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Streit um Gewerbegebiet dominiert HA-Podiumsdiskussion zur Bürgermeisterwahl in Hammersbach

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Von: Mirjam Fritzsche

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Im voll besetzten Bürgertreff Langen-Bergheim stellten sich die beiden Bürgermeister-Kandidaten Alexander Kovacsek (CDU, links) und Michael Göllner (SPD, rechts) den Fragen der HA-Redakteure Yvonne Backhaus-Arnold und Jan-Otto Weber.
Im voll besetzten Bürgertreff Langen-Bergheim stellten sich die beiden Bürgermeister-Kandidaten Alexander Kovacsek (CDU, links) und Michael Göllner (SPD, rechts) den Fragen der HA-Redakteure Yvonne Backhaus-Arnold und Jan-Otto Weber. © Moritz Goebel/Scheiber

Wer ergattert am 12. Juni den „Traumjob“ in Hammersbach? So jedenfalls bezeichnet Amtsinhaber Michael Göllner (SPD) seinen Posten als Bürgermeister der 5000-Einwohner-Kommune. Mit Alexander Kovacsek (CDU) gibt es einen zweiten Bewerber um den Chefsessel im Rathaus. Wer unter den Wählern noch unentschlossen war, an welcher Stelle er in acht Tagen sein Kreuz machen soll, hatte am Donnerstagabend Gelegenheit, sich eine Meinung zu bilden.

Hammersbach – Bei der Podiumsdiskussion des HANAUER ANZEIGER im Bürgertreff Langen-Bergheim konnten die Bürger die beiden Kandidaten kurz vor der Wahl persönlich erleben. Die HA-Redakteure Yvonne Backhaus-Arnold und Jan-Otto Weber fühlten Michael Göllner und Alexander Kovacsek auf den Zahn zu den großen Themenkomplexen Interkommunales Gewerbegebiet Limes und Wohnbaugebiete. Auch das Publikum erhielt die Möglichkeit, eigene Fragen zu stellen, von der es rege Gebrauch machte.

Wenig überraschend dominierte an diesem Abend die Diskussion um das Gewerbegebiet. Eine Stunde lang wurden die Argumente ausgetauscht, gelegentlich unterbrochen von emotionalen Ausrufen der Zuschauer.

Zum Hintergrund: Vor wenigen Tagen hat Investor Dietz AG Richtfest für seine dritte Logistikhalle gefeiert. Abgesehen davon, welche Meinung man über den Flächenverbrauch und die Logistikbranche haben mag: Der Bau ist genehmigt. Der BUND und die Gemeindevertretung Hammersbach haben jedoch juristische Überprüfungen gegen diese Baugenehmigung angestrengt. Hauptargument: Mit dem Beschluss der Zweckverbandsversammlung zur Erweiterung des Verbandsgebiets im Jahr 2016 habe eine Satzungsänderung stattgefunden. Der Beschluss hätte damit einstimmig erfolgen müssen, was nicht der Fall war.

Streit um Satzungsänderung im Zweckverband

An Alexander Kovacsek ging die Frage, warum er mit seiner Fraktion und dem grünen Koalitionspartner erst fünf Jahre nach der Erweiterung des Verbandsgebiets auf die Idee gekommen ist, der Beschluss könnte satzungswidrig gewesen sein. „Ich kann Fehler nur mitteilen, wenn ich sie auch kenne“, sagte der CDU-Fraktionschef. Erst bei der Vorbereitung des Bebauungsplans und der Durchsicht der Unterlagen im Juli 2021 sei dies aufgefallen. Danach hätte er den entdeckten Fehler sofort kommuniziert. Bürgermeister Göllner konterte, dass er doch die Satzung hätte kennen müssen. „Ihnen als Vorsitzenden des Zweckverbands ist es aber auch nicht aufgefallen“, so Kovacsek. Die Frage sei doch jetzt vielmehr, wie man damit umgehe, wenn der Fehler bekannt ist. „Die Politik will an dieser Stelle mit dem Kopf durch die Wand, doch die Wand ist härter“, sagt Kovacsek.

Michael Göllner musste beantworten, warum es nicht möglich war, die konfliktbeladene Entwicklung des Gewerbegebiets zugunsten einer Mediation zu unterbrechen, statt sie voranzutreiben. Schließlich hätten die Hammersbacher bei der Kommunalwahl 2021 – wenn auch knapp, aber mehrheitlich – für CDU und Grüne und damit gegen die Logistikhalle gestimmt. Investor Dietz baut jedoch ungeachtet der laufenden gerichtlichen Überprüfung weiter. „Es sind keine Fakten in Beton geschaffen worden, sondern es wird Baurecht ausgeführt“, erklärte Göllner. Die Gemeinde habe das Planungsrecht für das Gewerbegebiet an den Zweckverband abgegeben. Die Mehrheiten hätten sich dort nach der Kommunalwahl nicht geändert. „Beschlüsse müssen auch umgesetzt werden“, so Göllner. Man müsse vertragstreu bleiben und könne kein Moratorium fordern.

