Hammersbach: Gemeindevertreter diskutieren über Waldbewirtschaftung und Jugendbeirat

Die gute Nachricht vorab: Es sind noch einstimmige Beschlüsse und Kompromisse möglich in der Hammersbacher Gemeindevertretung. Und zwar nicht nur bezüglich der Anträge der Verwaltung zur Verlängerung des Vertrags über die Konzession mit MainKinzig Gas oder zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan „Druckerei Neiter und Wagner OHG“ und dessen geänderte Nutzung als allgemeines Gewerbegebiet.
Hammersbach – So einigten sich die antragstellende SPD-Fraktion mit der Mehrheitskoalition aus CDU und Grünen nach einigem hin und her darauf, die Aktualisierung der Richtlinien zur Förderung der Jugendarbeit in den Vereinen weiter im Ausschuss zu beraten. Und auch die jeweiligen Anträge der Koalition und der SPD zur Fachärzteversorgung der Hammersbacher Bürger wurden schließlich zusammengefasst und der Gemeindevorstand einstimmig mit der Prüfung der Bedarfe und Möglichkeiten für eine Ansiedlung von Medizinern beauftragt.
Gleiches gelang bei den beiden Anträgen von SPD und Koalition, die Barrierefreiheit im öffentlichen Raum, auf Straßen, Wegen und Plätzen zu verbessern. Wobei Antje Schöny für die Grünen betonte, dass der Koalition an einem grundsätzlichen Bewusstseinswandel gelegen sei und nicht nur an punktuellen Ausbesserungen, etwa von Straßenschäden. Als Beispiel nannte sie die Planung des Martin-Luther-Platzes in Marköbel und dessen Ausstattung mit schwarzen Ketten an dunklen Pollern auf dunklem Pflaster, was für sehbehinderte Menschen ein schlecht auszumachendes Hindernis darstellen könne.
Fraktionen positionieren sich nach der Kommunalwahl
Bei all diesen Punkten wurde deutlich, dass es den Fraktionen kurz nach der Kommunalwahl nicht nur um die Sache geht, sondern um eine grundsätzliche Positionierung nach der Änderung der Mehrheitsverhältnisse im Parlament. So konnte sich die SPD-Fraktionsvize Susana Cid Jovic den Hinweis nicht verkneifen, dass die Anträge der SPD zwei Wochen früher eingegangen seien als die der Koalition. CDU-Fraktionschef Alexander Kovacsek verwies auf den schwarz-grünen Koalitionsvertrag, in dem viele Themen bereits benannt seien. „Wir haben es nicht nötig, mit Gegenanträgen die Anträge der SPD wegzudrücken. Da unterschätzen Sie die Kraft und Ideen der Koalition.“ Woraufhin SPD-Fraktionsvorsitzender Wilhelm Dietzel erwiderte: „Ihnen ist aus jahrelanger Praxis bekannt, dass man zu bereits besetzten Themen keinen eigenen Antrag, sondern Änderungsanträge stellt. Dann müssten wir auch nicht den Verdacht haben, dass es Ihnen um die Deutungshoheit geht.“
Bei zwei Themen wurden dann aber doch noch Differenzen in der Sache deutlich, zumindest in der Herangehensweise. So plädierte Dietzel inständig dafür, den von der Koalition beantragten Jugendbeirat nicht „undemokratisch“ auf Vorschlag von Gremien zu besetzen, sondern von einer Vollversammlung der Jugendlichen wählen zu lassen, was auch der Mobilisierung und Motivation der jungen Leute diene.
Streit um Konstituierung von Jugendvertretung
Die Koalition vertritt hingegen die Ansicht, ein solches Gremium müsse erst behutsam begleitet und aufgebaut werden. Vor einer Wahl sollten sich die Jugendlichen zunächst kennenlernen, als Gruppe zusammenfinden und Hemmschwellen abbauen – immerhin gebe es seit Jahren kein Jugendzentrum mehr und damit auch keine „Jugendkultur“. „Wir wollen dieses Gremium der Jugendbeteiligung zum Erfolg führen“, entgegnete Kovacsek der SPD, die sich aufgrund der Erfahrungen aus der Vergangenheit und anderer Kommunen insgesamt skeptisch zeigte. „Wie sich der Beirat weiter etabliert, liegt in den Händen der Jugendlichen“, so Kovacsek. „Natürlich können dann auch Wahlen stattfinden.“ Der Antrag wurde gegen die Stimmen der SPD beschlossen.
Ebenso verlief die Abstimmung zum Antrag der Koalition, bestimmte Abteilungen des Hammersbacher Gemeindewaldes auf Eignung zur Umwandlung in „Naturwaldflächen“ zu prüfen. Mindestens zehn Prozent sollten zunächst aus der Bewirtschaftung genommen werden, um einen Beitrag zu Biodiversität und Klimaschutz zu leisten.
SPD zweifelt an Nutzen von kleinteiligen Naturwaldflächen
Dietzel hingegen führte eine lange Reihe von Punkten an, die einem solchen Beschluss ohne fundierte Expertise entgegenstünden. So sei der ökologische Nutzen bei solch kleinen Teilflächen nicht gegeben, und auch zum angestrebten Honorierungssystem über Ökopunkte gebe es bessere Alternativen. Bei einer solchen Jahrhundertentscheidung müsse man sich Zeit lassen und auch die Bürger beteiligen. Bürgermeister Michael Göllner (SPD) wies aus seiner Warte als Diplom-Forstwirt darauf hin, dass bereits jetzt Höhlen- und Horstbäume fakultativ geschützt seien und Naturschutz im Hammersbacher Wald nicht unter der „Käseglocke“, sondern auf der gesamten Fläche stattfinde.
Die Koalition zeigte für viele Punkte Verständnis und Zustimmung. Experten sollten gehört und Bürger beteiligt werden. In dem Antrag gehe es ja in einem ersten Schritt um Prüfung geeigneter Flächen. „Wir reden von zehn Prozent“, betonte CDU-Vertreter Markus Gutjahr. „Diesen Anteil setzen Bund, Land und andere Kommunen längst um. Warum sollte ausgerechnet Hammersbach dem nachstehen?“