Lebensbruch als Chance: Weidenbach macht mit ihren Büchern Mut

Langenselbold. Die Zahl Zehn hat etwas Magisches für sie. „Alle zehn Jahre schreibe ich ein Buch“, lacht Anita Weidenbach, deren Werke Mut machen sollen – so auch ihre neuste Veröffentlichung „Vererbte Schuld“. Am 26. Januar findet eine Lesung ihres neuen Romans in Langenselbold statt.
Von Torsten Kleine-Rüschkamp
Auf dem neuesten Cover von „Vererbte Schuld“ fällt ihr indischer und spiritueller Zusatz-Name Deva Vanshi auf. „Das ist Sanskrit“, sagt die Heilpraktikerin aus Langenselbold.
Und das gibt auch einen Hinweis, worum es eigentlich immer geht: der Suche nach dem Selbst.Mit der Fußzonenreflexmassage fing alles an„Selbst meine Kinder sagen zu mir Vanshi“, sagt sie. Als Naturheilkundlerin betrieb sie mit ihrer Kollegin Annapurna 18 Jahre lang im Hammersbacher Kapellenhof eine staatlich anerkannte Heilpraktiker-Schule. Eine fachliche Ausrichtung war auf die Sparte der Psychotherapie gelegt. Die Schule trug den Sanskrit-Namen „Tat Tvam Asi“. Übersetzt heißt dies „Das ist Dein wahres Selbst“.
In diese Zeit fallen ihre ersten schriftstellerischen Arbeiten. Auf die gebürtige Langenselbolderin wurde man in Fachkreisen aufmerksam, als sie in den 1990er in einer Fachzeitschrift über das Thema Fußzonenreflexmassage so gut schrieb, dass die Aufforderung nach mehr auf dem Fuße folgte. Und sie schrieb das Buch „Mein Standpunkt auf der Erde“ (1999). Ihr ganzheitlicher Aspekt kam damals sehr gut an.Sich selbst besser verstehenSchließlich wagte sich Weidenbach an das zweite Buchprojekt „Herzensbeziehungen“ (2009), das aus einem Briefwechsel mit der eigenen Großmutter besteht. „Da geht es um Körpertypologie. Die Umstände, in denen wir aufwachsen, prägen unseren Körper“, erklärt sie und fügt den Zusatz hinzu, dass sie selbst eine Betroffene ist. „Leute, die zu wenig Nahrung erhalten, und zwar auch seelischer Art, die wachsen mitunter ganz hoch und haben ganz lange Beine. Jemand, der als Kind manipuliert wird, der hat mitunter einen großen Kopf. Diejenigen, die als Kind einen Schock oder ein Trauma erlitten haben, die haben manchmal kleine Köpfe“, schildert sie weiter.
Wenn man das wisse, dann könne man ganz viel aus dem Körper herauslesen und sich selbst besser verstehen. „Diese Brüche, die wir haben, diese Lebensbrüche sind Herausforderungen – deshalb schreibe ich“, sagt sie im Gespräch mit unserer Zeitung. „Leute, die einen Lebensbruch haben, strengen sich im Leben mehr an“, weiß sie. Und: „Wenn die Basis gestört ist, dann strampelt man sich manchmal ganz schön ab“.Freie Zeit kreativ genutzt„Mit 71 Jahren hat man keine Lust mehr darauf, Vollzeit zu arbeiten“. Diesen Satz kann man gut nachvollziehen. Und „Zwischen 50 und 67 Jahre hatte ich zwei Jobs. Ich hatte die Praxis und die Schule. Nach der Aufgabe der Schultätigkeit war auf einmal ganz viel Zeit an Potenzial da“, sagt sie weiter. Und sie nutzte die Zeit zum Schreiben des Romans „Vererbte Schuld“. Die Langenselbolderin hat vier Jahre für das Verfassen gebraucht.
Die Autorin, die sich das Romanschreiben in einer Schreibwerkstatt angeeignet hatte, nutzte nun ihre freie Zeit kreativ. Das neue Werk ist im November erschienen. Der Roman handelt von der Geschichte des Kroaten Miro, dessen Welt aus den Fugen gerät. „Es war nicht so einfach, mich in die Reaktion eines Mannes zu versetzen“, bekennt sie. Der Protagonist geht aus Deutschland zurück in seine Heimat, und zwar mit einem mysteriösen Tagebuch seines Vaters im Gepäck. In der Heimat stößt er auf ein Familiengeheimnis. In einem Zwiespalt von Schuld und Sühne begreift er, dass er genau wie sein Großvater noch immer im Sog einer mörderischen Vergangenheit gefangen ist.In Konflikt mit den Taten der FamilieSein Großvater hatte am größten Konzentrationslager des Landes mitgebaut. Der Opa war Ustascha-Mitglied sowie KZ-Aufseher und musste sich nach dem Zweiten Weltkrieg verstecken. Hinter dem Begriff Ustascha steckt eine faschistische Organisation.
Während des Zweiten Weltkrieges herrschten die Ustascha im Gebiet des heutigen Kroatien sowie Bosnien und Herzegowina totalitär und waren für den Genozid an ethnischen Gruppen, besonders an Serben, Juden und Roma, sowie an den politischen Oppositionellen verantwortlich. Wie kann er sich aus einer Verstrickung herauswinden, und zwar als Nachkomme seines Großvaters, der mit den deutschen Faschisten kollaboriert hat. Diese Frage thematisiert das Buch.Lesung am 26. Januar„Heute weiß man aus der Epigenetik, dass in der Zellgenese verschiedene Dinge abgeschaltet werden. Und die Auswirkungen kann man bis in die vierte Generation nachweisen“, meint die Langenselbolderin. Man vermutet, dass Traumen ihren Niederschlag im Erbgut zeitigen können. Bei dem Entwicklungsroman, der das Leben von Miro vom Kind- bis zum Erwachsensein beschreibt, geht um die Frage der Selbstbefreiung und letztlich um Überwindung von Angst.
Deva Vanshi A. Weidenbach liest am Freitag, 26. Januar, um 19.30 Uhr im Langenselbolder „Raum Glück“, Gartenstraße 2, aus „Vererbte Schuld“. Der Eintritt kostet fünf Euro. Karten sind in der Langenselbolder Buchhandlung Büchermeer, Steinweg 9, oder bei der Autorin selbst erhältlich über die Kontaktadresse anita.weidenbach@gmx.de. „Vererbte Schuld“ ist im Verlag Tredition erschienen. Als Paperback für 12,95 Euro, als Hardcover für 18,95 Euro im Buchhandel und als E-Book im Internet für 3,99 Euro erhältlich.