Wolf in der Region entdeckt: Verband warnt vor Nutztierrissen

Bei Gelnhausen nahe Hanau wird ein Wolf von einer Wildtierkamera erfasst. Züchter sorgen sich um ihre Nutztiere.
Gelnhausen/Wiesbaden – Die Wölfe erobern Hessen zurück. Im Rheingau-Taunus-Kreis lebt bereits eine Wolfsfamilie. Im Juli konnte dort der erste Wolfsnachwuchs in Hessen registriert werden. Jetzt tappte auch im Main-Kinzig-Kreis ein einzelner Wolf in der Nähe von Gelnhausen bei Hanau in eine Fotofalle. Auch der Landkreis Hersfeld-Rotenburg bestätigte ein Wolfspaar. Entdeckt wurden die Tiere über das Wolfsmonitoring, dass das Hessische Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) betreut.
Eine Wildtierkamera fotografiert den einzelnen Wolf, wie das HLNUG am Mittwoch (25.08.2021) mitteilte. Es ist nicht der erste Nachweis im Main-Kinzig-Kreis für Wölfe, allerdings sind die bisherigen eher trauriger Natur: 2015 starb ein Wolfweibchen auf der A66 bei Bad Soden-Salmünster*, 2019 überfuhr ein Auto ein weiteres Weibchen.
Wolf nahe Hanau gesichtet – immer mehr Wölfe siedeln sich in Hessen an
Das Wolfspaar im Landkreis Hersfeld-Rotenburg konnte ebenfalls durch eine Wildtierkamera nachgewiesen werden. Die Aufnahmen zeigen, wie ein Männchen und ein Weibchen kurz nacheinander eine Stelle mit Urin markieren. Laut dem HLNUG gilt dieses Verhalten nach bundesweit einheitlichen Standards um einen Nachweis für eine Paarbildung. Möglicherweise handelt es sich bei den Tieren um die in der Region sesshaften Wölfe mit den Kürzeln GW1142f und GW1939m. Anhand des Videos lässt sich das allerdings nicht stichfest klären, so das HLNUG.
„Die Feststellung eines weiteren Wolfspaares in Hessen zeigt, dass die Besiedlung sich weiter fortsetzt“, so Thomas Norgall, Naturschutzreferent des Hessischen Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND Hessen). Für Nutztierhalter habe die Ansiedlung der Wölfe in Hessen „keine große Bedeutung“. In diesem Jahr wurden bisher „nur sehr wenige Nutztierrisse“ gemeldet. Ein Kalb und zwei Schafe fielen demnach Wölfen zum Opfer, so Norgall.
Wölfe in Hessen bereiten Zuchtverband sorgen: „Ruhe vor dem Sturm“
Auch der Hessische Verband für Schafzucht und -Haltung bestätigte die geringe Zahl von Übergriffen auf Nutztiere. Allerdings spricht der Verband auch eine Warnung aus: Angesichts der weiteren Ansiedlung der Wölfe handle es sich dabei lediglich um die „Ruhe vor dem Sturm“, so Verbandssprecher Burkhard Ernst.
Einige der Nutztierrisse durch Wölfe würden durch die Halter nicht gemeldet werden. Die Vorgaben des hessischen Wolfsmanagementplans seien kaum umzusetzen. Denn: Tierhalter müssten per Foto oder Video nachweisen, dass die Wölfe bei Rissen die Herdenschutzzäune überwunden hätten – ein Nachweis, der fast nicht zu leisten sei, so Ernst. Die Tierhalter sähen sich demnach praktisch in jedem Fall dem Vorwurf ausgesetzt, nicht genug für den Schutz ihrer Tiere zu leisten. Außerdem bestehe die Gefahr, einen Shitstorm zu kassieren. „Es herrscht großer Unmut“, so Ernst.
Der Wolf ist zurück in Hessen: Wildkameras sollen Anzahl feststellen
Im letzten Jahr wurden laut HLNUG in Hessen 20 Nutztiere nachweislich von Wölfen gerissen. Die Wölfe stehen unter strengem Schutz. Durch das Wolfsmonitoring soll die Situation der Tiere dokumentiert werden. Das Wolfszentrum Hessen (WZH) vertraut dabei neben Wildkameras auch auf Hinweise aus der Bevölkerung.
Für einen Naturforscher ist der Main-Kinzig-Kreis ein idealer Lebensraum für Wölfe. Laut ihm ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich in der Gegend um Hanau eine Wolfsfamilie ansiedelt. (spr) *op-online.de und hanauer-anzeiger.de sind ein Angebot von IPPEN.MEDIA.