Neues Führungstrio der Feuerwehr Großkrotzenburg will die Truppe für die Zukunft aufstellen

Sie haben ganz unterschiedliche Biografien, aber eines verbindet sie: echte Leidenschaft für die Feuerwehr. Das neue Führungstrio der Großkrotzenburger Brandschützer will frischen Wind in die Truppe bringen – und sie für die Zukunft einsatzstärker aufstellen.
Michael Thieroff (51) ist am 1. Mai vom ersten Stellvertreter zum Gemeindebrandinspektor (Gembi) aufgestiegen. Er stammt aus Oberfranken, ist dort als schon Teenager in die freiwillige Feuerwehr eingetreten und ihr treu geblieben, als er 2006 nach Großkrotzenburg kam. Der gelernte Journalist ist verheiratet, arbeitet seit einigen Monaten als Digitalisierungsbeauftragter in der örtlichen Verwaltung und betreibt „nebenbei“ noch eine kleine Brauerei.
Sein erster Stellvertreter Patrick Looß (27) ist in Linsengericht groß geworden und arbeitet als Lehrer an einer Nidderauer Schule. Seit 2005 ist er in der freiwilligen Feuerwehr aktiv, zehn Jahre davon in Großkrotzenburg. Zuletzt war er zweiter Stellvertreter des bisherigen Gembis Oliver Groß und ist seit 2021 Kreisausbilder. Looß engagiert sich im Geschichtsverein, organisiert Fasching und Kerb mit. Und im nächsten Jahr, erklärt er, wird geheiratet.
Viel Zeit für Hobbys bleibt der Führungsriege nicht
Jens Keck (47), der beim Deutschen Roten Kreuz in Offenbach beschäftigt ist, stammt ursprünglich aus Hainstadt. Bevor er 2018 nach Großkrotzenburg gezogen ist, hat er auf der anderen Mainseite eine beachtliche Brandschützer-Laufbahn hingelegt: er war Jugendwart, stellvertretender Gembi und Kreisbrandmeister. Viel Zeit für Hobbys bleibe nicht, sagt er, außer für seine zwei Hunde und das Reisen.
Gemeinsam will die dreiköpfige Führungsriege die Großkrotzenburger Feuerwehr auf solide Füße stellen. „Unsere oberste Priorität ist es, aktive Mitglieder zu gewinnen“, erklärt Thieroff. Damit meint er zwar auch die Jugend, aber in erster Linie sogenannte Seiteneinsteiger, die nach einem dreiwöchigen Grundlehrgang schon bei Einsätzen mitfahren können. „Wir brauchen Leute, und zwar schnell.“
Deshalb hat sich die Feuerwehr zur Zusammenarbeit mit einer Medienagentur entschlossen, die sie unterstützt. Ziel ist es, mehr Menschen für eine Aktivität bei der Feuerwehr zu begeistern.
Personalmangel ist größtes Problem
Der Hintergrund: Die 7500-Einwohner-Gemeinde gilt durch das Strandbad, das Kraftwerk, die nahegelegene Industrie und den Main als Kommune mit hoher Gefahrenstufe und braucht deshalb relativ viel Personal. Die Mindeststärke müsste nach aktuellem Schlüssel 68 Leute betragen: 34 Männer und Frauen, um alle Fahrzeuge zu besetzen und noch einmal so viele als Ausfallreserve. Tatsächlich steht lediglich eine Vollbesatzung zur Verfügung.
Der Personalmangel ist ein Problem, mit dem die Feuerwehr in Großkrotzenburg nicht alleine dasteht. Tagsüber wird die Truppe deshalb oft von den Kollegen aus Großauheim unterstützt. „Wir müssen sehr genau im Voraus denken“, erklärt Looß. Für jedes denkbare Szenario gebe es genaue Besetzungspläne.
Eine Dauerlösung sei das aber angesichts steigender Einsatzzahlen nicht. Auch das Feuerwehrgerätehaus, zu Zeiten seines Baus in den 60er Jahren eines der modernsten in Hessen, hat längst seinen Zenit überschritten: Die Schulungsräume sind viel zu klein, es fehlen Einsatzumkleiden für Frauen. Auch der Platz in der Fahrzeughalle reicht nicht aus. „Zwei Fahrzeuge haben wir dauerhaft draußen stehen“, sagt Keck.
Am liebsten würden die Kameraden am angestammten Standort bleiben, erläutert Thieroff. Die Gemeinde erwägt, den angrenzenden Bauhof an einen anderen Platz zu verlegen: Das wäre eine Perspektive für mehr Fläche. Längst hat sich die Feuerwehrführung mit dem Gemeindevorstand abgestimmt, an welchen Stellen Handlungsbedarf besteht. Eine Machbarkeitsstudie ist in Arbeit, sie soll in Kürze Aufschluss über die Möglichkeiten geben. „Wir können nur auf die Defizite hinweisen“, sagt Keck. „Handeln müssen am Ende die politisch Verantwortlichen.“
Langes Warten auf dringend benötigte Fahrzeuge
Die Zusammenarbeit mit der Gemeinde beschreiben die drei als sehr konstruktiv. Umgekehrt wisse man, dass die Kassen klamm, die Mittel beschränkt sind. „Aber die Einsatzfähigkeit der Feuerwehr darf keinesfalls aufs Spiel gesetzt werden“, mahnt Keck. Was die Feuerwehrleute im Ehrenamt leisten, nämlich den Schutz der Bevölkerung und der Gemeinde, könne nicht hoch genug bewertet werden.
Unter das Stichwort „Höhere Gewalt“ fällt hingegen das lange Warten auf zwei neue Fahrzeuge, die dringend gebraucht werden. Schon längst hätte der Gerätewagen Logistik da sein sollen, wegen Lieferschwierigkeiten werde er frühestens Ende 2023 in der Halle stehen, sagt Thieroff. Wann mit dem dringend benötigten neuen Tanklöschfahrzeug zu rechnen ist, sei noch völlig unklar. Die Führungsriege sieht die Herausforderungen sportlich: Schließlich sei es die Aufgabe der Feuerwehr sich auf schwierige Situationen einzustellen.
Den politischen Umbruch in der Gemeinde – neue Kräfteverhältnisse seit 2021 und den baldigen Antritt der neuen Bürgermeisterin – betrachtet Thieroff als Chance: „Das kann richtig klasse werden, wenn wir gut zusammen arbeiten.“ Christine Semmler