Hammersbach: VGH-Entscheid sorgt erneut für Debatte um „Westerweiterung“

In der letzten Sitzung vor der Sommerpause ging es am Donnerstagabend im Hohen Haus noch einmal hoch her. War die Anerkennung des Ergebnisses der Bürgermeisterwahl noch einstimmig erfolgt, nutzte die Fraktionsvorsitzende der Grünen Antje Schöny ihren Sachstandsbericht als Beauftragte der Gemeindevertretung im „Klageverfahren gegen die Beanstandung des Bürgermeisters“, um zugleich auch ihre Meinung zu dem Thema kundzutun.
Hammersbach – „Für mich ist das eine Sternstunde der Demokratie“, kommentierte Schöny eine in der vergangenen Woche bekannt gewordene Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Kassel. Dieser hatte in zweiter Instanz die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Frankfurt bestätigt, dass die Beanstandung der Koalitions-Anträge zum Interkommunalen Gewerbegebiet Limes durch Bürgermeister Michael Göllner (SPD) „zulässig, aber unbegründet“ gewesen sei. „Die Beschlüsse müssen somit umgesetzt werden“, so Schöny. „Kommunalpolitik findet nicht im rechtsfreien Raum statt. Es ist das, was wir wollten, dass auf das Verfahren von außen sauber draufgeschaut wird.“
CDU-Fraktionsvorsitzender Alexander Kovacsek setzte nach: „Wie beurteilt es denn die Gemeindevertretervorsitzende, wenn das höchste Hessische Gericht feststellt, dass das Handeln des Bürgermeisters und seine Blockade der Beschlüsse des obersten Gemeindeorgans rechtswidrig sind?“ Die angesprochene Ursula Dietzel (SPD) antwortete: „Das Parlament hat Sie in der Sache beauftragt, ich werde dazu keine Auskunft geben.“
Bürgermeister Göllner „irritiert“ über Meinungsabfrage
Bürgermeister Göllner zeigte sich irritiert, „dass hier jetzt Meinungen abgefragt werden“, und auch der SPD-Fraktionsvorsitzende Wilhelm Dietzel regte an, zu klären, wie mit dem wiederkehrenden Tagesordnungspunkt umzugehen sei. „Es handelt sich um einen Bericht und keine Debatte.“
Wie Göllner dennoch erklärte, habe er als Bürgermeister laut Hessischer Gemeindeordnung ebenfalls Rechte und Pflichten, nämlich Schaden von der Gemeinde abzuwenden. Nach rechtlicher Beratung habe er deshalb die Parlamentsbeschlüsse beanstandet. „Mit der jetzigen Entscheidung nach summarischer Prüfung im Eilverfahren wurde lediglich die aufschiebende Wirkung meiner Beanstandung aufgehoben“, erläuterte der Bürgermeister. „Das hat auch nichts mit böswilliger Blockade zu tun.“
Göllner: Mediation zu Logistik-Halle ist unrealistisch
Im Übrigen sei er schon der Meinung, dass es unrealistisch sei, für ein Gebäude, das in wenigen Wochen bezogen werde und für das es eine gültige Baugenehmigung gebe, noch eine Mediation anzuregen, womit sich das Gericht ja auf mehreren Seiten befasse. „Im Übrigen wird durch den Normenkontrollantrag gegen die Westerweiterung auch die gewünschte Entwicklung der interessierten Betriebe auf den kleineren Teilflächen verhindert“, gab Göllner zu bedenken.
Die Gemeindevertretervorsitzende schloss den Tagesordnungspunkt mit dem Hinweis, dass es beim nächsten Mal keine Debatte mehr zum Bericht, sondern lediglich wieder die Möglichkeit zur Nachfrage geben solle.
Dies gilt auch für den Punkt Anfragen am Ende jeder Sitzung. Doch auch hier flammte die Debatte zum Gewerbegebiet noch einmal auf. So wollten sowohl die Grünen-Vertreterinnen Irmgard Beck und Sandra Gerbert als auch CDU-Fraktionschef Kovacsek wissen, wie Göllner als Zweckverbandsvorsitzender und Bürgermeister nun die Beschlüsse nach der VGH-Entscheidung umsetzen wolle und welche Meinung er als Bürgermeister und der Gemeindevorstand dazu hätten.
Bürgermeister vertritt „abweichende Meinung“
„Ich werde den Kollegen sagen, dass ich dazu eine abweichende Meinung habe und sie sich damit befassen sollen“, erklärte Göllner. „Ich habe ja nicht nur die Interessen der Gemeinde zu vertreten, sondern auch die des Zweckverbands, dessen Versammlung widersprechende Entscheidungen getroffen hat.“ Der Gemeindevorstand habe seit Bekanntwerden der VGH-Entscheidung nicht getagt. Und er als Bürgermeister habe ebenfalls noch keine Meinung dazu, so Göllner knapp. (Von Jan-Otto Weber)
Auch sonst gab es in der Sitzung der Gemeindevertreter viel Diskussionsstoff, zum Beispiel über die Standortsuche für die Hausarztpraxis in Marköbel.