Drei herausragende Konzertabende mit dem Amatis Trio und Ib Hausmann in der Klosterberghalle

Die Idee, nach fast 15-jähriger Pause wieder klassische Konzerte in der Gründaustadt anzubieten, ist auf erfreulich große Resonanz gestoßen. Nachdem die ersten beiden Abende von ‘Selbold Klassik insgesamt rund 200 Besucher anzogen, waren am frühen Sonntagabend (31. Oktober) beim dritten Konzert sogar sämtliche Plätze im Saal Europa der Klosterberghalle besetzt.
Langenselbold – Das junge, aber international bereits renommierte Amatis Trio und Klarinettist Ib Hausmann boten musikalische Interpretationen auf höchstem künstlerischen Niveau, die an allen Abenden große Begeisterung unter den Zuhörern auslöste. Ib Hausmann war es auch, der mit Unterstützung der Stadt die drei Konzerte organisierte. Entsprechend freute er sich besonders über den regen Zuspruch, wobei die Besucher nicht nur aus Langenselbold und anderen Orten des Kreises, sondern sogar aus Frankfurt, Wiesbaden und Aschaffenburg kamen.
Viele Besucher hoffen auf Fortsetzung im Jahr 2022
Und Hausmann erhielt „ganz viele Reaktionen in Richtung ‘Unbedingt im nächsten Jahr weitermachen"“, wie er im Gespräch mit unserer Zeitung berichtet. Ideen für weitere Konzerte in Langenselbold, bei denen auch der Stucksaal im Schloss eine Rolle spielen könnte, hat der seit über 30 Jahren in der Gründaustadt lebende Künstler zweifellos. Dass er beispielsweise über Verbindungen zu zahlreichen renommierten Künstlern und Ensembles verfügt, beweist er seit geraumer Zeit bei der Organisation einer traditionsreichen Konzertreihe in Wiesbaden.
Um Hausmanns Ideen für weitere Konzerte in Selbold auch realisieren zu können, bedarf es nun vor allem der Unterstützung durch die heimische Politik. Die hohe künstlerische Qualität der drei Abende und die positive Publikumsresonanz sind dabei Argumente, die schwer wiegen sollten. Bürgermeister Timo Greuel (SPD), der dem ersten Konzert beiwohnte, zeigte sich jedenfalls vom Niveau des Gebotenen ausgesprochen angetan.

Das Amatis Trio, das von Hausmanns Tochter Lea (Violine), dem englischen Cellisten Samuel Shepherd und dem aus Rumänien stammenden Pianisten Andrei Gologan gebildet wird, ist vor der Corona-Zwangspause in den namhaftesten Konzertsälen der Welt aufgetreten. Dazu zählen die Wigmore Hall in London, das Concertgebouw in Amsterdam, das Festspielhaus in Baden-Baden oder die Elbphilharmonie in Hamburg. Schon am ersten Abend wurde schnell deutlich, warum das Trio so gefragt ist. So bot es beispielsweise eine ausgesprochen organische und differenzierte Wiedergabe des ersten Klaviertrios in g-Moll von Gologans berühmtem Landsmann George Enescu. Dabei brillierten die jungen Musiker nicht allein durch spieltechnische Akkuratesse, sondern vor allem durch eine bemerkenswerte interpretatorische Durchdringung sowie eine Intensität, die den Zuhörer vollständig in den Bann zog.
Spannendes und abwechslungsreiches Programm
Ib Hausmann hatte mit seinen jungen Kollegen drei ausgesprochen spannende und abwechslungsreiche Programme zusammengestellt. So stand der Eröffnungsabend unter dem Motto „Leben & Träumen“ und vereinte Enescus Komposition mit Ludwig van Beethovens bekanntem „Gassenhauer Trio“, dem verträumten „Après un rêve“ von Gabriel Fauré sowie den jazzartigen „Three Preludes“ für Klarinette und Klavier von George Gershwin. Die vier Musiker spielten dabei in verschiedenen Konstellationen. Gemeinsam fanden sie sich am ersten Abend übrigens erst bei einer Gershwin-Zugabe auf der Bühne ein.
„Verliebte Seelen“ warteten am Samstag zunächst mit der bisweilen meditativen Suite für Violine, Klarinette und Klavier von Darius Milhaud auf. Dabei beeindruckte insbesondere Ib Hausmann durch sein facettenreiches und ungemein flexibles Klarinettenspiel. Seine formidable technische Meisterschaft hatte er schon am Eröffnungsabend unter anderem bei den Werken Gershwins unter Beweis gestellt. Ungemein feinsinnig, warm timbriert und mit einem Schuss Melancholie versah er dann am zweiten Abend seinen Part bei den drei Fantasiestücken op.73 von Robert Schumann. Dabei war ihm Andrei Gologan ein kongenialer Partner. Dies galt dann am Sonntag ebenso bei den „Fünf Bagatellen“ op. 23 von Gerald Finzi, deren gefühlvoller und fein ziselierter musikalischer Duktus sich beim Duo Hausmann/Gologan in den allerbesten Händen befand.
Intensive und sehr differenzierte Wiedergaben
Ausgesprochen spannungsvoll gestaltete das Amatis Trio am zweiten Abend Dmitri Schostakowitschs erstes Klaviertrio in c-Moll, bei dem Shepherd, Gologan und Lea Hausmann die expressiven Ausbrüche auf bemerkenswerte Wiese organisch mit den sublimen Momenten in dem frühen Werk des großen Russen verbanden. Und Johannes Brahms’ erstes Klaviertrio in H-Dur versahen sie mit einer dynamisch genau austarierten Balance, bei der die Feinheiten der Musik wunderbar zum Tragen kamen. Ideal paarte sich dabei Gologans fein gesetztes Klavierspiel mit dem warmen Timbre von Shepherds Cello und der konturierten, vor allem aber virtuosen Intonation von Lea Hausmann.
Das dritte Konzert stand dann ganz im Zeichen von Astor Piazzollas „Vier Jahreszeiten“. Die kongeniale Interpretation des Amatis Trios und vor allem Ib Hausmanns wendiges und farbenreiches Klarinettenspiel machten dabei deutlich, dass der argentinische Tango mit vielen, ganz unterschiedlichen Facetten aufwartet. Eingerahmt von den vier Sätzen erklang auch die das Ohr wunderbar umschmeichelnde Londonderry Air „O Danny Boy“. Und nicht zuletzt mit der „Sérénade lointaine“ ein weiteres superbes Werk von Enescu.
Von Lars-Erik Gerth