Hammersbach: Alexander Kovacsek ist seit 16 Jahren Kommunalpolitiker, jetzt ist er Bürgermeisterkandidat

Es ist einer dieser ersten richtig warmen Tage im Mai. Alexander Kovacsek wartet schon am Spielplatz an der Borngasse in Langen-Bergheim. Ein kleiner Junge rennt zur Schaukel, seine Mama hinter ihm her. Der Bürgermeisterkandidat der CDU hat den Ort ganz bewusst gewählt, nicht nur, weil seine fünfjährige Tochter Leia gern hier spielt, sondern auch, weil er das symbolisiert, was in der Hammersbacher Politik seiner Meinung nach gerade schief läuft.
Hammersbach – 32 Jahre lang hatte die SPD in der 5000-Einwohner-Gemeinde die absolute Mehrheit. Michael Göllner ist seit 18 Jahren Bürgermeister, wurde 2016 ohne Gegenkandidat wiedergewählt. Nach der Kommunalwahl im März 2021 haben sich die Mehrheitsverhältnisse in der Gemeindevertretung geändert. Die Koalition aus Christdemokraten (8 Sitze) und Grünen (4) hat zusammen eine Stimme mehr als die SPD (11 Sitze).
In jenem Kommunalwahlkampf hatte die CDU auch für einen Wasserspielplatz auf eben jenem Gelände an der Borngasse geworben. „Ein Spielplatz für alle Generationen sollte es werden mit mehr Pumpen und einer Kneipp-Anlage für die Älteren“, so Kovacsek. „Wir haben kein Schwimmbad in der Nähe, da wäre das was gewesen.“
Nach der Kommunalwahl wollten CDU und Grüne 12 500 Euro Planungskosten für das Projekt in den Haushalt einstellen, den Wasserspielplatz damit auf den Weg bringen. Aber es kam anders: Ein Abgeordneter der Grünen fiel wegen Corona aus – die Stimmverteilung daher 11:11.
„Gewisse Härte“ in Politik eingezogen
Der 41-Jährige trat ans Rednerpult, denn Gleichstand im Parlament ist gleichbedeutend mit Ablehnung. „Aber Krankheit soll doch keine politischen Mehrheitsverhältnisse untergraben“, sagt er im Gespräch mit unserer Zeitung. Die SPD blieb bei ihrer Meinung. „Es geht jetzt also noch mal in den Geschäftsgang“, so Kovacsek. Was ihn das über Lokalpolitik gelehrt hat? Der Mann mit dem kurzen Haar lacht. „Dass in der Politik vor Ort eine gewisse Härte Einzug gehalten hat. Auch wenn ich verstehe, dass der SPD der Verlust der absoluten Mehrheit weh tut, hätte ich mir hier mehr Großzügigkeit gewünscht. So haben wir unnötig ein halbes Jahr Verzögerung.“
Politische Niederlagen ist Alexander Kovacsek gewöhnt. 16 Jahre ist er Fraktionsvorsitzender der CDU, davon 15 Jahre in der Opposition. „Wir haben viel für den Papierkorb gearbeitet.“ Ein Grund, weswegen er jetzt kandidiert. Der Vater eines neunjährigen Sohnes und einer fünfjährigen Tochter, dessen Frau Adriane seit November den Vorsitz der CDU inne hat, strahlt innere Ruhe und Gelassenheit aus. „Die Kandidatur war gut überlegt und hat mich, egal wie es ausgeht, menschlich weitergebracht. Dafür bin ich dankbar.“
Alexander Kovacsek ist Hammersbacher, lebt mit seiner Familie Am Storchborn. Nach dem Besuch der Hanauer Otto-Hahn-Schule hat er Abitur an den Kaufmännischen Schulen II gemacht und dann Rechtswissenschaften in Frankfurt studiert.
