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Magistratsmitglied kritisiert öffentlich die Anleinpflicht

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Die Geister scheiden sich in Langenselbold darüber, ob ein Leinenzwang in Feld und Flur sinnvoll ist. Das Parlament hat beschlossen, dass zu gewissen Zeiten die Leine Pflicht ist. Magistratsmitglied Dr. Martin Gasche hat sich öffentlich gegen das Vorhaben ausgesprochen. Archivfoto
Die Geister scheiden sich in Langenselbold darüber, ob ein Leinenzwang in Feld und Flur sinnvoll ist. Das Parlament hat beschlossen, dass zu gewissen Zeiten die Leine Pflicht ist. Magistratsmitglied Dr. Martin Gasche hat sich öffentlich gegen das Vorhaben ausgesprochen. Archivfoto

Langenselbold. Die Debatte im Stadtparlament beschäftigte sich mit den möglichen Folgen der Anleinpflicht für Hunde während der Brut- und Setzzeit.

Von Torsten Kleine-Rüschkamp

Gibt es bald einen Hundetourismus? Wird den Hundebesitzern in Langenselbold das Gassigehen verleidet? Flüchten sie lieber in die Gemarkungen der angrenzenden Kommune, seitdem die Langenselbolder Stadtverordnetenversammlung die Anleinpflicht für Hunde während der Brut- und Setzzeit beschlossen hat? Dieser Eindruck könnte entstehen, wenn man die Debatte im Langenselbolder Stadtparlament mitverfolgt hatte.

Dort nämlich hat es einen ungewöhnlichen Redebeitrag gegeben. In seiner Ansprache stellte das ehrenamtliche Magistratsmitglied Dr. Martin Gasche (SPD) deutlich seine abweichende Meinung zur Magistratsmehrheit und damit auch zu Bürgermeister Jörg Muth dar und bat die Stadtverordneten, dem Antrag des Magistrats nicht zuzustimmen. Der Rathaus-Chef wiederum legte seine Meinung dar, die völlig konträr zu Dr. Gasche steht. Ehrenamtliche Magistratsmitglieder äußern sich gewöhnlich nicht in Kommunalparlamenten und sind eigentlich zum Stillschweigen angehalten. Dr. Gasche hatte sich vorher die Genehmigung von Muth geben lassen, der Stadtverordnetenversammlung seinen Standpunkt und seine Kritik darstellen zu können.„Vielen Dank, Herr Muth, dass ich hier etwas sagen darf“, begann Gasche seine Ausführungen. „Ich bin gegen diese Anleinpflicht, weil ich sie als einen unverhältnismäßig starken Eingriff in die Rechte der Hundehalter sehe“, so das Magistratsmitglied.

Spaziergeh-Tourismus in andere Ortschaften?

Nur weil sich einige Hundebesitzer verantwortlungslos verhielten, seien jetzt alle Hundebesitzer von dieser Anleinpflicht betroffen. Es sei „völlig unnatürlich“ für Hunde, an der Leine über Wiesen geführt zu werden. „Ein Hund muss auch mal frei laufen können“, sagte der Sozialdemokrat. Es sei auch völlig unnatürlich für die Besitzer, über die Wiese zu stapfen. Eigentlich wollten sich die Herrchen lieber auf dem Weg fortbewegen. Gasche zweifelte den Zweck der Verordnung an, die Wildtiere schützen zu wollen. „Ich darf dann mit meinem Hund an der Leine überall herumstapfen und die Wildtiere aufschrecken. Man hat damit aber den Zweck nicht erreicht, die Wildtiere zu schützen“, so der ehrenamtliche Stadtrat.

Er habe gehört, dass jetzt einige ihren Hund in Nachbargemarkungen ausführen wollten, weil man hier in Langenselbold den Hund nicht mehr laufen lassen könne. „Es entsteht so etwas wie ein Spaziergeh-Tourismus in andere Ortschaften. Mit Naturschutz hat das auch nichts zu tun, weil man dann mit dem Auto fährt. Das ist völlig daneben.“ „Die Ausweichreaktion“ nannte er „absurd“. „Hunde wollen sich auch einmal bewegen. Wer schützt denn eigentlich die Hunde, die sich artgerecht bewegen wollten? An die Hunde denkt hier keiner“, hieß es weiter in der Kritik. Der Bürgermeister wiederum sagte, er verstehe zwar die Intention Gasches, da er selbst einmal Hundebesitzer gewesen sei. Es gehe hier aber um eine ausgleichende Maßnahme. Muth stellte ein Beispiel aus der jüngsten Zeit dar, das das Problem verdeutlichen sollte.

Sahler kritisiert Muth

Bei einem von einem Jagdpächter in der Langenselbolder Gemarkung gefundenen Reh habe man festgestellt, dass die Kehle durchbissen worden war. Zuvor müsse das Tier so stark gehetzt und gebissen worden sein, was man an den zahlreiche Kratzspuren an den Keulen und am Leib gesehen habe.„Es geht  hier darum, den Ausgleich zwischen Natur, Landschaft und denjenigen zu finden, die mit ihren Hunden spazieren gehen. Jeder, der einen Hund hat, kann ihn auch einmal an der langen Leine führen und ihn dadurch laufen lassen. Es ist ein Spagat, den die Verwaltung hier unternimmt“, so der Bürgermeister.

Roland Sahler (SPD) kritiserte darauf hin Muth. „Ich persönlich hätte es geschickter gehalten, als Bürgermeister nicht noch einmal in die Bütt zu gehen, nachdem Dr. Gasche seine Meinung kundgetan hat“, sagte er. Seit 30 Jahren gehe Sahler mit seinen Hunden Gassi und während dieser Zeit habe er noch nie solch eine Situation erlebt, wie sie vom Bürgermeister geschildert worden sei. „Deswegen hat Dr. Gasche recht. Das ist ein Reglementieren. Das ist ein Kniefall vor den Waidmännern“, meinte Sahler weiter. Die Länge der Hundeleine ist im Übrigen im Rahmen der Stadtverordnetensitzung auf ein Maß von acht Metern limitiert worden, und zwar auf Initiative der SPD. Die Genossen hatten einen Änderungsantrag präsentiert. Der aufmerksamen SPD war nämlich aufgefallen, dass diese Acht-Meter-Leinen zwar in der neuen Gefahrenabwehrverordnung festgeschrieben worden sind, und zwar für Bereiche in der Kernstadt (Schloss-Areal und Grundau-Aue), nicht aber in der Satzung für den Außenbereich.

Ursprünglich war in der Magistratsvorlage für die Anleinpflicht im Außenbereich nur eine Länge von fünf Metern vorgesehen. Vier Stadtverordnete votierten gegen die Satzung. Außerdem gab es eine Enthaltung.

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