlechtesten“, erinnert er sich.

Dreimal in der Woche ins Fitnessstudio

Just zu dieser Zeit entschied sich Klab für eine Jahreskarte im Fitnessstudio. Bis heute trainiert er dreimal in der Woche, zusammen mit seiner Frau. „Sie geht aufs Laufband, ich aufs Fahrrad oder ans Rudergerät. Und dann folgt ein Zirkeltraining.“ Sport hat immer eine sehr große Rolle in Klabs Leben gespielt. Seit seiner Studienzeit geht er leidenschaftlich gerne wandern – bis heute. Jahrzehntelang war er außerdem im Fußball, Volleyball und Handball aktiv.

Die letzten Jahre in Wiesbaden beschäftigte sich der Jurist schließlich mit zivilmilitärischer Zusammenarbeit. Eigentlich hätte Klab schon 2015 in Rente gehen können, arbeitete aber zwei Jahre länger. Dass seine Stellvertreterin ihn darum gebeten hatte, um drei Jahre in Elternzeit gehen zu können, kam ihm gar nicht ungelegen. „Mir hat mein Beruf einfach irre Spaß gemacht“, sagt er.

Noch heute berät er Freunde und Bekannte gerne unentgeltlich in kleineren Rechtssachen, setzt für sie Schreiben auf, führt Telefonate. „Das ist mein Hobby“, sagt er. „Ich freu mich jedes Mal, wenn ich etwas erreichen kann.“

Praktische Hilfe für die Flüchtlinge

Seit er im Ruhestand ist, engagiert er sich auch als Sportcoach für Flüchtlinge, seit diesem Jahr im Tandem mit Seit Hadi Hosseini. Mit dem 26-Jährigen verbindet die Klabs eine besondere Freundschaft. 2019 haben sie eine Patenschaft für den jungen Flüchtling übernommen, der in Afghanistan geboren wurde, im Iran aufgewachsen ist und der bis Anfang des Jahres in der Großkrotzenburger Flüchtlingsunterkunft gewohnt hat. Klabs haben ihm beim Deutschunterricht unterstützt, ihm geholfen eine Wohnung zu finden und den Führerschein zu machen. „Er ist für mich wie ein dritter Sohn“, sagt er.

Klab ist in Grotzenburg gut vernetzt, hat seit der Kindheit viele Freunde und Bekannte. Zu ihnen gehört auch sein heutiger Fraktionskollege Hans Kunkel, der ihn für die Kommunalpolitik begeisterte. Am Anfang stand die Idee, eine Machbarkeitsstudie für die Interkommunale Zusammenarbeit mit Hanau durchzusetzen. Die Folge war ein erfolgreiches Bürgerbegehren, zu dem 25 Prozent der Wahlberechtigten mobilisiert werden konnten.

Im Sommer 2020 gründeten die Initiatoren im Hinblick auf die Kommunalwahlen eine Wählergemeinschaft: Die Initiative zukunftssicheres Großkrotzenburg. Klab hatte sich nie zuvor in einer Partei engagiert. „Meine Frau war erst strikt dagegen“, erzählt er lachend. „Später stand sie selbst auf der Liste.“ Der Erfolg hat alle überwältigt. „Ich bin ja Berufsoptimist“, sagt er. „Aber dass wir die meisten Sitze bekommen, hätte ich nie gedacht.“ Klab selbst erreichte Platz eins der Liste.

Als Parlamentsvorsitzender begreift sich er sich als ausgleichende Kraft. „Ich komme mit fast jedem gut klar.“ Und so versuche er, die aktuell größten politischen Baustellen – die Resolution gegen den Bürgermeister und laufende Ermittlungen gegen zwei Gemeindemitarbeiter – so fair wie möglich anzugehen. „Ich beteilige mich nicht an Intrigen“, sagt er.

Armin Klab hängt an seiner Gemeinde, ist Großkrotzenburger mit Leib und Seele. „Es ist ein schöner Ort“, sagt er. „Auch wenn es hier im Moment etwas drunter und drüber geht.“ (Von Christine Semmler)

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