1. Startseite
  2. Region
  3. Main-Kinzig-Kreis
  4. Hammersbach

Hammersbach: CDU und Grüne lehnen Solarförderantrag der SPD erneut ab

Erstellt:

Von: Jan-Otto Weber

Kommentare

„100 Solaranlagen für Hammersbacher Dächer“ (Symbolfoto) wird es nicht geben. Zumindest nicht mit Förderung durch die Gemeinde. Der SPD-Antrag wurde bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr bei Stimmengleichheit angelehnt.
„100 Solaranlagen für Hammersbacher Dächer“ (Symbolfoto) wird es nicht geben. Zumindest nicht mit Förderung durch die Gemeinde. Der SPD-Antrag wurde bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr bei Stimmengleichheit angelehnt. © Nestor Bachmann/dpa

Der Klimaschutz bestimmte die Debatte der Hammersbacher Gemeindevertreter am Dienstagabend im Bürgertreff Langen-Bergheim. Auf Antrag des Gemeindevorstands stand zunächst der von ihm verfasste Klimaaktionsplan zur Abstimmung, der den Ist-Stand in Sachen Klimaschutz in der Gemeinde und mögliche Maßnahmen für die nächsten fünf Jahre beschreibt.

Hammersbach – Da offenbar zunächst unklar war, ob der Plan zur Beantragung von Geldern zeitnah entschieden werden muss, hatte die Gemeindevertretervorsitzende Ursula Dietzel (SPD) ihn auf die Tagesordnung genommen, ohne dass er zuvor im Ausschuss diskutiert worden war.

Wie Erster Beigeordneter Andreas Dietzel (CDU) in Vertretung des erkrankten Bürgermeisters Michael Göllner (SPD) erklärte, hatte der Gemeindevorstand beabsichtigt, den Aktionsplan zunächst als „Diskussionspapier“ in den Fachausschuss zu geben. Nach aktueller Rücksprache mit dem Bürgermeister sei dafür auch noch Zeit, da er so ebenfalls noch rechtzeitig vor Verabschiedung des Haushalts 2023 beschlossen werden könne. Zudem wies Dietzel darauf hin, dass anders als im Antrag angegeben die Stelle eines Klimaschutzmanagers für die Gemeinde zum jetzigen Zeitpunkt doch förderfähig sei. Die Aktivitäten des Main-Kinzig-Kreises in Sachen Klimaschutz stünden dem nicht entgegen.

Ausschussvorsitzende Beck kritisiert „Zeitdruck“

Trotz der einhelligen Meinung, den Antrag in den Ausschuss für Umwelt, Landwirtschaft und Forsten zu verweisen, ließ es sich dessen Vorsitzende Irmgard Beck (Grüne) nicht nehmen, die angesprochenen Punkte in einem Redebeitrag kritisch aufzugreifen. Sie sei verwundert über den „Zeitdruck“, der bei diesem Antrag aufgebaut worden sei. Inhaltlich fehlten ihr eine Zielformulierung sowie die Transparenz der Zahlen. Beschlüsse wie die Waldstilllegung und die im Gremiengang befindliche „Lebensallee“ seien nicht berücksichtigt. Zudem empfahl sie, nun zügig eine Stelle für einen Klimaschutzmanager zu schaffen und sich nicht die Chance auf 70 Prozent Förderung entgehen zu lassen. Mit dem Hinweis der Gemeindevertretervorsitzenden Ursula Dietzel, dass die Unterlagen zur Sitzung immer mit der Ladung kämen und bei diesem Thema kein zusätzlicher Zeitdruck aufgebaut worden sei, erfolgte die Verweisung in den Ausschuss.

Doch wie sich drei Tagesordnungspunkte später herausstellte, war dies nur das Vorspiel zur Klimaschutzdebatte in dieser Sitzung. Denn nach Ablauf der halbjährlichen Sperrfrist brachte die SPD-Fraktion erneut ihren Antrag „100 Solaranlagen für Hammersbacher Dächer“ zur Förderung von privaten Photovoltaikanlagen durch die Gemeinde mit jährlich 20.000 Euro auf fünf Jahre ein. Wobei pro Anlage eine Höchstförderung von 1000 Euro erfolgen sollte. Am 22. Februar, zwei Tage vor Kriegsbeginn in der Ukraine, war der Antrag bei Stimmengleichheit abgelehnt worden.

