Rückkehr zur Normalität: Erster Selbolder Neujahrsempfang nach langer Coronapause

Es ist viel passiert, seitdem Ende Januar 2020 der letzte Neujahrsempfang der Stadt Langenselbold vor Ausbruch der Corona-Pandemie über die Bühne der Klosterberghalle gehen konnte. Das machte Bürgermeister Timo Greuel (SPD) am Donnerstagabend (9. Februar) bei seiner Rede deutlich, als er die zahlreichen Ereignisse aufzählte, die sich in den vergangenen drei Jahren weltweit, aber auch in Langenselbold und im direkten Umfeld der Gründaustadt ereigneten.
Langenselbold – Dabei spann Greuel den Bogen von den schrecklichen Ereignissen des 19. Februar 2020 in Hanau über die Pandemie und deren Folgen, den Sturm des Kapitols in Washington am 6. Januar 2021 bis zum Ukraine-Krieg, dessen Ausbruch sich am 24. Februar auch schon zum ersten Mal jährt.

Der Neujahrsempfang 2020 hatte übrigens vier Tage vor der Stichwahl zur Bürgermeisterwahl stattgefunden und stand ganz im Zeichen von Greuels Vorgänger Jörg Muth (CDU), der damals auf seine zwölfjährige Amtszeit zurückblickte. Greuel wiederum versäumte es beim Neujahrsempfang 2023 (zu dem zunächst Stadtverordnetenvorsteher Bernd Kaltschnee alle Anwesenden herzlich begrüßte) nicht, auf die außergewöhnlichen Rahmenbedingungen seiner ersten zweieinhalb Jahre als Selbolder Bürgermeister hinzuweisen. So seien die Aufgabenstellungen, denen er sich mit den Verantwortlichen in der Verwaltung gegenübersah und sieht „alles andere als Alltagsgeschäfte“.

Die Stadtverwaltung befinde sich „seither durchgängig im Krisenmodus und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Rathauses und der Außenstellen leisten in Anbetracht der Rahmenbedingungen Großartiges“, vergaß Greuel nicht, die Leistungen der Mitarbeiter in der Verwaltung zu würdigen und ihnen für ihren Einsatz zu danken.
Stadtverwaltung „durchgängig im Krisenmodus“
Nach der Pandemie ist es derzeit vor allem die Flüchtlingsunterbringung, die der Stadt finanziell und personell zu schaffen macht. Entsprechend ging der Appell des Rathauschefs an die anwesenden Landtagsabgeordneten Christoph Degen (SPD) und Max Schad (CDU), sich in Wiesbaden mit Nachdruck für die „notwendige Unterstützung der Kommunen“ durch das Land Hessen einzusetzen.
Greuel sprach auch „den akuten Fachkräftemangel“ an, von dem die Selbolder Verwaltung ebenfalls stark betroffen sei und der großen Einfluss auf die Umsetzung der geplanten Projekte habe. „Innerhalb der vergangenen 24 Monate waren in der Stadtverwaltung drei von fünf Amtsleiterstellen neu zu besetzen. Teilweise waren diese Stellen über Monate vakant“, rief der Bürgermeister in Erinnerung. Es litten aber ebenso Bereiche wie die Kitas oder das städtische Bauamt „massiv darunter, dass offene Stellen nicht oder nur sehr zeitverzögert besetzt werden können, weil schlichtweg keine geeigneten Bewerber vorhanden“ seien.

Greuel weist Vorwurf des Stillstands zurück
Entsprechend verwahrte sich der Bürgermeister gegen die Vorwürfe aus den Reihen der Opposition, dass die Räder im Rathaus still stünden. Dass die Zeiten für die Stadt herausfordernd bleiben, machte er durch die Aufzählung folgender Projekte klar: „Innerörtlicher Hochwasserschutz, Neubau einer Kläranlage, die in der Hand eines Investors liegende Errichtung eines Ärzte- und Gesundheitszentrums, der Glasfaserausbau, die Schaffung bezahlbaren Wohnraums, die Erstellung eines Verkehrskonzepts, die Herstellung des Bürgerplatzes und letztlich auch die Errichtung einer Multifunktionshalle.“

Greuel dankte auch dem scheidenden ersten Vorsitzenden des Handel- und Gewerbevereins für dessen Engagement in den vergangenen fast 20 Jahren. Arne Schellhoß hatte zuvor in seiner Rede keineswegs mit Kritik an der aktuellen Situation in Selbold gespart. Er ging auf die schwierige Lage des Einzelhandels ein, erwähnte das Ladensterben, auf welches der HGV schon vor Jahren hingewiesen habe. Es seien nicht zuletzt die fehlenden Parkplätze und auch das seiner Meinung nach rigide Vorgehen der Ortspolizei, die dazu führten, dass Kunden – gerade aus den umliegenden Kommunen – ausblieben.
Arne Schellhoß sorgt für Überraschung

Dass Schellhoß immer für eine Überraschung gut ist, bewies er auch an diesem Abend mit seinem Abschiedsgeschenk für die Selbolder Politiker. Den Spitzen von SPD, CDU, Grünen, Freien Wählern und FDP sowie dem Bürgermeister schenkte er nämlich eine sechssitzige, faltbare Bank, die sie auch gleich ausprobieren sollten. Schellhoß ist nämlich der Ansicht, dass die Parteien nur selten an einem Strang zögen, wenn es um Selbolder Themen gehe. Nun könnten sie die Bank nutzen, um am Kinzigsee oder auf dem Weinberg beim Blick über die Stadt zu überlegen, wie sie Selbold gemeinsam nach vorne bringen können.
Von Lars-Erik Gerth