Selbolder Haushalt mit den Stimmen von SPD, Grünen und FDP verabschiedet

Es gab schon deutlich spannendere und kontroverser geführte Haushaltsdebatten in der Gründaustadt. Und so dauerte es am Montagabend (5. Dezember) keine zwei Stunden, ehe der Etat für 2023 in trockenen Tüchern war. Dem Entwurf des Magistrats stimmten nicht nur alle Stadtverordneten von SPD und Grünen, sondern auch die beiden Liberalen zu. Abgelehnt wurde die Haushaltsvorlage von CDU und Freien Wählern. Somit wurde der Haushalt mit 22:15 Stimmen angenommen.
Langenselbold – Wie von Erstem Stadtrat Benjamin Schaaf (parteilos) bei der Haushaltseinbringung im November vorgeschlagen unverändert bleiben die Hebesätze von Grundsteuer A/B und Gewerbesteuer. Das erneute Ansinnen der Freien Wähler, die Differenz zwischen den beiden Hebesätzen zu verringern, wurde nicht einmal von allen Mitgliedern der eigenen Fraktion mitgetragen. Der FW-Antrag hatte vorgesehen, die Gewerbesteuer auf 425 Punkte anzuheben und die Grundsteuer auf 510 zu senken. Nach dessen Ablehnung beschloss das Parlament mit klarer Mehrheit, die Hebesätze bei 530 (Grundsteuer A/B) und 420 Punkten (Gewerbesteuer) zu belassen.
Schon wesentlich höher als diesmal war in der Vergangenheit die Anzahl der Änderungsanträge zum Haushaltsentwurf des Magistrats. Von der rot-grünen Koalition gab es vier Änderungsanträge und von der FDP einen. Hinzu kam der Vorschlag der CDU, die Abwassergebühren zu senken, was von der rot-grünen Mehrheit jedoch abgelehnt wurden (gesonderter Bericht dazu folgt).
Defizit auch von der Opposition kaum thematisiert
Für wenig Aufregung sorgte auch das Defizit von – am Ende – etwas mehr als 4,5 Millionen Euro, das der Haushalt für das Jahr 2023 aufweist. Dieses wird durch die in den vergangenen Jahren erwirtschafteten Rücklagen gedeckt. Für die kommenden Jahre erwartet Kämmerer Schaaf dann – nach jetzigem Stand – wieder Selbolder Haushalte mit positivem Vorzeichen.
In den Haushaltsreden der Fraktionsvorsitzenden von CDU, Freien Wählern und FDP spielte das Defizit überraschenderweise bestenfalls eine Nebenrolle in Form von einem oder zwei Sätzen. So störte sich die CDU-Fraktionsvorsitzende Monika Duderstadt deutlich mehr an der ihrer Meinung nach fehlenden Transparenz des Haushaltsentwurfs, obwohl sie doch bereits bei ihrer Rede zum Etat des laufenden Jahres auf die zahlreichen Schwachstellen hingewiesen habe. Entsprechend beklagte sie nun erneut die „fehlende Klarheit und Übersichtlichkeit“ und bedauerte, dass keiner von der CDU gemachten Vorschläge zu einer besseren Übersichtlichkeit der Haushaltsaufstellung aufgenommen worden sei.
CDU für Ankauf von Mehrfamilienhäusern für Asylbewerber
Bei der Unterbringung von Asylbewerbern kann Duderstadt derweil nicht nachvollziehen, warum die Stadt auf eine Container-Lösung setze und nicht etwa zum Verkauf stehende Mehrfamilienhäuser erwerbe. Letzteres sei doch eine langfristige und damit bessere Lösung. Dieses Gedankenspiel der Christdemokraten wies Bürgermeister Timo Greuel (SPD) entschieden zurück. Nicht zuletzt mit dem Hinweis darauf, dass die Container sofort für 56 Personen zur Verfügung stünden und beim Kauf eines Mehrfamilienhauses in der Regel mit einem erheblichen Bestand von weiterhin vermieteten Wohnungen zu rechnen sei. Abgesehen davon sei der Immobilienmarkt derzeit ausgesprochen „überhitzt“ und die Preise 2022 aufgrund der allgemeinen Lage deutlich gestiegen.
Erhebliche Kritik an der rot-grünen Regierungskoalition übte FW-Fraktionschefin Christiane Kapp, die eine Reihe von Entscheidungen des Parlaments im vergangenen Jahr anführte, die bisher nicht umgesetzt worden seien. Sie sprach von Schwach- und sogar Leerstellen in „der Politik der herrschenden Parteien“. Oft habe sie das Gefühl gehabt, dass sich SPD und Grüne auf ihren Koalitionsverhandlungen ausruhten und dächten, damit sei es getan. Der Rest würde sich dann von selbst ergeben.
