Defizit von 4,1 Millionen Euro im Haushaltsentwurf wird durch Rücklagen gedeckt

Im Mittelpunkt der Stadtverordnetenversammlung am Montagabend (7. November) stand die Einbringung des Haushaltsentwurfs des Magistrats für 2023. Erster Stadtrat und Kämmerer Benjamin Schaaf (parteilos) erläuterte das Zahlenwerk, das im Ergebnishaushalt einen Fehlbetrag in Höhe von 4,1 Millionen Euro aufweist. Dieser könne jedoch laut Schaaf – wie bereits im Haushalt 2022 geschehen – durch die in den vergangenen Jahren gebildeten Rücklagen ausgeglichen werden.
Langenselbold – Dass der Erste Stadtrat trotz dieses erneuten Fehlbetrags durchaus zuversichtlich auf die finanzielle Lage der Gründaustadt blicken kann, liegt auch daran, dass sich das Haushaltsjahr 2022 positiver entwickelt hat, als bei der Verabschiedung des Etats Ende März erwartet. Vor allem aufgrund „erheblicher Mehrerträge bei der Gewerbesteuer“, die sich allerdings „fast ausschließlich auf Nachzahlungen für vorangegangene Wirtschaftsjahre“ gründeten, verbessere sich das ordentliche Ergebnis sowohl der Haushalte für 2021 als auch für das laufende Jahr 2022. Für Letzteres war ein Fehlbetrag von 5,3 Millionen Euro erwartet worden. „Stand jetzt wird sich dieses Defizit auf nur noch eine Million Euro reduzieren“, vermeldete der Erste Stadtrat durchaus gute Kunde.
Mehreinahmen bei Gewerbesteuer sorgen für niedrigere Schlüsselzuweisungen
Auf der anderen Seite gehen diese unerwarteten Mehreinnahmen bei der Gewerbesteuer zulasten des Etats für 2023. Dazu erläuterte Schaaf: „Diese erhöhten Gewerbesteuereinnahmen in 2021 und 2022 aufgrund von Nachzahlungen führen im kommunalen Finanzausgleichsystem zu erhöhten Umlageverpflichtungen und deutlich geringeren Schlüsselzuweisungen in 2023, nämlich rund 2,2 Millionen Euro weniger.“ Dies macht bereits mehr als die Hälfte des errechneten Gesamtfehlbetrags von 4,1 Millionen Euro aus.
Hinzu kommen die gestiegenen Aufwendungen für die Kreis- und Schulumlage, die sich auf knapp 1,7 Millionen Euro bezifferten. „Zusammengefasst führt dies zu einer Ergebnisverschlechterung in Höhe von insgesamt 3,9 Millionen Euro und macht damit allein 95 Prozent des für 2023 geplanten Defizits aus“, rechnete der Selbolder Kämmerer vor, dass der Fehlbetrag in erster Linie durch Umstände entstehe, auf welche die Stadt keinen Einfluss habe. Entsprechend seine Aussage: „Den entscheidenden Anteil am geplanten Defizit trägt erneut wie im Vorjahr die Systematik des Kommunalen Finanzausgleichs (KFA) des Landes Hessen.“
„Finanzielle Leistungsfähigkeit nicht gefährdet“
Dessen ungeachtet sei „die dauerhafte finanzielle Leistungsfähigkeit der Stadt Langenselbold nicht gefährdet“, da in den Vorperioden im Vergleich zu den Planwerten bessere Ergebnisse erzielt worden seien und „daraus entsprechende Rücklagen gebildet werden konnten“. Diese beliefen sich zum 31. Dezember 2021 auf 14,8 Millionen Euro.
Aktuell, so Schaaf, könne man davon ausgehen, dass die Haushalte in den kommenden Jahren 2024 bis 2026 jeweils leichte Überschüsse ausweisen werden. „Auch wenn wir für 2022 eine Million und für 2023 aktuell 4,1 Millionen Euro aus den Rücklagen für den Ausgleich der Fehlbeträge nehmen müssen, sieht die Prognose vor, dass sich die vorhandenen Rücklagen Ende 2026 noch auf 10,1 Millionen Euro belaufen werden“, wagte der Kämmerer einen durchaus positiven Ausblick auf die kommenden Jahre.
Aktuelles Weltgeschehen als Unsicherheitsfaktor
Einschränkend räumte Schaaf aber auch ein, dass der Kurs der Haushaltslage „vor dem Hintergrund des aktuellen Weltgeschehens schwer vorherzusehen“ sei. Parallel dazu würden auch unbeeinflussbare Faktoren wie die Entwicklung der Gewerbe- oder Umsatzsteuer „zunehmend eine tragende Rolle für den Erfolg oder Misserfolg spielen“.
Ein Faktor, der sich auch negativ auf den Haushalt in Selbold auswirkt, ist die Finanzierung der Flüchtlingsunterbringung. Die Unterdeckung in diesem Bereich belaufe „sich inzwischen auf über 550 000 Euro“. Hier bleibe ein vollständiger Kostenersatz ein Wunschziel. Schaafs Kritik richtete sich dabei an Bund und Land Hessen, denn solche Aufgaben würden immer wieder auf die Kommunen übertragen, „ohne einen auskömmlichen Kostenersatz zu liefern“.
Stadt zahlt bei Kinderbetreuung knapp 5,5 Millionen Euro drauf
Auch im Haushaltsentwurf für 2023 machen die Kosten für die Kinderbetreuung einen Löwenanteil der Aufwendungen aus. Die Erträge aus Zuschüssen des Landes und Elternbeiträgen decken die Aufwendungen in der Kinderbetreuung lediglich zu 27 Prozent. So bleibt allein in diesem Bereich ein Fehlbetrag in Höhe von knapp 5,5 Millionen Euro.
Trotz alledem zog der Kämmerer ein positives Fazit zur aktuellen Finanzlage der Stadt. So sei der Haushalt „im Zeitraum der mittelfristigen Ergebnisplanung unter Berücksichtigung der ordentlichen Rücklagen planerisch ausgeglichen und damit die finanzielle Leistungsfähigkeit ungefährdet“.
Ziel müsse es ein, Steuern wieder zu senken
Nicht notwendig sei daher die Erhöhung der Hebesätze für Grund- und Gewerbesteuer, die 2023 unverändert bleiben sollen. Schaaf betonte im Gegenteil, dass Senkungen der Steuersätze weiterhin das erklärte Ziel sein müssten. Sie könnten allerdings nur unter Beachtung der finanzpolitischen Rahmenbedingungen realisiert werden.
Nach der Einbringung des Haushaltsentwurfs sind nun zunächst die Mitglieder des Haupt- und Finanzausschusses gefragt, die das Zahlenwerk am 16. und 22. November beraten. Das Parlament verhandelt den Etat dann in seiner Sitzung am 5. Dezember, um ihn schließlich auch zu verabschieden. Falls die Beratungen übrigens länger dauern sollten, stünde noch eine zweite Sitzung am folgenden Nikolaustag zur Verfügung.
Von Lars-Erik Gerth