Keine klare Antwort zu eventuellem Hallen-Abriss

Herausforderer Kovacsek unterstrich, dass er es nicht gut findet, dass der Investor kein Interesse an einem Kompromiss gezeigt hätte. „Der Investor baut jetzt auf eigenes Risiko.“ Ob denn die Halle wieder abgerissen werden soll, wenn die Gerichte entscheiden sollten, dass der Bebauungsplan zur Westerweiterung nicht rechtens war, will ein Bürger von Kovacsek wissen. Das könne er nicht so genau sagen. Es kämen nur Rückbau oder eine Nutzungsuntersagung in Frage. „In dem Fall müssten vermutlich andere Nutzungskonzepte gefunden werden. Deshalb ist es ja so schwierig, wenn der Investor schon Fakten schafft.“

Iris Graf aus dem Publikum wunderte sich über die wechselnden Mieter der dritten Logistikhalle. Beruflich sei sie es gewohnt, mit Kennzahlen zu arbeiten. „Wie werden denn die Gewerbesteuern kalkuliert?“, wollte sie wissen. Vor allem bei einem Mieterwechsel in den Hallen. Göllner erklärte, dass sich die Gewerbesteuern nicht vorhersagen lassen. Man arbeite mit Erfahrungswerten. Die Firma Hager habe einen mittleren sechsstelligen Betrag in Aussicht gestellt. Ansonsten ist der Investor Dietz AG im Eigentum der Hallen und schließt die Verträge mit den Mietern. Darauf hat die Gemeinde keinen Einfluss.

Kovacsek: Gewerbesteuereinnahmen sind gering

Kovacsek rechnete vor, dass die Steuereinnahmen aus dem Gewerbegebiet sehr gering seien. Hammersbach nehme insgesamt jährlich rund eine Million Euro ein, in drei Jahren also drei Millionen Euro. In den vergangenen drei Jahren habe das Gewerbegebiet durchschnittlich nur 50.000 Euro pro beteiligter Kommune abgeworfen. Wenig im Vergleich.

CDU-Herausforderer Alexander Kovacsek will die Bürger bei seinen Entscheidungen als Rathauschef mitnehmen.
CDU-Herausforderer Alexander Kovacsek will die Bürger bei seinen Entscheidungen als Rathauschef mitnehmen. © Foto: Moritz Göbel /Scheiber

Unterschiedliche Meinungen gab es auch beim Thema Baugebiete. Bürgermeister Göllner plädiert dafür, möglichst schnell neuen Wohnraum zu schaffen. „Es gibt viele junge Menschen, die gerne in Hammersbach bleiben möchten. Wenn wir ihnen nichts anbieten, ziehen sie weg.“ Göllner möchte daher möglichst bald das Baugebiet „Auf der großen Burg“ in Marköbel weiterentwickeln. In einem zweiten Bauabschnitt könnten 60 weitere Wohneinheiten entstehen. „Wir brauchen dringend auch Mietwohnungen, deshalb würde ich mich an die Flächen halten, die im Regionalen Flächennutzungsplan bereits enthalten sind“, sagte Göllner.

Irritation um Angaben aus nichtöffentlicher Studie

Für Irritationen unter den Zuschauern sorgte Alexander Kovacsek, als er von über 215 Wohneinheiten sprach, die „Auf der großen Burg“ entstehen könnten. „Das ist nicht meine Perspektive“, so der CDU-Politiker. Pikant: Kovacsek zitierte damit aus einer Machbarkeitsstudie zur perspektivischen Erweiterung in weiteren Abschnitten, deren Veröffentlichung die Koalition aus CDU und Grünen bisher nicht zugestimmt hat. Den Grund erläutert er so: „Wir wollen etwas machen, das es in 20 Jahren noch nicht gegeben hat. Wir wollen eine zweite Machbarkeitsstudie für die Baulücke am Köbler Weg erstellen lassen und beide Untersuchungen dann den Bürgern vorstellen. Sie sollen dann mitentscheiden“, so Kovacsek. Die Fläche am Köbler Weg ist allerdings noch nicht im RegFNP enthalten. Die Entwicklung würde mehrere Jahre dauern.

„Wir müssen dringend Wohnraum schaffen“, sagte Göllner. Hammersbach sei die am dünnsten besiedelte Kommune im Kreis, deshalb glaube er, dass der Ort seinen dörflichen Charakter auch mit dem Zuwachs von mehreren hundert Menschen behalten könne, so der Bürgermeister auf Nachfrage der Moderatoren.