Fünf Jahre lang die Mutter gepflegt
Mit Anfang 40 bekommt seine Mutter, Krankenschwester von Beruf, die Diagnose Multiple Sklerose, eine heimtückische Krankheit, bei der der Körper immer schwächer wird, der Geist aber bleibt. Kovacsek meldet an der Uni ein Urlaubssemester an und entscheidet, seine Mutter voll zu pflegen. Am Ende sind es fünf Jahre, die er sich, wie er sagt, aus dem Leben nimmt. Neidisch sei er damals auf seine Kommilitonen gewesen, die an ihm vorbeizogen. Richtung Abschluss. „Heute“, sagt er, „würde ich es wieder so machen, aber ich würde mir mehr Hilfe nehmen.“
Seine Eltern sind getrennt, der Vater zieht trotz Trennung aus Bruchköbel zurück ins elterliche Haus, um seinen Sohn zu unterstützen, die Ausbildung bei Gericht fertig zu machen, Familie zu gründen. „Wir haben es meiner Mutter zusammen ermöglicht, trotz dieser gemeinen Krankheit weiterzuleben. Sie sieht die Kinder groß werden – das ist toll“, erklärt der 41-Jährige. Er ist stolz darauf, stolz auf seine Familie. Das Erlebte, sagt er, relativiere viel, bringe einen zwangsläufig früh in Verantwortung.
Nach seinem Studium arbeitet er als Rechtsanwalt mit Schwerpunkt Zivilrecht in einer Kanzlei in Hanau. Bis 2019 ist er als Anwalt tätig, dann fällt ihm eine Werbebroschüre des Innenministeriums in die Hände.
„Das war gerade eine Zeit, wo ich das Gefühl hatte, dass unsere Demokratie Leute braucht, die für unser Gesellschaftssystem brennen.“ Kovacsek bewirbt sich, wird genommen und ans Regierungspräsidium nach Gießen abgeordnet. Hier vertritt er das Land Hessen am Landessozialgericht. Seine Themen: Opferentschädigung oder Hilfen bei Krankheit. „Die Arbeit hat mir wahnsinnig viel Freude gemacht, weil ich weiß, wie allein gelassen sich Leute fühlen können, wenn sie krank und auf Hilfe angewiesen sind.“
Vermittlung im Dannenröder Forst
Als um den Dannenröder Forst gekämpft wird, führt der Hammersbacher die Kooperationsgespräche mit den Demonstranten. In dieser Zeit hat er viel Kontakt ins Innenministerium. Von hier aus kommt im Dezember 2020 der Anruf und die Frage, ob der Jurist im Ministerbüro arbeiten möchte. Kovacsek sagt ja. Er ist dort für parlamentarische Anfragen zuständig, also für Fragen, die Abgeordnete stellen und die von der Verwaltung beantwortet werden müssen.
Ein politischer Mensch, neugierig und interessiert an Begründungen, sei er schon immer gewesen – und ab und an auch mal Gast in der Gemeindevertretersitzung. „Wie die absolute Mehrheit mit der Opposition umgegangen ist, fand ich immer unmöglich“, sagt Kovacsek. Die CDU habe seriös und ruhig gearbeitet, also entschied er sich 2006 für den Einstieg dort, war ab dem ersten Tag Fraktionsvorsitzender im Parlament. „Heute würde ich jungen Leuten raten: Geh’ nicht gleich nach vorn, schau’ erst mal, wie das alles funktioniert.“
2016 entschied die CDU, keinen Bürgermeisterkandidaten zu stellen. Es habe niemanden gegeben. Und nur aus Alibigründen . . . nein, das habe man nicht gewollt. Und warum jetzt? „Weil ich gefragt wurde“, sagt der 41-Jährige und schiebt hinterher, „und weil wir in den vergangenen sechs Jahren Entscheidungen getroffen haben, die nicht gut sind. Wenn ich es anders oder besser machen will, dann muss ich kandidieren.“

Anders gemacht hätte er es beim Thema Gewerbegebiet. Die Rechnung damals: 24 Hektar Fläche, ein Zweckverband mit Mitgliedern der drei beteiligten Kommunen Hammersbach, Limeshain und Büdingen. Maximal 20 Prozent der Fläche seien für Logistik vorgesehen gewesen. Das war ein gesunder Mix. Mit Dietz kam dann die Fokussierung auf die Logistik, auf einmal war vom Mittelstand keine Rede mehr. Bei der Westerweiterung seien zum Beispiel etwa 80 Prozent der Flächen als „Sondergebiet Logistik“ ausgewiesen. Wie hier Politik gemacht wurde, missfällt Alexander Kovacsek. Die rechtliche Prüfung des Bebauungsplans, angestrengt von CDU und Grünen, habe der Bürgermeister untersagt. Widerspruch, Beanstandung, jetzt entscheidet das Verwaltungsgericht, denn laut Kovacsek hätte der Beschluss zur Gebietserweiterung einstimmig erfolgen müssen; im Zweckverband gab es seinerzeit aber drei Gegenstimmen. „Das ist doch kein Umgang miteinander“, sagt der Christdemokrat.
