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„Es braucht mehr als offene Fenster“: Unverständnis der Eltern über Ablehnung von Luftreinigern

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Von: Lars-Erik Gerth

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Der Elternbeirat der Gründauschule versteht nicht, warum der Kreis das Aufstellen von Luftreinigungsgeräten in den Klassen ablehnt.
Der Elternbeirat der Gründauschule in Langenselbold versteht nicht, warum der Main-Kinzig-Kreis das Aufstellen von Luftreinigungsgeräten in den Klassen ablehnt. © Axel Häsler

Um das Corona-Risiko ihrer Kinder zu minimieren hoffen Eltern auf Luftreiniger, doch der Main-Kinzig-Kreis stellt sich quer.

Langenselbold – Auf der Homepage der Frankfurter Goethe-Universität findet sich unter dem Datum vom 6. Oktober 2020 eine Mitteilung, dass Atmosphärenforscher der Universität herausgefunden hätten, dass „Luftreiniger der Filterklasse HEPA (H13) die Aerosolkonzentration in einem Klassenzimmer in einer halben Stunde um 90 Prozent senken können“. Weil damit das Risiko einer Aerosolinfektion mit dem Coronavirus deutlich verringert werde, empfehlen die Wissenschaftler das Aufstellen entsprechender Luftreiniger in Klassenräumen.

Auf diese und andere Aussagen von Wissenschaftlern beruft sich auch der Elternbeirat der Gründauschule, wie Karin Kopton-Glatzel unserer Zeitung berichtet. Sie ist Vorsitzende des Elternbeirats in einer Klasse der Selbolder Grundschule. Mit ihrem Vorstoß, für die Gründauschule entsprechende Luftreinigungsgeräte anzuschaffen, scheiterten die Eltern bisher jedoch am Main-Kinzig-Kreis, in dessen Zuständigkeit die Schulen liegen.

Wie Kreis-Pressesprecher John K. Mewes auf unsere Nachfrage hin am Dienstag bestätigte, sei die Idee der Eltern, in den Klassenräumen der Gründauschule Luftreiniger aufzustellen, vor rund zwei Wochen vom Kreis abgelehnt worden. Mewes teilte außerdem mit, dass sich der Main-Kinzig-Kreis als Schulträger „unter dem Aspekt von Corona auch mit dem Thema Raumluft“ beschäftige. Der Einsatz solcher technischer Geräte werde dabei ebenfalls erörtert und bewertet. Zudem kündigte der Pressesprecher an, dass sich der Kreis in den kommenden Tagen dazu auch positionieren werde. Grundlage dabei seien auch diesbezügliche Stellungnahmen des Umweltbundesamts.

Umweltbundesamt kritisiert die Nutzung mobiler Luftreinigungsgeräte gegen Corona

Dieses steht einem generellen Einsatz mobiler Luftreinigungsgeräte kritisch gegenüber und „hält ihn lediglich in Ausnahmefällen als zusätzliche Maßnahme für gerechtfertigt“, wie es in den Empfehlungen des Umweltbundesamts zum Einsatz der Luftreiniger heißt. Nach Ansicht des Amtes sei die Wirksamkeit der mobilen Luftreinigungsgeräte in Hinblick auf die Reduzierung von Coronaviren „in vielen Fällen bislang nicht eindeutig nachgewiesen“.

Mobile Luftreinigungsgeräte sind nach Ansicht des Umweltbundesamts „nicht dafür ausgelegt, verbrauchte Raumluft abzuführen beziehungsweise Frischluft von außen heranzuführen“. Sie leisteten daher keinen nennenswerten Beitrag, das entstehende Kohlendioxid, überschüssige Luftfeuchte und andere Stoffe aus dem Klassenraum zu entfernen.

Das Umweltbundesamt, auf das sich der Kreis bei diesem Thema beruft, sieht in diesen Geräten keinen Ersatz, sondern „allenfalls eine Ergänzung zum aktiven Lüften“. Außerdem bedürften die Filter der mobilen Luftreinigungsgeräte einer regelmäßigen fachgerechten Wartung. Die Eltern der Gründauschule sehen dies anders und hatten bereits den Selbolder Magistrat um Unterstützung gebeten. Dieser verwies allerdings auf die Zuständigkeit des Main-Kinzig-Kreises. Der Elternbeirat plant nun, wie Karin Kopton-Glatzel gestern mitteilte, einen Elternbrief an den Kreis als Schulträger und das Kultusministerium zu schicken und außerdem Unterschriften zu sammeln, um der Forderung nach Aufstellung von Luftreinigungsgeräten Nachdruck zu verleihen.

Corona im Main-Kinzig-Kreis: Elternbeirat fordert, sich an den Vorgaben der Wissenschaft zu orientieren

In dem Schreiben der Eltern der Gründauschule heißt es unter anderem: „Obwohl Wissenschaftler Luftreiniger und sogar Plexiglas-Abtrennungen zwischen den Sitzplätzen empfehlen, wird uns Eltern bei der Forderung nach weiteren Schutzmaßnahmen entgegengehalten: Lüften, Lüften, Lüften.“ Kritisch merken sie weiter an: „Ist das wirklich die Antwort einer hoch industrialisierten und vermögenden Nation an ihre Erzieher, Kinder und deren Eltern?“

Die Eltern beziehen sich auch auf die eingangs erwähnten Studien, wonach Luftreiniger dazu beitragen könnten, „denkbare örtliche Schließungen der Einrichtungen so gut es geht zu verhindern“. Aus Sicht des Elternbeirats der Gründauschule müssten jetzt alle technisch möglichen Sicherungsmechanismen, die ein Infektionsrisiko in Bildungseinrichtungen zumindest abschwächen können, auch bedacht und nach Möglichkeit eingesetzt werden.

„Es braucht mehr als offene Fenster. Wir müssen unsere Schule proaktiv unterstützen. Die Wissenschaft hat hierzu eindeutige Vorgaben gemacht“, stellen die Eltern in ihrem Brief an Kreisverwaltung und Ministerium fest. (Lars-Erik Gerth)

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