„Gute Seele“ der Selbolder Kirche geht in den Ruhestand

25 Jahre lang war sie „die gute Seele“ in der Evangelischen Kirchengemeinde Langenselbold. Jetzt geht Küsterin Lotte Bernath in den Ruhestand. Wir trafen sie in der Kirche an ihrem Arbeitsplatz, der ihr in den Jahrzehnten ihres Dienstes sehr ans Herz gewachsen ist.
Langenselbold – Hier hat sie früh morgens oder spät abends nach dem Rechten gesehen. In der Kirche auf dem Klosterberg wurde einer ihrer Söhne getraut. „Das ihr Anvertraute hat sie behandelt wie das wertvolle Eigene“, so Pfarrer Rainer Seitz im aktuellen Gemeindebrief. In der Verantwortung von Lotte Bernath lag es, dass Gottesdienste, Taufen, Trauungen oder Trauerfeiern gut vorbereitet und reibungslos vonstattengehen konnten. Sie arbeite gerne in Ruhe im Hintergrund, meint Bernath. Dass sie bei ihrem Abschied nun im Mittelpunkt steht, das sei ihr gar nicht so recht. Am liebsten würde sie „ganz hinten sitzen“ und ihre Verabschiedung still genießen.
1979 kam sie aus Banat in Rumänien
Das wird Lotte Bernath wohl kaum gelingen. „Sie ist die gute Seele der Kirche“, sagt Bettina Böckler, die immer für frischen Blumenschmuck sorgt. Hilfsbereit, nett und freundlich – so kennen die Gemeindemitglieder ihre Küsterin. Nun wird sie sich nicht nur in den Ruhestand verabschieden, sondern auch Langenselbold verlassen. 1979 kam sie mit ihrer Familie aus dem Banat in Rumänien in die Gründaustadt und ist hier schnell heimisch geworden. Hier sind ihre beiden Söhne groß geworden, hier hat sie ihren Kleingarten zum Blühen gebracht, hat viele Freundschaften geschlossen. Hier hat sie große Freude, aber auch Enttäuschung erlebt.
Jetzt, nach 43 Jahren, wird sie umziehen, in die Nähe der Enkelkinder. Geplant ist, die Familie ihres Sohnes zu unterstützen, soweit ihre Gesundheit es zulässt. „Es fällt mir nicht leicht“, meint Bernath, aber sie hofft, in der neuen Kirchengemeinde wieder Anschluss zu finden.
Im Jahr 1997, als sich Lotte Bernath um die Stelle der Küsterin bei Pfarrer Seitz beworben hatte, da gab es noch eine Reinigungskraft für Kirche und Jochen-Klepper-Haus. Die Kirche war noch nicht saniert, die Heizungsanlage konnte noch nicht digital gesteuert und programmiert werden. „Auch das Läuten der Glocken kann ich jetzt für das ganze Jahr eingeben“, sagt Bernath. Der Küsterdienst erforderte zu Beginn noch etwas mehr Zeit. In den letzten Jahren gehört auch das Saubermachen zu den Aufgaben der Küsterin. Sie hat ihre Stunden hierfür ein wenig aufgestockt.
Auch die Vorbereitung des Abendmahls zählt zu den Aufgaben
Zu ihren Aufgaben zählt ebenso die Vorbereitung des Altars. So bereitet Lotte Bernath in der Sakristei beispielsweise das Abendmahl vor. „Jetzt gibt es ja die abgepackten Hostien. Vor der Pandemie habe ich das Brot in kleine Stückchen geschnitten“, erzählt sie. Lotte Bernath kann sich auch nicht erinnern, in den zweieinhalb Jahrzehnten je zu spät gekommen zu sein. „Ich habe es zudem sehr genossen, mir die Zeit für die Reinigung relativ frei einteilen zu können“, berichtet die Küsterin.
Präsent ist noch die Zeit der Renovierung der Kirche vor dem Hessentag 2009. Bei Hochzeiten wurde das Gerüst im Kirchenraum ebenfalls geschmückt, damit es ein wenig schöner aussah. Zwei Jahre fanden die Gottesdienste im Katharina-von-Bora-Haus statt. Und dann die Tragödie: Den Engel aus Glassteinen zur Lichterkirche am Hessentag hat die Küsterin noch vor Augen und den Tag, an dem der Künstler ihn wieder abnehmen wollte. „Ich dachte noch, eigentlich passt der Engel ganz wunderbar in unsere Kirche. Er müsste hierbleiben.“ Doch letztlich musste sie mithelfen, die zigtausend Glasscherben zusammenzufegen. Beim Abhängen war der Engel von der Decke gefallen.
Offizielle Verabschiedung am 3. April
Sie hat einige Pfarrer kommen und gehen sehen und zwei Dekane verabschiedet. Unstimmigkeiten habe es keine gegeben: „Das war immer ein vertrauensvolles Verhältnis und ein blindes Verstehen.“ Höhepunkte waren natürlich die Weihnachtsgottesdienste und Krippenspiele. Da kann sich Lotte Bernath noch an große Tiere wie Elefanten und Kamele aus Pappmaschee erinnern. „So schnell vergehen 25 Jahre“, kann Bernath nur schwer fassen, dass sie nun in den Ruhestand geht. Noch sucht die Gemeinde eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger. „Ich bin gerne bereit, alles zu erklären und in die Computeranlage einzuführen. Ich kann sie jetzt aus dem FF bedienen“, verspricht sie.
Im Dienst ist Lotte Bernath noch bis zum 1. Mai. Feierlich verabschiedet wird sie allerdings bereits im Gottesdienst am Sonntag, 3. April, der um 10 Uhr in der Kirche beginnt. Halten wird ihn Pfarrer Rainer Seitz, dem Lotte Bernath vor 25 Jahren ihre Bewerbung übergeben hatte.
Von Ulrike Pongratz