1. Startseite
  2. Region
  3. Main-Kinzig-Kreis
  4. Hammersbach

Bürgerinitiative kritisiert Hammersbacher Koalition wegen Logistikhalle

Erstellt:

Von: Jan-Otto Weber

Kommentare

„Rettet unsere Zukunft“ steht auf einem Wahlplakat der Grünen zur Kommunalwahl im März 2021, während im Hintergrund Erdarbeiten für die sogenannte Westerweiterung laufen. Grüne und CDU hatten sich seinerzeit nach der Wahl als Koalition darauf verständigt, den Bau der dritten Halle zu verhindern, was misslang. Archiv
„Rettet unsere Zukunft“ steht auf einem Wahlplakat der Grünen zur Kommunalwahl im März 2021, während im Hintergrund Erdarbeiten für die sogenannte Westerweiterung laufen. Grüne und CDU hatten sich seinerzeit nach der Wahl als Koalition darauf verständigt, den Bau der dritten Halle zu verhindern, was misslang. © Jan-Otto Weber

Jahrelang verfolgten die Bürgerinitiative Schatzboden und die schwarz-grüne Koalition das gleiche Ziel: die dritte Logistikhalle der Dietz AG im Interkommunalen Gewerbegebiet Limes zu verhindern. Angesichts der verfahrenen juristischen Situation halten CDU und Grüne einen Hallen-Rückbau in absehbarer Zeit inzwischen für unrealistisch und ökologisch nicht sinnvoll. Die Bürgerinitiative will das nicht akzeptieren und appelliert an die Einhaltung der Wahlversprechen.

Hammersbach – Die Gremienvertreter der drei am Zweckverband Limes beteiligten Kommunen Hammersbach, Büdingen und Limeshain führen derzeit Gespräche, wie es mit der juristisch angefochtenen „Westerweiterung“ und dem Planungsverband selbst weitergehen soll. Darauf hatte sich die Verbandsversammlung in ihrer Sitzung am 8. März einstimmig geeinigt. Hintergrund ist, dass die schwarz-grüne Koalition in Hammersbach unter noch zu klärenden Bedingungen nun doch bereit ist, die dritte Logistik-Halle zu akzeptieren und durch einen von der Gemeinde aufgestellten Bebauungsplan nachträglich zu legitimieren.

Angesichts der bisher getroffenen juristischen Entscheidungen im Eilverfahren und der Aussichten auf einen gerichtlichen Erfolg der Klagen vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel gegen den Bebauungsplan der Westerweiterung spricht die Bürgerinitiative Schatzboden in ihrem am Montag versendeten Newsletter von einer „verkehrten Welt“.

BI: Bürger „irritiert, frustriert und wütend“

„Für viele ist kaum vorstellbar, dass die Hammersbacher Koalition am Ende die von Investor und ZWIGL-Vorsteher herbeigetrickste dritte Monsterhalle abnicken könnte, nachdem man doch juristisch klar auf der Erfolgsspur unterwegs ist“, schreiben Vorstand und Sprecherkreis der BI. Sowohl in der Kommunal- wie auch in der Bürgermeisterwahl hätten CDU und Grüne mit einem klaren Votum gegen weitere Logistikhallen am Limes beachtlich gepunktet. Viele Bürger reagierten nun „irritiert, frustriert, ja wütend auf die Zeitungsberichte über die laufenden Gespräche“.

Kritik üben die Hallengegner auch daran, dass der Landtagsabgeordnete Heiko Kasseckert als Vermittler auftritt. „Als Vorstandsmitglied im ‘House of Logistics and Mobility e.V." ist Heiko Kasseckert der Branche als Lobbyist verpflichtet“, urteilt die BI. Der Hammersbacher CDU wirft sie eine „biegsame Haltung“ vor, die Grünen setzten gar ihre politische Existenzberechtigung aufs Spiel.

Initiative betont „Vertrauensverhältnis“

In einer am Mittwoch veröffentlichten Pressemitteilung schlägt die Bürgerinitiative Schatzboden einen moderateren Ton an. Der BI-Sprecherkreis habe sich mit der Koalitionsdelegation ausgetauscht. „Grundsätzlich begrüßt die Bürgerinitiative jeden inhaltlichen Austausch über Belange, die für die Menschen in der betroffenen Region und darüber hinaus bedeutsam sind. Und selbstverständlich sehen und verstehen wir, dass die Hammersbacher Koalition in ihrer Arbeit weiter gefasste Aufgaben und Ziele verfolgen muss, als das für eine BI der Fall ist, die sich auf die Vertretung der Interessen der betroffenen BürgerInnen im Zusammenhang mit dem Gewerbegebiet konzentriert.“

Die bisherigen Beiträge der Koalition zur Aufarbeitung der Vorgänge um das Gewerbegebiet hätten ein „belastbares Vertrauensverhältnis“ begründet. „Die BI sieht die Hammersbacher Koalition als Teil einer breiten Interessengemeinschaft von BürgerInnen, Landwirtschaft, Umweltverbänden, Kirche und vielen politischen Akteuren“, so die Mitteilung. Die Koalition habe versichert, dass die eigentlichen Verhandlungen um die Halle 3 noch bevorstünden.

