Kein Dissens mehr über Neubau der Langenselbolder Kläranlage

In der Sitzung des Planungs-, Bau- und Umweltausschusses (PBUA) Ende November 2021 ging es hoch her. Die Vertreter der drei Oppositionsparteien CDU, Freie Wähler und FDP fühlten sich von der rot-grünen Mehrheit überrumpelt. Nach dem vorangegangenen Ortstermin in der Kläranlage und der Vorstellung einer Machbarkeitsstudie zum weiteren Vorgehen bezüglich der in die Jahre gekommenen Anlage beantragte der SPD-Stadtverordnete Thomas Egel damals nämlich Folgendes: Der Ausschuss soll dem Stadtparlament empfehlen, den Magistrat mit der Weiterverfolgung der Neubauvariante zu beauftragen.
Langenselbold – Daraufhin kritisierten die Ausschussmitglieder von CDU, FW und FDP, dass die Ergebnisse der Studie doch erst in den Fraktionen beraten werden müssten, bevor man darüber entscheiden könne, eine der drei Varianten zu präferieren. Schließlich handele es sich um ein Großprojekt, das die Stadt fast 30 Millionen Euro kosten würde. Entsprechend müsse, so die Oppositionsvertreter im vorigen Herbst, zunächst einmal eingehend in den Fraktionen, dann im Ausschuss und schließlich im Parlament beraten werden, wie es in Sachen Kläranlage weitergehen soll.
SPD und Grüne hingegen waren der Ansicht, dass die vom Ingenieurbüro Unger vorgelegte Studie gar keinen anderen Schluss zulasse, als eine neue Kläranlage zu bauen. Entsprechend hielten sie daran fest, über die Empfehlung abzustimmen, und setzten diese auch mit ihrer Mehrheit durch. Während sich der Vertreter der Freien Wähler enthielt, nahmen CDU und FDP aus Protest an der Abstimmung gar nicht erst teil.
Mittlerweile hat sich CDU mit Neubauvariante arrangiert
Dass sich zumindest die CDU mit der Neubauvariante mittlerweile abgefunden hat, wurde nun bei der vergangenen Stadtverordnetenversammlung deutlich, als die Christdemokraten einen Antrag zur Kläranlage einbrachten. Sie wollen die Verwaltung beauftragen, „im Rahmen der weiteren Planungen der Kläranlage neue Technologien“ einzubeziehen.
Parteichef Florian Gibbe nannte bei seiner Erläuterung der Beschlussvorlage als Beispiel die Herstellung von Wasserstoff und anderen Synthesegasen aus Abfallstoffen, so unter anderem aus Klärschlamm. Der besondere Fokus solle dabei auf die Gewinnung von „Grünem Wasserstoff“ gelegt werden.
Gibbe ging in seiner Rede nicht explizit auf die kontroverse PBUA-Sitzung vom vergangenen November ein, machte aber mit seiner folgenden Ausführung deutlich, dass die CDU das Ergebnis der Machbarkeitsstudie nun auch mittragen wird: „Nachdem im Winter 2021 klar geworden ist, dass es auf einen Neubau hinauslaufen wird, hat sich unsere Fraktion intensiv damit beschäftigt, welche Risiken dies birgt, aber auch andererseits, welche Chancen wir nutzen können.“
CDU-Antrag zu möglichen Technologien in Ausschuss verwiesen
Dies griff Thomas Egel in der Debatte über den CDU-Antrag – wenig überraschend – gerne auf. „Es ist erfreulich, dass die CDU nun auch erkannt hat, dass ein Neubau der Kläranlage die sinnvollste Variante ist“, stellte der Sozialdemokrat zufrieden fest. Bezüglich des Vorschlags der Christdemokaten, auf „Grünen Wasserstoff“ zu setzen, stellte Egel allerdings fest, dass in Sachen Technologie für die neue Kläranlage auf jeden Fall Experten hinzugezogen werden müssten. „Deshalb ist es sinnvoll, den CDU-Antrag in den PBUA zu verweisen, um dort die Möglichkeiten und auch deren Kosten-Nutzung-Rechnungen eingehend zu erörtern“, so Egels Vorschlag.
Diesem Verweis in den Ausschuss wurde nicht widersprochen, sodass der Beschlussvorschlag der CDU nun in der – noch nicht terminierten – nächsten PBUA-Sitzung behandelt wird. Dies gilt auch für den von den Freien Wählern eingebrachten Änderungsantrag, der sich auf den ersten Teil des CDU-Antrags bezog. Demnach wollen die Freien Wähler (FW) auch die Herstellung von Sauerstoff und Methan als mögliche für die neue Kläranlage in Frage kommende Technologie prüfen lassen. Auch sollten bei den Abfallstoffen nicht nur Klärschlamm, sondern ebenso Abfälle aus der Landwirtschaft sowie kommunale Abfälle und Küchenabfälle einbezogen werden, wie Oliver Schmidt für die Freien Wähler erklärte.
Wie zuvor Florian Gibbe für die Christdemokraten erläuterte, hätte „Grüner Wasserstoff“ als Technologie für die Kläranlage den positiven Aspekt, dass durch das entsprechende Verfahren CO2 eingespart werde. „Für die ökologische Bilanz Langenselbolds wäre das ein großer Gewinn“, ist der CDU-Vorsitzende überzeugt.
Gibbe hofft auf Fördermittel
Zudem würden sich bei „solch einem Zukunftsprojekt auch neue Finanzierungsmöglichkeiten“ ergeben. „Wenn wir innovativ planen, dann bin ich mir sicher, können wir uns auch qualifizieren für große Fördermittelerträge aus dem Land, dem Bund und von der europäischen Ebene“, so Florian Gibbes Überlegung.
Da sich die Kostenkalkulation für die neue Kläranlage auf fast 30 Millionen Euro beläuft, wäre Selbold für jede Förderung dankbar. Dies, so Gibbe, wäre nicht zuletzt auch im Sinne der Bürger, denn „jeder Cent, der so nach Langenselbold kommt, kann durch weniger stark steigende Gebühren an den Bürger zurückgegeben werden“.
Das Großprojekt „Neue Kläranlage“ wird die Selbolder zweifellos noch länger beschäftigen – und zwar weit über die anstehende Debatte im Fachausschuss über die in Frage kommenden Technologien hinaus.
Von Lars-Erik Gerth