Hammersbach: Obertor-Turm in Marköbel erhält neue Dacheindeckung und Fassade

Seit vergangener Woche ist der Turm am Obertor, noch existierender Zeuge der ehemaligen Marköbeler Befestigung, eingerüstet. Da vom Dach bei Wind schon einige Schieferziegel herab geweht wurden, musste die Verwaltung ihrer Verkehrssicherungspflicht nachkommen und schnell Abhilfe schaffen, stellte Bürgermeister Michael Göllner beim Ortstermin fest.
Hammersbach – Zusammen mit Bauamtsleiter Stefan Brezina und dem Vorsitzenden des Vereins für Kultur und Heimatgeschichte, Hartmut Schneider, nahm der Rathauschef das 15 Meter hohe markante Bauwerk am Eingang zum alten Ortskern näher in Augenschein.
Vom ehemaligen Obertor ist nach dem Abbruch des Wehrgangs im 19. Jahrhundert, der die Durchfahrt mit ihrem großen Holztor überdachte, nur noch der ortsbildprägende Turm mit seiner spitzen Haube erhalten. In enger Absprache mit der Denkmalschutzbehörde soll nun nicht nur die Dachbedeckung auf Schäden untersucht, sondern auch das darunter liegende Gebälk inspiziert werden. Sollten dort morsche Balken entdeckt werden, muss ein Ersatz mit bestimmten Holzarten nach Vorgabe der Denkmalschützer hergestellt werden. Erst dann darf die Schieferbedachung wieder fachmännisch aufgebracht werden.
Nach diesem Arbeitsschritt wird die Turmaußenseite komplett von Bewuchs frei gemacht und anschließend der Verputz abgedämpft und von Schmutz, Flechten und Moos befreit. In einem weiteren Arbeitsschritt bekommt der Turm einen neuen weißen Anstrich mit Trasskalk. Auch dieser Baustoff wurde von den Denkmalschützern vorgegeben, um den Turm so vor schnellen Ausblühungen zu schützen. An der Stelle, wo das abgebrochene Tor am Turm angesetzt war, wird die Verfugung entfernt und erneuert. Dieser Bereich wird danach nicht verputzt, um zu zeigen, wo das Obertor bis zu seinem Abriss stand. Anders wird mit einer Fläche an der Turmaußenseite in Richtung Ortsmitte verfahren. Dort war auch ein Tor zu einem inzwischen abgerissenen Anwesen angesetzt. Da keinerlei historischer Bezug zu diesem Tor nachzuweisen ist, wird diese Fläche verputzt und ebenfalls mit Trasskalk behandelt.

Wie es im Innenraum des Turms aussieht, weiß niemand, denn der Turm, dessen Einstieg sich in fünf Metern Höhe befindet und der nur über kleine Schießscharten verfügt, wurde schon seit Jahrzehnten nicht mehr geöffnet. „Es wird spannend, was wir im Innern finden werden“, sind sich Göllner, Brezina und Schneider einig. Deshalb ist auch noch nicht klar, wie künftig der Schutz gegen Tauben aussehen soll. Bislang wurden von außen Drahtgitter vor die Schießscharten geschraubt, um die Vögel vom Nisten im Innern des Turms abzuhalten.
Nach Aussage des Bauamtsleiters soll die Restaurierung des Obertorturms Mitte bis Ende November abgeschlossen sein. „Es wurden Mittel, die zunächst für die Sanierung der Friedhofshalle in Marköbel vorgesehen waren, im Etat umgeschichtet. Auch wegen der Verkehrssicherungspflicht, die Vorrang vor anderen Projekten hat. 75 000 Euro stehen für die Restaurierung bereits“, stellt Bürgermeister Göllner fest und freut sich, dass die Sanierung jetzt angegangen werden kann: „Unsere historischen Bauwerke sind für unsere beiden Ortsteile identitätsstiftend und prägend. Wir müssen heute die Verantwortung übernehmen, dieses historische Erbe auch für kommende Generationen zu bewahren. Über 600 Jahre hat der Turm schon überdauert. Wir wollen ihn für viele weitere Jahre sichern.“

Über die Geschichte des Obertors in Marköbel ist nicht allzuviel bekannt. „Da die gesamten Rechnungen der Gemeinde noch vorhanden sind, müsste man einen Interessierten finden, der sich durch die Zahlenwerke arbeitet. Denn über Handwerkerrechnungen müsste man herausfinden können, wann die Befestigung mitsamt den Toren gebaut worden ist und wann der Abriss des Tors erfolgte“, vermutet Hartmut Schneider.
Fest steht, dass 1368 Ulrich von Hanau vom deutschen Kaiser das Recht erhielt, Marköbel als Stadt mit Mauern zu befestigen. Marköbel wurde in der Folgezeit mit einer Ringmauer und freiem Umgang hinter der Mauer sowie mit mehreren Türmen, einem vorgelagerten Graben mit 14 Meter Breite und drei Meter Tiefe befestigt. Die einzigen Zugänge nach Marköbel durch das Untertor, die Gelnhäuser Pforte, und das Obertor, das Rödertor zum Baiersröderhof, waren durch Schlagbäume vor dem Graben bewacht.
Das Obertor bestand aus dem heute noch erhaltenen Turm und einer von einem Wehrgang überbrückten Durchfahrt. Der Wehrgang wurde Anfang des 19. Jahrhunderts abgebrochen. In einer Zeichnung von 1826 ist das alte Obertor überliefert. Die vollständig erhaltene Ringmauer wurde erst im Rahmen der Flurbereinigung 1905 abgebrochen und die neuen Zugangswege wie wir sie heute kennen geschaffen. (Von Thomas Seifert)