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Parlamentssitzung in Großkrotzenburg eskaliert

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Von: Christine Semmler

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Selbst über das umstrittene Bürgerhaus, in dem die Parlamentssitzungen stattfinden, gab es übergangsweise einen Konsens. Archivfoto: Axel Häsler
Selbst über das umstrittene Bürgerhaus, in dem die Parlamentssitzungen stattfinden, gab es übergangsweise einen Konsens. Archivfoto: Axel Häsler © -

Die neue Bürgermeisterin Theresa Neumann (CDU) verlässt die erste Gemeindevertretersitzung ganz zufrieden mit sich: Mit einem kleinen erleichterten Schnaufen tritt sie aus dem Saal. „Es lief ganz gut, finde ich“, sagt Neumann. Parlamentssitzungen sind hier in der Gemeinde so gut wie nie reibungslos, das kennt sie als Profi in der Ortspolitik.

Und tatsächlich hat es am Freitag, nach zwei Stunden demonstrativer Harmonie, zum Schluss doch wieder ordentlich geknallt. Aber beginnen wir von vorne.

Die erste Sitzung nach Ernennung der neuen Bürgermeisterin hatte eine übersichtliche Tagesordnung: Auf dem Plan standen die Kernthemen der Gemeinde. Das sind derzeit die städtebauliche Vereinbarung mit der Tennet GmbH, die ihr Umspannwerk am Main ausbauen will und eine Übergangslösung für das Bürgerhaus. Auch über den Bebauungsplan für die Solarthermieanlage wurde abgestimmt und darüber, wie sich die Gemeinde auf den Ganztagsanspruch für Grundschulkinder bis 2030 vorbereiten will (Beschlüsse siehe Kasten).

Einigkeit in Übergangslösung für Bürgerhaus

In allen Punkten waren sich die Fraktionen weitgehend einig. Sogar die Übergangslösung für das Bürgerhaus, ein Thema, das in der Vergangenheit immer zu scharfen Diskussionen geführt hat, wurde nahezu einstimmig beschlossen. Lediglich Aloys Lenz (fraktionslos) enthielt sich, mit der Begründung, die „x-te Verlängerung des Pachtvertrages“ zeuge von der „alten Politik Großkrotzenburgs“, die Dinge immer wieder nach vorne zu schieben. Ein Abriss sei die beste Lösung.

Bis hierhin erschien die Sitzung geprägt von einer Harmonie, wie sie in Großkrotzenburg zuletzt selten vorkam: Die Zeichen stehen auf Neuanfang. Der Amtsantritt der neuen Bürgermeisterin scheint sich generell positiv auf die Stimmung im Parlament auszuwirken. Neumann, die gerade einmal seit einer Woche im Amt ist, meisterte die neue Rolle gut, gab in der Grundschulbetreuungsfrage sogar schon eine Rückmeldung zum Verhandlungsstatus und sprach demonstrativ das „Zauberwort“ aus, das ihren neuen Kurs kennzeichnen soll: „Hier findet Kommunikation statt.“

Lenz bringt gleich drei Anträge ein

Auf neue Anträge hatten die Fraktionen durchweg verzichtet, möglicherweise, um Neumann den Start etwas zu erleichtern. Es ist bekannt, das sich in der Verwaltung ein Stau von Aufträgen angesammelt hat, den es abzuarbeiten gilt.

Der fraktionslose Lenz hatte dafür gleich drei Anträge auf die Tagesordnung gebracht. Antrag eins: Der Gemeindevorstand solle bis August einen Frauenförder- und Gleichstellungsplan aufstellen. Dass es dazu einen Änderungsantrag aller Fraktionen gab, der die Frist entschärfte, erzürnte ihn offensichtlich.

Es sei in seinen Augen „eine beschämende politische Trickserei“, so Lenz. Sie diene dazu, das bisherige Versagen der Fraktionen in diesem Punkt zu verschleiern und „nicht sagen zu müssen, Lenz hat den Impuls gegeben.“

Von Max Schad (CDU), dem er einst „das politische ABC“ beigebracht und von Lucas Bäuml (Grüne), mit dem er kürzlich ein gutes Gespräch geführt habe, sei er menschlich enttäuscht. Und an Neumann richtete er sogleich die Frage, ob sie „dieses Niveau“ künftig dulden wolle. Prompt folgte eine „Stilkritik“ von Daniel Protzmann (FDP), der Lenz aufforderte, sachlich zu bleiben und „persönliche Konflikte unter vier Augen zu klären.“

Neumann: Gleichstellung ist wichtiges Anliegen

Schließlich erteilten die vier Fraktionen sowie der fraktionslose Michael Schäfer dem Ursprungsantrag von Lenz geschlossen eine Absage. Bürgermeisterin Neumann trat derweil schlichtend ans Rednerpult: Der Gleichstellungsplan sei ihr ein wichtiges Anliegen und sie sei in dieser Sache schon tätig geworden.

Auch der zweite Antrag von Lenz, eine Beleuchtung des Radweges zwischen Großkrotzenburg und Großauheim zu installieren, wurde von den übrigen Parlamentariern abgelehnt, und zwar undiskutiert. Lenz’ dritter Antrag, und letzter Punkt auf der Tagesordnung, forderte die „Erstellung eines Energiesparkonzeptes durch die Gemeinde“, bedingt durch die aktuelle Krise.

Er gehe davon aus, dass auch dieser Vorstoß vom Parlament abgelehnt werde, so Lenz erbost: „Ich ziehe den Antrag zurück.“ So endete die Sitzung, die so einmütig begonnen hatte, doch wieder mit einem Paukenschlag. (Christine Semmler)

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