Bereits an 1000 Türen geklingelt
Kovacsek ist – oft gemeinsam mit den Grünen – an den Haustüren unterwegs. Die Menschen, sagt er, seien froh, zwischen zwei Kandidaten, die sich auch unterscheiden, wählen zu können. 1000 Türen habe er durch und noch nirgends Freude gehört über die dritte Logistikhalle (statt vielfältigem Mittelstand), die trotz ausstehendem Gerichtsurteil weitergebaut wird, „so, als wolle man Entscheidungen schon vorab in Beton gießen“.
Kovacsek will Gewerbesteuer einnehmen, gute Arbeitsplätze und Bauten, die gebietsverträglich sind und ins Umfeld passen. All das sieht er mit Halle Nummer 3 nicht.
Kompromisse finden und die Beschlüsse der Gemeindevertretung umsetzen – das wolle er als Bürgermeister machen. „Die Gewerbesteuer, die dort nicht fließt, weil Dietz die Vermietung in der Hand hat, haben wir nicht für neue Bürgersteige. Ich sehe darin keinen Benefit für die Gemeinde“, so Kovacsek. Auf die Agenda hat er sich auch einen Ort für die Jugendlichen gesetzt. Das sei politisch 15 Jahre nicht gewollt gewesen – und jetzt erkenne plötzlich auch die SPD das Thema. „Die Jugendlichen wurden alleine gelassen. Ich vertraue darauf, dass die Bürger das sehen.“
Bei Platz 2 weiter Fraktionsvorsitzender
Alexander Kovacsek beschreibt sich selbst als glücklichen Menschen, der gern kocht, sogar im Urlaub, selbst Pesto macht und echte Carbonara-Soße. Mit dem Pesto versorgt er das ganze Ministerbüro. Dass er jetzt überall auf den Plakaten zu sehen ist, musste er neulich mit seinem neunjährigen Sohn Tamino besprechen. Der findet das nicht so toll, wenn der Papa bildlich an jeder Straßenecke steht. „Ich habe versucht ihm zu erklären, dass Demokratie ohne Kandidaten nicht funktioniert.“
Und wie geht’s weiter, wenn er nicht gewählt wird? „Auch wenn mein Wahlkampfteam das nicht gerne hört: In einer Demokratie gehört auch der zweite Platz dazu, da muss man trotzdem weitermachen.“ Dann bleibt er Fraktionsvorsitzender seiner CDU und bringt das Projekt Wasserspielplatz an der Borngasse von hier aus auf den Weg. (Von Yvonne Backhaus-Arnold)
Porträts, Positionen und Podiumsdiskussion
Am 12. Juni sind 3988 Hammersbacher Wahlberechtigte aufgerufen, darüber abzustimmen, wer in den kommenden sechs Jahren die Geschicke im Rathaus am Köbler Weg lenken soll. Die beiden Bewerber – Amtsinhaber Michael Göllner (SPD) und CDU-Fraktionsvorsitzender Alexander Kovacsek – stecken mitten im Wahlkampf.
Der HA stellt Ihnen, liebe Leser, heute den Kandidaten der Christdemokraten vor, am Freitag folgt das Porträt von Amtsinhaber Michael Göllner. Auch die verschiedenen Positionen der Kandidaten zu den wichtigsten Themen der Gemeinde werden wir in der kommenden Woche gegenüberstellen.
Wer sich die Bewerber vor der Wahl noch einmal live im direkten Vergleich anschauen möchte, kann dies am Donnerstag, 2. Juni, ab 19.30 Uhr im Bürgertreff Langen-Bergheim tun. Bei der HA-Podiumsdiskussion stehen Göllner und Kovacsek Rede und Antwort. Bürger haben zudem die Möglichkeit, eigene Fragen an die Kandidaten zu stellen. Schicken Sie uns einfach eine E-Mail an hammersbach@hanauer.de. Wir freuen uns auf die Diskussionsrunde. (bac)