Im Auftrag der Natur

Wir treffen Alexandra Mohler an ihrem Lieblingsplatz: einer selbst gebauten Holzhütte auf dem Radgestell eines Holzrückewagens. „Die hat mein Bruder mir im vergangenen Jahr zum 50. Geburtstag geschenkt“, erzählt sie strahlend.
Vom gemütlichen Hängestuhl aus hat sie freien Blick auf die Streuobstwiese im Familienbesitz. Einen Hektar zusammenhängendes Landschaftsschutzgebiet nennen sie und ihr Bruder Achim Mayer ihr eigen – die Familie Mayer ist seit Generationen in der Gemeinde beheimatet, der Großvater lebte noch von der Landwirtschaft, hatte Kühe und Schweine. „Sein Haupterwerb war das Holzrücken“, erzählt Mohler. Anders als heute erledigten das damals Kaltblut-Pferde. „Maschinen hatte mein Opa keine.“
Mohler erinnert sich an eine Kindheit zwischen Heuernten, Lagerfeuer, Apfelschwemmen und Fahrten auf den Pferdewagen. „Ich war immer oft hier“, erinnert sie sich mit Blick auf das weitläufige Areal, das bis vor wenigen Jahren noch von ihren Eltern landwirtschaftlich genutzt wurde.
Im vergangenen Jahr haben sie und ihr Bruder es in eine artenreiche Naturwiese umgewandelt, unterstützt vom Landschaftspflegeverband Main-Kinzig. Die Wiese wird in den kommenden Jahren vom Kreis als Evaluationsfläche genutzt, um festzustellen, wie sich die Arten auf einer renaturierten Fläche entwickeln.
Sich mit der Natur zu beschäftigen, sagt sie, sei für sie sehr wichtig. Die Mutter zweier Kinder arbeitet seit geraumer Zeit als ehrenamtliche Naturschutzbeauftragte der Gemeinde Großkrotzenburg. „Ich sehe mich als Vermittlerin“, sagt sie.
Für viele Bürger ist sie erste Ansprechpartnerin, wenn sie ein Vogeljunges finden, das aus dem Nest gefallen ist oder ein Waschbär ins Haus eingedrungen ist. Sie hilft mit, wenn Kauzröhren aufgehängt werden oder vermittelt in Naturschutzfragen zwischen Landwirten und Gemeinde.
Besonderes Augenmerk auf das Naturschutzgebiet Schifflache
Ein ganz besonderes Augenmerk hat sie auf das Naturschutzgebiet Schifflache. Für den versumpften Auwald zwischen Hanau und Großkrotzenburg hat sie die Betreuung übernommen, und das ebenfalls unentgeltlich. „Ich fahre oft mit dem Fahrrad hierher und schaue nach dem Wasserstand oder anderen Dingen“, sagt sie. Sie führt Begehungen mit dem Förster, dem Jäger oder einem befreundeten Biologen durch. „Ich sauge das Wissen der Experten förmlich auf“, sagt sie und fügt bescheiden hinzu: „Ich muss noch so viel lernen!“ Was bei den Besichtigungen auffällt, meldet Mohler der Oberen Naturschutzbehörde in Darmstadt. Und weil sie unbestritten selbst Expertin ist, bietet sie regelmäßig Familienführungen für das Hanauer Umweltzentrum durch „ihre“ Schifflache an.
Auch beruflich widmet sich Mohler inzwischen ganz dem Thema Natur und ihren Materialien: Sie arbeitet als pädagogische Fachkraft in der Hanauer Elisabeth- Schmitz-Schule und bringt förderbedürftigen Kindern in Lese- und Bastelstunden sowie in Kunstprojekten die Natur nahe. Manchmal bringt sie auch schon mal Kaulquappen oder eins ihrer Hühner mit in die Schule.
Sozusagen nebenbei führt sie Kräuterwanderungen und Kunstworkshops durch, betreut Ferienspielgruppen oder Naturprojekte an der örtlichen Geschwister-Scholl-Schule. Inzwischen ist sie eine sehr gefragte Naturpädagogin, ihr Kalender ist proppenvoll.
Dabei hatte sie nach dem Abitur am Kreuzburg-Gymnasium erst einmal eine ganz andere Richtung eingeschlagen: Sie ließ sich zur Schriftsetzerin in einer Erlenseer Druckerei ausbilden. 1997 eröffnete sie zudem mit ihrem Mann Thomas den eigenen Buchladen „Lesebär“ in der Bahnhofstraße, der in diesem Jahr sein 25-jähriges Bestehen feiert.
Zweijähriger Kurs in Waldpädagogik
Der Druckerzeugnis--Branche blieb sie treu, bis 2003 und 2005 ihre beiden Kinder Jakob und Klara auf die Welt kamen. Danach begann sie, andere Prioritäten zu setzen, und machte ihre Leidenschaften für kreative Handarbeit und Naturpädagogik zum Beruf.

„Natur ist schon immer mein Ding“, sagt sie. „Irgendwann habe ich bereut, dass ich keine entsprechende Ausbildung gemacht habe, beispielsweise Forstwirtschaft“, erinnert sie sich. Kurzerhand meldete sie sich für einen zweijährigen Kurs von Hessen Forst in Waldpädagogik an, der in zwei Modulen Wissen über den Forst und über Pädagogik vermittelte. 2017 legte sie schließlich erfolgreich ihre Prüfung ab.
Mohler liebt es, mit Kindern zu arbeiten: „Sie sind mit so viel Begeisterung dabei“, berichtet sie. „Und wenn ein Projekt zu Ende ist, fragen sie mich immer, ob ich denn bald wieder komme.“
Kleine Holzhütte ist Rückzugsort
Um den Terminstress und die Belastungen aus dem Förderschulalltag zu verdauen, zieht sie sich gerne in ihr gemütliches Hüttchen in der Natur zurück. „Ich lade auch sehr gerne Freunde hierher ein“, erzählt sie. Es ist ein Wohlfühlort, den man nicht gerne wieder verlässt, auch wenn das Gespräch zu Ende ist. Aber es hilft ja nichts. Alexandra Mohler begleitet uns noch zurück zum Parkplatz. Dann steigt sie auf ihr hellblaues Fahrrad und fährt ganz entspannt davon. Christine Semmler