SPD betont Dringlichkeit durch Energiekrise

Die Energiefrage habe seither jedoch dramatisch an Dringlichkeit zugenommen, so SPD-Vertreterin Susana Cid Jovic. Anstatt also auf einen Klimaschutzmanager zu warten, solle man jetzt die Sonnenkraft als einzig verfügbare erneuerbare Energiequelle in Hammersbach nutzen. Durch das Programm könnten 200 bis 300 Haushalte mit Strom versorgt werden. Es gebe bereits viele Anfragen von Hauseigentümern, die aufgrund der engen Kalkulation mit der Installation einer PV-Anlage zögerten. Das Programm liefere den letzten nötigen Anreiz. „Wir sind überzeugt, dass unser Haushalt durch das Förderprogramm nicht überstrapaziert wird, auch nicht in den kommenden Jahren“, so Cid Jovic. „Weil wir damit aber sehr, sehr viel erreichen können, wollen wir, dass es ohne Zögern losgeht. Jeder Tag zählt.“

Die Koalition aus CDU und Grünen sieht diesen Haushaltsspielraum jedoch nicht und befürchtet Mitnahmeeffekte von Hauseigentümern, die sich die Anlage auch ohne Förderung installieren würden. Der Anreiz von 1000 Euro sei angesichts der Gesamtinvestition für eine solche Anlage begrenzt, meinte Grünen-Fraktionssprecherin Antje Schöny.

Koalition will sozial gerechte Einsparförderung

Das Thema Klimaschutz sei komplex, die Koalition wolle im Sinne sozialer Gerechtigkeit alle Bürger durch möglichst viele unterschiedliche Aktivitäten mitnehmen und unterstützen. CDU und Grüne würden hierzu einen Antrag einbringen, der die Bürger finanziell und durch Energieberater beim Energieeinsparen unterstütze. „Jede eingesparte Kilowattstunde muss erst gar nicht produziert werden und schont sofort den Geldbeutel“, so Schöny. Genau da setze die Arbeit eines Klimaschutzmanagers an. Beispiele seien die Erneuerung der Heizungs-Umwälzpumpe, das Dämmen von Rollladenkästen, Solar-Thermie oder die geförderte Anschaffung energieeffizienter Haushaltsgeräte.

Ein Förderprogramm zur Anschaffung von Geräten habe es in Hammersbach ja auch schon gegeben, pflichtete SPD-Fraktionsvorsitzender Wilhelm Dietzel bei. Diese Maßnahmen würden dem SPD-Antrag ja auch gar nicht widersprechen. Die Energieeinsparung würde aber bei Weitem nicht die Dimension des Solarprogramms erreichen. Und er ließ sich zur Bemerkung hinreißen: „Jeder blamiert sich, so gut er kann“, was wiederum der CDU-Fraktionsvorsitzende Alexander Kovacsek als respektlos gegenüber den allgemeinen Bemühungen empfand, das beste Konzept zu finden. „Wir entscheiden uns nicht gegen ihren Antrag, sondern für unseren.“

Der Hinweis von Sandra Gerbert (Grüne) auf Änderungen im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), die ohnehin ab Januar 2023 gelten sollen, ging beinahe unter. Demnach soll bei PV-Anlagen die Einspeisebegrenzung auf 70 Prozent wegfallen, Einnahmen von Anlagen auf Privatgebäuden sollen von der Einkommenssteuer befreit werden und auch die Mehrwertsteuer für Lieferung und Installation entfällt.

Weitere Themen und Beschlüsse

Neue Gemeindevertreter: Zu Beginn der Sitzung begrüßte die Vorsitzende der Gemeindevertretung, Ursula Dietzel (SPD), zwei neue Gemeindevertreter: In der CDU-Fraktion folgt Harald Schlingloff auf Luca Elsässer. In der SPD-Fraktion folgt Benjamin Herrmann auf Anastasia Rottstedt.

Im Klageverfahren der Gemeindevertretung Hammersbach gegen die Beanstandungen von Bürgermeister Michael Göllner in Sachen „Westerweiterung“ gibt es nach Abschluss des Eilverfahrens (wir berichteten) keine neue Entwicklung. Als Verfahrens-Beauftragter der Gemeindevertretung wies CDU-Fraktionsvorsitzender Alexander Kovacsek allerdings auf das noch anhängige Hauptverfahren hin, weshalb der Berichtspunkt auch künftig auf der Tagesordnung der Gemeindevertretung beibehalten werden solle.

Amtseinführung verschoben: Da Bürgermeister Michael Göllner (SPD) krankheitsbedingt fehlte, wurde die Einführung in seine vierte Amtszeit verschoben. Deshalb fällt auch die für den heutigen Donnerstag geplante Bürgerversammlung aus.

Der Schlussbericht zur Prüfung des Jahresabschluss 2016 wurde einstimmig verabschiedet.

Defibrillatoren für Sportstätten werden auf einstimmig beschlossenen Antrag der SPD-Fraktion von der Gemeinde unter Berücksichtigung von Fördermitteln angeschafft. Vereinsmitglieder sollen in der Anwendung geschult werden.

Initiative „Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeit“: Auf einstimmigen Beschluss des SPD-Antrags tritt die Gemeinde Hammersbach der bundesweiten Initiative bei. Städte und Gemeinden wollen damit eine Gesetzesänderung erreichen, damit sie eigenständig innerorts zielgerichtete Geschwindigkeitsbeschränkungen anordnen können. (jow)

Auch interessant

Kommentare