Dies sei aber nicht passiert. Und so gebe es bisher beispielsweise keine Überdachung der Bushaltestelle am Lindenplatz, keine E-Scooter-Parkplätze, sei die Holzbrücke an der Roten Hohl nicht saniert, tue sich nichts in Sachen Kulturbeauftragter, Projekt „Zukunft Innenstadt“, Kläranlage oder Multifunktionshalle.
FDP-Fraktionschef verabschiedet sich

Deutlich weniger kritisch ging FDP-Fraktionschef Rainer Lamprecht mit Rot-Grün ins Gericht und signalisierte schließlich auch die Zustimmung seiner Fraktion. Vermutlich war er auch deshalb in milder Stimmung, weil es seine letzte Rede im Stadtparlament gewesen ist. Am Ende der Sitzung teilte er nämlich sichtlich bewegt mit, dass er sein Mandat zum 31. Dezember niederlegen werde. Dem Parlament hat er dann 14 Jahre angehört. Für ihn wird Johannes Volz nachrücken.
Alle Stadtverordneten und Magistratsmitglieder bedankten sich mit stehendem Applaus für die geleistete Arbeit des nun scheidenden liberalen Fahrensmannes.
SPD und Grüne sind zufrieden
Erwartungsgemäß positiv äußerten sich Peter Volk (SPD) und Cornelia Hofacker (Grüne) zum Haushaltsentwurf. Volk hob hervor, dass das Defizit – wie bereits im Vorjahr – „lediglich ein systembedingtes“ sei und es kein strukturelles Problem in Selbold gebe. Grund für das erneute Minus seien vielmehr die geringeren öffentlichen Schlüsselzuweisungen sowie die deutlich höheren Kreis- und Schulumlagen, die die Stadt an den Kreis zahlen müsse. Den vom SPD-geführten Magistrat vorgelegten Etat bezeichnete Volk hingegen als „solides und seriöses Stück handwerklicher Arbeit“. Sehr positiv bewertete er den Umstand, dass es keine Steuererhöhungen geben werde. Zugleich äußerte er die Hoffnung, dass man die Hebesätze „irgendwann auch mal wieder senken“ werde können.
SPD und Grüne hatten unter anderem auch einen Änderungsantrag zur Schaffung von weiterem sozialen Wohnraum eingebracht, bei dem es um die Errichtung von vier neuen Wohneinheiten in der Rhönstraße geht. Außerdem ging es um die Aufstockung des Kulturetats um 17 000 Euro, um das Angebot im Bereich Theater und Konzerte auszubauen. Während der erste Antrag die Zustimmung aller Stadtverordneten erhielt, stimmten nur SPD, Grüne und FW für die Aufstockung des Kulturetats. Die FDP enthielt sich und aus den Reihen der CDU gab es sogar Nein-Stimmen.
Cornelia Hofacker ging in ihrer Rede auf die schwierigen Rahmenbedingungen für die Erstellung eines kommunalen Haushalts ein, auf welche die Stadt keinen Einfluss habe. „Neben Kriegselend, Energie- und Corona-Krise sind wir alle auch stark betroffen von der immensen Preissteigerung für Energie, für Lebensmittel und Produkte sowie daraus folgend für Dienstleistungen“, so die Grünen-Fraktionschefin. Dies alles mache die „sowieso schon schwierigen Planungen für das kommende Jahr und darüber hinaus mehr als kompliziert“. Entsprechend ging ihr großer Dank an die Verwaltung, die den Haushalt aufgestellt hatte. Diesem Dank schlossen sich auch alle anderen Fraktionsvorsitzenden in ihren Haushaltsreden an.
Vorwurf des Stillstands zurückgewiesen
Den von CDU und Freien Wählern konstatierten „Stillstand in Langenselbold“ konnte Hofacker erwartungsgemäß nicht nachvollziehen. „Unserer Meinung nach hat die Stadt viele wichtige Themenbereiche auf den richtigen Weg gebracht. Und wir haben neben der Verwaltung, als Fraktion innerhalb der Regierungskoalition, sowie neben dem Magistrat und der Stadtverordnetenversammlung, natürlich auch einen erheblichen Anteil daran“, wand sie ihrer Grünen-Fraktion auch einen Kranz.
Als großes Ziel für die kommenden Jahre formulierte Cornelia Hofacker das Folgende: „Langenselbold hin zu einer nachhaltig, lebens- und liebenswerten Stadt weiter zu entwickeln. Dazu braucht es mehr Klima- und Waldschutz, mehr Erzeugung von erneuerbarer Energie, mehr Energieeffizienz, mehr Kultur sowie mehr Sicherheit und Zufriedenheit im innerstädtischen Verkehr als auch mehr soziales Engagement! Und das für alle Altersgruppen.“
Von Lars-Erik Gerth