Kita-Leiterin sorgt sich um Betreuungsplätze

Angelina König, Leiterin der Kindertagesstätten in Hammersbach, wollte wissen, wie die Gemeinde bei Zuzug von Familien für eine ausreichende Anzahl an Betreuungsplätzen sorgen will. „Das müssen wir natürlich im Blick behalten. Aber ein Baugebiet ist ja auch nicht gleich fertiggestellt“, so Göllner. Aktuell könne jedem Kindergartenkind ein Platz angeboten werden. Enger sei es bei den U3-Plätzen. Kovacsek möchte Hammersbach „in seiner Struktur weiterentwickeln“. Ihm sei es wichtig, erst mal den innerörtlichen Bedarf an Wohnraum zu decken. Und der sei einigermaßen überschaubar.

Amtsinhaber Michael Göllner (SPD) „brennt“ für seinen Job als Bürgermeister und würde gerne eine vierte Amtszeit übernehmen.
Amtsinhaber Michael Göllner (SPD) „brennt“ für seinen Job als Bürgermeister und würde gerne eine vierte Amtszeit übernehmen. © Moritz Göbel/Scheiber

Nach diesen schweren Themen mit teilweise verhärteten Fronten gab es eine Auflockerungsrunde, in der die Zuschauer etwas Persönliches über die beiden Bewerber erfahren konnten. So wissen die Gäste der Podiumsdiskussion jetzt, dass Michael Göllner lieber in einem Hotel übernachtet als auf einem Campingplatz und dass er das Fahrrad dem Laufen vorzieht. Nur bei der Frage „Bier oder Apfelwein“ blieb er unentschlossen. „Das kommt drauf an, im Sommer am liebsten meinen selbst Gekelterten.“

Von Alexander Kovacsek lernten die Zuschauer, dass er Helene Fischer Beethoven vorziehen würde. Beim Frühstück entschiede er sich eher fürs Müsli als für das Nutella-Brötchen, auch wenn er beides gerne mag. Und wenn er wählen müsste zwischen „E-Mail oder Anruf“, würde er das persönliche Gespräch vorziehen.

Publikum stellt Fragen zu Klimaschutz

Angesichts der fortgeschrittenen Zeit wurde am Ende zugunsten der offenen Fragerunde das geplante Schwerpunktthema „Waldbewirtschaftung“ fallen gelassen. Dr. Karlheinz Knickel hatte seine Frage im Vorfeld an den HA geschickt. Er wollte wissen, was Hammersbach unternimmt, um in den kommenden drei bis vier Jahren einen Beitrag zur Erreichung der globalen Nachhaltigkeitsziele leisten zu können. Dazu Kovacsek: „Wir müssen unseren Wald besser schützen und ich würde gerne mit einem Klimaschutzmanager zusammenarbeiten.“

Bürgermeister Göllner berichtete, dass man sich im ehrenamtlichen Energie-Team der Gemeinde mit dem Thema beschäftige. „Energieautarkie können wir hier nicht erreichen. Dafür fehlen uns ausgewiesene Flächen für Windenergie.“ Eine Umstellung auf regenerative Energien sei aber dringend geboten.

Warum die Koalition eine Förderung von Photovoltaik auf privaten Dächern abgelehnt habe, wollte einer der Zuschauer wissen. „Das wäre eine einseitige Förderung von Menschen mit Dach gewesen. Wir wollen aber breiter fördern“, erläuterte Kovacsek. Göllner betonte, dass man an allen Stellen mehr Gas geben müsse beim Energiesparen. Er verstehe nicht, warum ausgerechnet die Grünen in Hammersbach diese Förderung abgelehnt hätten.

Göllner „brennt“, Kovacsek ist demütig

Zum Abschluss der zweistündigen Diskussionsrunde konnten beide Bürgermeistermeister-Kandidaten noch einmal Werbung in eigener Sache machen. Amtsinhaber Göllner, seit fast 18 Jahren Bürgermeister in Hammersbach, betonte, dass er immer noch für sein Amt „brenne“. Er stehe für innovative Lösungen, sei „ehrlich und engagiert“. Herausforderer Alexander Kovacsek, seit 16 Jahren Mitglied im Gemeindeparlament, bekräftigte, dass er mit der „notwendigen Demut“ an das Amt herantrete. Für ihn sei es wichtig, den Menschen auch als Bürgermeister „auf Augenhöhe“ zu begegnen. Wer am Ende die meisten Wähler von sich überzeugen konnte, wird sich am 12. Juni zeigen. (Von Mirjam Fritzsche)

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