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Der unabhängige Detlef Protzmann will ein Bürgermeister zum Anfassen sein

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Von: Christine Semmler

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Eine florierende Wirtschaft als Schlüssel: Detlef Protzmann wünscht sich nachhaltige Entwicklung und Innovation für die Gemeinde.
Eine florierende Wirtschaft als Schlüssel: Detlef Protzmann wünscht sich nachhaltige Entwicklung und Innovation für die Gemeinde. © Axel Häsler

Als Startpunkt des gemeinsamen Spaziergangs hat Detlef Protzmann die Wiesen an der Staustufe gewählt. Hier hat man einen guten Blick auf das Kraftwerk und das Gewerbegebiet an der Limesbrücke, das sich in den kommenden Jahrzehnten grundlegend wandeln soll. „Großkrotzenburg muss wieder Geld verdienen“, sagt er. Die Potenziale sieht er klar in der Wirtschaft.

Sie ist das Metier, aus dem er beruflich kommt. Seit Jahrzehnten sei er in internationalen Unternehmen als Führungskraft und im Projektgeschäft tätig, erzählt der 57-Jährige. Aktuell ist er im Vertrieb eines Software-Entwicklers beschäftigt. Als Vorbild nennt der gelernte Elektroingenieurs Martin Woythal, Bürgermeister von 1958 bis 1968, der Großkrotzenburg einst zur Blüte gebracht hat.

Zum Spaziergang mit unserer Zeitung kommt er leger, in Daunenjacke und Turnschuhen. Er ist ein kumpelhafter Typ, sehr offen, lacht viel. Zum Gespräch hat er seine Lebensgefährtin Christine Dittrich mitgebracht. Sie ist 2016 als Bürgermeisterkandidatin angetreten, zog die Bewerbung dann aber aus persönlichen Gründen wieder zurück.

Wahl-Großkrotzenburger seit über zehn Jahren

Die Wahl-Großkrotzenburger (beide wohnen hier seit über zehn Jahren) haben 2019 die Bürgerinitiative „Quo Vadis“ mitgegründet, die sich mit der Innenstadtbelebung, einem Verkehrskonzept, der Gründung des Markttages und Familienfragen auseinandersetzte, bis die Pandemie alles ausbremste. „Wir lieben diesen Ort“, sagt Protzmann. Politik sei eine Leidenschaft, die sie mit vielen Großkrotzenburgern verbindet.

Protzmann hat sich im Dezember kurzfristig entschieden, zu kandidieren, als drei junge Bewerber bekannt waren: Marcus Rosen, (38, inzwischen aus dem Rennen), Theresa Neumann (31), und Lucas Bäuml (33). „Ich finde, gerade bei wirtschaftlichen Themen braucht die Gemeinde eine Seniorität“, sagt er. Dass später doch noch Thorsten Bauroth und Michael Ruf als ältere Bewerber hinzukamen, sieht er als Gewinn. Der Spaziergang über die Wiesen führt an den Rinderställen des örtlichen Charolaisbetriebs vorbei. Landwirt Zeller steht am Tor, der Bürgermeisterkandidat kommt schnell mit ihm ins Gespräch. Ob er denn mit Daniel Protzmann von der FDP verwandt sei, fragt der Landwirt. Der 57-Jährige lacht. „Das werde ich immer wieder gefragt“, sagt er. Und: nein. Eine Verwandtschaft sei ihm zumindest nicht bekannt.

„Ich rede Tacheles“

Protzmann, ist für viele ein Überraschungskandidat gewesen. In der Ortspolitik war er bisher nur wenigen bekannt. Er ist überzeugt, dass die Gemeinde einen völlig unabhängigen Kandidaten an der Spitze braucht. Anders als der parteilose Thorsten Bauroth, der eine CDU-Vergangenheit hat oder das Grünen-Urgestein Michael Ruf, der jetzt als Unabhängiger antritt, hat er nie einer Partei angehört. Sein Antrieb sei aus dem Gespräch mit den Bürgern gewachsen. „Ich habe den Bezug zur Basis“, sagt er. Er komme mit den Menschen gut aus, „Ich kann aber auch meine Meinung sagen.“

Kürzlich, erzählt er, hat er Altbürgermeister Klaus Reuter besucht. Der nämlich hatte einen Leserbrief ans Gemeindeblatt geschrieben und sich nicht gerade positiv über Protzmann geäußert. Nach kurzem persönlichem Austausch war der Zwist ausgeräumt: Zum Beweis zückt Protzmann sein Handy, zeigt ein Selfie von sich und dem strahlenden Reuter. „Das ist meine Art. Ich suche die offene Konfrontation und rede Tacheles.“

