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Emily Nöckel aus Hammersbach ist Jahrgangsbeste im Elektrobereich

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Beste ihres Jahrgangs: Emily Nöckel ist Elektrikerin für Energie- und Gebäudetechnik.
Beste ihres Jahrgangs: Emily Nöckel ist Elektrikerin für Energie- und Gebäudetechnik. © Ulrike Pongratz

Emily Nöckel ist Elektrikerin für Energie- und Gebäudetechnik und damit als Frau immer noch eine „Exotin“ in einem typischen Männerberuf. Im Kreis waren es drei junge Frauen von insgesamt 33 Auszubildenden, die im Februar bei der traditionellen Freisprechungsfeier der Innung für Elektro- und Informationstechnik auf der Ronneburg ihre Gesellenbriefe erhielten. Als Jahrgangsbeste schaffte Emily Nöckel als einzige die Abschlussnote „gut“.

Main-Kinzig-Kreis – Freitagabend zu Hause am Küchentisch erzählt die junge Hammersbacherin Emily Nöckel fröhlich und begeistert von ihrem Beruf als Elektrikerin für Energie- und Gebäudetechnik. Sie ist mit Leib und Seele Handwerkerin. „Ich sehe am Abend immer, was ich mit meinen Händen gemacht habe. Das macht mich sehr zufrieden. Und nicht nur mein Beruf ist sehr vielseitig. Es gibt so viele tolle Handwerksberufe.“

Emily Nöckel ist im Nachhinein „ihrem Chef“, Roland Buss, dankbar, dass er ihr diesen Weg in die Ausbildung eröffnet und schmackhaft gemacht hat. „Eigentlich hatte ich mich bereits an der Ludwig-Geißler-Schule im beruflichen Gymnasium angemeldet und wollte Abitur machen“, erinnert sich die 20-Jährige. Nach dem sehr guten Realschulabschluss an der Heinrich-Böll-Schule in Bruchköbel machte sie ein Berufspraktikum im Betrieb von Roland Buss, der sofort von der jungen Frau überzeugt war.

Ausbildung trotz Corona gemeistert

Schließlich „switchte“ sie um und besuchte ab August 2019 den Berufsschulzweig der Schule. Im März 2020 war wegen der Corona-Pandemie zunächst Schluss mit Schulbesuch, es gab Lernaufträge. Eine klare Regelung gab es für die Berufsschüler lange nicht, „Lernzeiten“ wurden individuell mit dem Betrieb vereinbart. Trotzdem klappte die Zwischenprüfung gut und im zweiten Lehrjahr gab es wieder Präsenzunterricht. „Sehr entspannt“ sei der Unterricht mit den Jungs gewesen, Probleme hätte es kaum gegeben, sie sei gut zurechtgekommen, sagt Nöckel.

Hier kommt der jungen Frau sicher zugute, dass sie mit zwei älteren Brüdern in einem Mehrgenerationen-Haus aufgewachsen ist. In der Familie ist es selbstverständlich, dass alle mit anpacken, wenn etwas in Haus und Garten zu tun ist. „Wir haben alle zusammen ein Baumhaus gebaut. Das hat richtig Spaß gemacht.“ Von zu Hause kennt Emily Nöckel nicht nur das gemeinsame Arbeiten mit Hammer, Säge und Pinsel, sondern sie hat auch erfahren, dass sich alle die Fürsorge um Familienmitglieder teilen. „Emilys Oma ist schwer erkrankt, da war sie zwölf Jahre. Wir haben sie hier im Haus gepflegt und das ging nur, weil wir uns die Aufgaben geteilt haben.“, erzählt die Mutter, die kurz dazukommt.

Werbung bei Mädchen für das Handwerk

Sie arbeitet in einem städtischen Jugendzentrum und organisiert dort einen „Berufe-Parcours“. Dort stellte Emily ihr Handwerk vor, machte mit den Schulabgängern kleine elektrische Aufgaben und warb vor allem bei den jungen Frauen für das technische Handwerk. „Es gibt so viele Mädchen, die handwerk- und technik-affin sind.“

Themen wie Bildungschancen und -gerechtigkeit, Berufstätigkeit von Frauen oder das soziale Miteinander beschäftigen die Hammersbacherin über ihren Beruf und ihre Familie hinaus. Emily Nöckel engagiert sich bei den Jusos im neu geründeten Ortsverband, weil sie einfach wichtig findet, an der Demokratie mitzuwirken und gesellschaftliche Prozesse mitzugestalten. „Wir reden zu wenig miteinander und hören zu wenig zu“, meint sie im Hinblick auf die Kommunalpolitik.

Bei den Jusos engagiert

„Sozial geprägt“ hat sie auch ihr Großvater mit seinen Erfahrungen als Grubenschlosser. „Solidarität ist ein wichtiges Thema. Nur gemeinsam können wir etwas erreichen“, sagt Emily Nöckel, die unter anderem deshalb Mitglied in der Gewerkschaft geworden ist. Zu den Hobbys von Emily Nöckel gehören das Singen im Chor und koreanischer Kampf- und Schwertsport, den sie während der Corona-Zeit entdeckte. Um körperlich fit zu bleiben, geht sie zudem gerne in Fitnessstudio.

Körperlich anstrengend ist die tägliche Arbeit als Elektrikerin durchaus. Früh morgens um 7 Uhr sitzt sie bereits hinter dem Steuer eines Kleinbusses und macht sich auf den Weg zu ihren Kunden im Rhein-Main-Gebiet. „Gut Autofahren sollte man als Handwerkerin auf jedem Fall können. Gerade in Frankfurt ist es mit dem Einparken nicht einfach.“

Ihre erste Fahrt – zwei Tage nach bestandener Führerscheinprüfung drückte ihr der Chef die Schlüssel in die Hand – es ging zunächst nach Alzenau. Auf die Elektrikerin warten viele Privatkunden. Emily Nöckel in ihrem leger getragenen „Graumann“ installiert dann Klingelanlagen oder neue Zähler für Photovoltaik-Anlagen.

Meisterschule ist nächstes Ziel

„Weiße Ware“, also Waschmaschinen oder Trockner zu liefern oder zu reparieren gehört auch zu ihrem Job, das aber macht sie eher selten. Sehr spannend war der Auftrag, für eine Maschinenhalle die gesamte Elektrik zu planen und zu installieren.

„Ich würde immer wieder in einem kleinen Betrieb lernen, weil hier die Tätigkeiten sehr vielseitig sind.“ Ein Jahr ungefähr will sie als Gesellin im Betrieb ihres Bruders arbeiten. Dann soll die Meisterschule in Lauterbach folgen. Als Meisterin stehen Emily Nöckel viele Wege offen: Vielleicht installiert sie weiter Anlagen, vielleicht geht sie mehr in Richtung Planung.

Auf jeden Fall will sie ausbilden und mehr junge Frauen für den Handwerksberuf gewinnen: „Es soll nicht immer heißen: Ein Mädchen, toll. Das sollte gar nicht mehr Thema sein. Es sollte mehr Frauen geben in technischen Berufen.“ (Von Ulrike Pongratz)

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