Unterstützung für Klage auf Rückbau der Halle

Die BI fordert die Koalition auf, ihre Wahlaussagen und ihre bisherigen Erfolge in der Interessenvertretung der Menschen gegenüber dem Investor und dem Zweckverband zur Grundlage und zum Ziel der Verhandlungen zu machen. Dies betreffe die konsequente Einforderung des Legalitätsprinzips, die Einhaltung von Wahlversprechen sowie eine neutrale und professionelle Verhandlungsbegleitung „durch nicht interessengeleitete Personen“. „Die BI selbst fordert unverändert, den Schaden, den der Investor in der illegal umgesetzten Westerweiterung angerichtet hat, so weit wie technisch möglich zu beheben und unterstützt weiter die Rückbauklage des BUND.“

Die schwarz-grüne Koalition wies am Donnerstag auf Anfrage unserer Zeitung die Kritik der BI Schatzboden deutlich zurück. „Selbstverständlich steht es der Bürgerinitiative frei Forderungen zu stellen – mit welchem Personal und mit welcher Zielsetzung die Koalition verhandelt, ist jedoch alleinige Angelegenheit der Koalition und ihrer internen Willensbildung“, so die Fraktionsvorsitzenden Alexander Kovacsek (CDU) und Antje Schöny (Grüne) in ihrer gemeinsamen Erklärung.

„Wir werden uns unsere Ziele und Schwerpunkte, wie in der Vergangenheit, weder von der BI noch von sonst jemand vorschreiben lassen und sind nur den Bürgerinnen und Bürgern unserer Gemeinde und der demokratischen Willensbildung innerhalb der Fraktionen verpflichtet.“

Koalition: „Brauchen keine Belehrung“

Die Koalition brauche auch keine Belehrungen bezüglich ihrer Wahlversprechen. „Wir haben gerade im Hinblick auf die 3. Logistikhalle alle rechtlichen Mittel ausgeschöpft, um den Bau zu verhindern, waren und sind vor Gericht erfolgreich und haben auch dem Versuch der SPD in der letzten Gemeindevertretersitzung, eine Rücknahme der Klage zu erreichen, eine klare Absage erteilt. Dass mit der weitgehenden Fertigstellung der Halle eine neue Sachlage eingetreten ist, dürfte allen, die sich um eine redliche Lösung des Konfliktes bemühen, einleuchten.“

Die Koalition überlege deshalb seit Monaten gewissenhaft, wie ein guter Kompromiss in dieser verfahrenen Lage aussehen könnte, „sonst wären wir auch nicht auf entsprechende Gesprächsangebote der Unternehmen eingegangen“. Der Vorstand des Zweckverbands habe mit seinem „kompromisslosen und rechtswidrigen Vorgehen“ 2021 den Zweckverband, die Gemeinden und auch die Hager Group in eine sehr schwierige Situation gebracht. „Dass sich der Zweckverbandsvorstand bis heute weigert, sein rechtswidriges Handeln einzugestehen und die rechtlichen Fakten anzuerkennen, macht die Lösungsfindung außerordentlich schwer“, so Kovacsek und Schöny.

Keine realistische Chance auf Rückbau

„Wir sehen es trotzdem als unsere Aufgabe, den aufrechten Versuch zu unternehmen, den vom Zweckverbandsvorstand und Bürgermeister Göllner herbeigeführten Totalschaden wenigstens teilweise zu heilen. Dabei haben wir, auch aus Gründen der Nachhaltigkeit, den Fokus auf Alternativen und realistischen Verbesserungen gelegt. Man kann zum Thema Abriss oder Rückbau stehen wie man will, dieser hat jedoch keine realistische Chance auf eine Umsetzung. Der Rechtsanwalt der Gemeinde Hammersbach, Thomas Eichhorn, hat mitgeteilt, dass der Main-Kinzig-Kreis ohne Zwang keine Rückbauverpflichtung gegenüber der Firma Dietz erteilen wird. Es nutzt nichts, den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit des Rückbaus als realistisch darzustellen, wenn die rechtliche Situation das, zumindest in einem überschaubaren Zeitrahmen von mindestens zehn Jahren, nicht hergibt.“

Die Koalition könne weder das rechtswidrige Handeln des Zweckverbands ungeschehen machen noch Wunder vollbringen. „Auch überregionalen Bestrebungen, die in Hammersbach ein Exempel statuieren wollen, erteilt die Koalition eine klare Absage“, so Kovacsek und Schöny. „Wir machen ausschließlich Kommunalpolitik, die zum Ziel hat, vernünftige Lösungen für Hammersbach herbeizuführen.“ (Von Jan-Otto Weber)

Auch interessant

Kommentare