„Ich hatte ein komisches Gefühl“: Ehefrau von verschwundenem Alojzij Z. sagt aus

Als es um die genauen Abläufe und Ereignisse des 21. Januar dieses Jahres geht, gerät Frau Z. ins Stocken. Mehrere Stunden sitzt sie da schon auf dem Zeugenstuhl im Saal A215 des Landgerichts Hanau und beantwortet die Fragen der Landgerichtspräsidentin Susanne Wetzel. Die notwendigerweise sehr detaillierten Fragen versetzen Frau Z. an den Tag zurück, an dem sie ihren Mann zum letzten Mal gesehen hat.
Hammersbach/Maintal/Hanau – Gemeinsam hatten die beiden Rentner den Tag spät mit einem Frühstück begonnen. „Mein Mann wollte dann rausfahren und nach dem Rechten sehen“, erinnert sich Frau Z. „Ich habe gesagt, bleib lieber zu Hause, ich hatte ein komisches Gefühl.“
Doch Alojzij Z. fährt raus, von Frankfurt nach Hammersbach, wo er und seine Frau ein Grundstück besitzen, auf dem sich eine Werkstatt und eine Halle befinden. Die Werkstatt und einen Teil der Halle haben die beiden vermietet, an Ralf H., der auf der Anklagebank sitzt. Im anderen Teil schraubt Alojzij Z. leidenschaftlich gerne an einem Mercedes-Oldtimer, in den Sommermonaten ist er oft mehrmals in der Woche hier.
Seiner Frau, das versichert sie mehrfach, sagt Alojzij Z. immer Bescheid, wenn er nach Hammersbach fährt. Und auch, wann er voraussichtlich zurückkehrt. Und wenn es einmal später als vereinbart wird, dann meldet sich Alojzij Z. bei seiner Frau „Immer“, bekräftigt sie.
Am Nachmittag des 21. Januar meldet sich Z. nicht bei ihr. Und das, obwohl er bereits deutlich länger weg ist als besprochen. Als sie ihn anruft, geht der Anruf zwar durch, Z. nimmt jedoch nicht ab. Bei den nächsten Anrufen ist die Leitung tot. Frau Z. macht sich Sorgen um ihren sonst so zuverlässigen Mann. „Da kann etwas nicht stimmen“, beschreibt sie ihre Vorahnung. Sie ruft bei Ralf H. an, dem Mieter der Werkstatt. Erst nach mehreren Versuchen meldet er sich. Ob er schauen könne, ob Licht in der Garage brennt, fragt ihn Frau Z. Doch H. weicht aus. Er habe gerade Kunden und könne nicht nachschauen, habe er Frau Z. gesagt.
Sie beschließt, mit einer Freundin zur Garage zu fahren. Dort ist alles dunkel, das Tor ist abgesperrt. Von Alojzij Z. und seinem schwarzen Porsche Cayenne, der später in Maintal-Bischofsheim gefunden wird, fehlt jede Spur. Wenig später kommt Ralf H. mit einem Militärfahrzeug vorgefahren und öffnet das Hoftor. Doch auch die Suche in der Garage bleibt erfolglos. Alojzij Z. bleibt verschwunden – bis heute.
Ralf H. sitzt auf der Anklagebank, die Staatsanwaltschaft wirft ihm Mord aus Heimtücke und Habgier vor. Mehrere Tausend Euro Miete soll er seinem Vermieter Alojzij Z. schulden. Zu den Vorwürfen hat er am ersten Prozesstag geschwiegen (wir berichteten). Nun sitzt die Frau von Z. auf der Zeugenbank und gibt Auskunft zum Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter. „Am Anfang ging alles gut, dann ist das Geld ausgeblieben. Es hat dann immer mal wieder Ärger gegeben“, erzählt Frau Z. Die Halle sei Sache ihres Mannes gewesen, sie selbst sei nur selten dort gewesen. Um die finanziellen Forderungen kümmerte sich ein Anwalt.
Immer wieder kommt es aber vor, dass sich ihr Mann über H. beschwert. So sei das Tor zur Halle entgegen der Absprache oft zugeparkt. Außerdem verschaffe sich H. regelmäßig Zugang zur Halle, lagere dort Reifen oder Werkzeug. Vor einigen Jahren gehen die Streitigkeiten vor Gericht, H. muss einige Dinge zurückgeben, die aus der Halle von Z. abhandengekommen sind. Die installierten Überwachungskameras in der Halle werden mehrfach manipuliert, regelmäßig wird der Strom abgestellt. Im Januar 2021 steht dann eine Entscheidung zu einer Räumungsklage an. Wollte das Ehepaar Z. Ralf H. als Mieter raushaben, fragt Richterin Wetzel? „Ja“, sagt Frau Z.
Mit dem Grundstück, auf dem Werkstatt und Halle stehen, hat das Ehepaar Z. kein Glück gehabt. 2010 haben die beiden das Grundstück gekauft und Ralf H. als Mieter übernommen. Nun ist Alojzij Z. verschwunden, die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass er ermordet wurde. In der Halle wurde im Sommer eingebrochen, wertvolles Werkzeug gestohlen. Zudem berichtet Frau Z. von einem Wasserschaden, die Gasheizung sei durch falsche Handhabung ebenfalls kaputt.
Die Energie, sich um all das zu kümmern, hat die 79-Jährige nicht. „Ich habe andere Dinge im Kopf“, sagt sie. Das ungute Gefühl, dass sie am 21. Januar beschlichen hat – es hat sich bewahrheitet.
Von Michael Bellack