Und so tourt er derzeit durch den Ort, um seine Ideen mit Organisationen, Vereinen und Einrichtungen zu diskutieren: im Familienzentrum HeyFritzi, bei den Gemeindewerken, in der Kreuzburgschule. „Das Franziskanergymnasium ist eine von 17 hessischen MINT-Schulen“, sagt er. Aber dieser Vorteil werde in der Gemeinde nicht genutzt. Eine seiner Ideen wäre, im Gewerbegebiet an der Limesbrücke ein Innovationszentrum mit der Schule zu errichten.

Detlef Protzmann und seine Lebensgefährtin Christine Dittrich (Mitte) gehen gemeinsam mit dem HA durch ihre Gemeinde.
Detlef Protzmann und seine Lebensgefährtin Christine Dittrich (Mitte) gehen gemeinsam mit dem HA durch ihre Gemeinde. © Axel Häsler

Bürgerhausabriss „ist Quatsch“

Er hat viele solcher Visionen, würde als Bürgermeister nichts unversucht lassen, diese Ideen mit dem Eigner des Geländes, dem Energieversorger Uniper, zu diskutieren. Sicher gebe es Skeptiker, die meinen, die Gemeinde habe hier wenig Mitspracherecht. „Aber ich will es probieren.“ Kommunikation, Tatkraft und Durchhaltevermögen seien schließlich seine Stärken. Auch die Planungen der Gemeindewerke, das Wasser des Mains und Sonnenkraft zur Gewinnung von Fernwärme einzusetzen, wolle er begleiten. „Ich war selbst schon früh regenerativ unterwegs“, so Protzmann. In seiner früheren Heimat Mühlheim habe er 2002 das erste Passivhaus der Stadt gebaut.

Wäre er Bürgermeister, würde er sich dafür einsetzen, das Bürgerhaus energetisch sanieren zu lassen. „Es wäre Quatsch, es abzureißen und es an einen Investoren zu verscherbeln“, findet er. Er sei dafür, das Grundstück in der Gemeinde zu halten und den Betrieb des Bürgerhauses in eine GmbH auszugliedern. Ähnliches kann er sich auch für das  Strandbad vorstellen. Dann wäre auch eine Öffnung im Winterhalbjahr wieder möglich – mit Möglichkeiten für Ostermarkt, Weihnachtsmarkt und Freizeitgestaltung – ähnlich wie in der Vergangenheit. „Dass man das Bad wirtschaftlich führen kann, zeigt der aktuelle Pächter“, sagt Protzmann.

„Großkrotzenburger wünschen sich einen Bürgermeister zum Anfassen“

Seine ersten Handlungen als Verwaltungschef wären: Die aufgelaufenen Aufträge der Gemeindevertretung einer Inventur unterziehen, die Aufgabenverteilung in der Verwaltung prüfen und sicherstellen, dass das Personal passt. Dabei, sagt er, käme ihm seine 20-jährige Erfahrung in der Personalführung sicher zu Gute.

Detlef Protzmann würde gerne ein bürgernaher Rathauschef sein. „Wir haben so viele engagierte Bürger mit tollen Ideen“, erklärt er. „Aber sie vermissen die Unterstützung der Gemeinde.“ Seine Lebensgefährtin Dittrich gibt ihm recht: „Die Großkrotzenburger hätten gerne einen Bürgermeister zum Anfassen, einer, der zu Eröffnungen kommt, den man auf dem Wochenmarkt trifft. Einer von ihnen, der auf ihre Probleme eingeht und der sie über die aktuellen Entwicklungen informiert.“ Wie er seine Chancen sieht? „Ich habe nichts zu verlieren“, sagt Protzmann. „Ich bekomme jeden Tag Bestätigung. Egal wie ich aus der Wahl rausgehe, wird es ein Gewinn sein.“

Was sie für die Gemeinde tun wollen, möchten Protzmann und Dittrich bald an einem Wahlstand präsentieren. Wenn das aus Infektionsschutzgründen nicht klappt, ist eine kleine Hofparty in ihrem Garten geplant. Vieles organisieren Dittrich und Protzmann gemeinsam. Zum bürgernahen Rathauschef gehöre schließlich auch seine Frau, finden sie.

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