1. Startseite
  2. Region
  3. Main-Kinzig-Kreis

Main-Kinzig-Kreis: Thorsten Stolz (SPD) will weitermachen

Erstellt:

Von: Yvonne Backhaus-Arnold

Kommentare

Aufmerksamer Zuhörer: Thorsten Stolz im Gespräch auf dem Wochenmarkt.
Aufmerksamer Zuhörer: Thorsten Stolz im Gespräch auf dem Wochenmarkt. © -

Thorsten Stolz steht auf dem Platz neben der Gründauhalle in Langenselbold. Von rechts weht ein eisiger Wind mit ersten Schneeflocken im Gepäck, von links der Duft von Fischbrötchen. Viel ist nicht los bei diesem Wetter. Der Landrat der SPD, der am 29. Januar wiedergewählt werden möchte, ist im Wahlkampfmodus.

Main-Kinzig-Kreis - Unterm Arm trägt Thorsten Stolz Flyer mit seinem Konterfei. Die Kugelschreiber sind schon aus, aber Nachschub ist im Anflug. Die Stimmung ist bestens. Am Stand der Sozialdemokraten gibt’s Glühwein. Roten natürlich. Thorsten Stolz nennt die Langenselbolder SPD „einen Aktivposten“ im Reigen der vielen Ortsvereine. Er sei sehr dankbar für die ehrenamtliche Unterstützung.

Während die Genossen miteinander plaudern, passt der 43-Jährige jeden Kunden ab. Fleißig rennt er von rechts nach links und wieder zurück. „Ich kenne Sie aus der Zeitung“, sagt eine Frau. Stolz lächelt. Dann überreicht er seinen Flyer. „Gehen Sie wählen am 29. Januar“, gibt er der Dame zum Abschied mit auf den Weg.

Für den zweistündigen Außentermin hat Stolz die Bundeswehrsocken aus dem Schrank geholt und die lange Unterhose – auch aus der Bundeswehrzeit. „So wird mir wenigstens nicht kalt.“ Zehn Termine stehen heute auf seinem Tagesprogramm. Zum Infostand ist der Sozialdemokrat mit dem Privatauto gefahren. Ihm sei das wichtig. „Ich kann dafür ja nicht Ressourcen aus dem Landratsamt abziehen“, erklärt er. Die Trennung zwischen Amt und Partei, zwischen Landrats- und SPD-Kandidat verschwimmt in diesen Tagen und Wochen dennoch.

Manchmal ist’s auch einsam im Wahlkampf: Der Amtsinhaber und SPD-Kandidat wartet auf potenzielle Wähler.
Manchmal ist’s auch einsam im Wahlkampf: Der Amtsinhaber und SPD-Kandidat wartet auf potenzielle Wähler. © patrick scheiber

„Wer sich als Amtsinhaber wenige Tage vor einer solchen Wahl noch kein Haus gebaut hat, der baut es sich in den letzten Tagen vor der Wahl auch nicht mehr“, ist sich der 43-Jährige sicher. Dennoch ist Stolz im Dauerwahlkampf. Neujahrsempfänge. Diamantene Hochzeiten. Hallenmasters. Ausstellungseröffnung.

Thorsten Stolz macht bei seinen Auftritten einen souveränen Eindruck. Nahbar. Entspannt. Dass er seine Satzanfänge manchmal wiederholt, ist ein sympathischer Tick. Mit Blick auf Sonntag habe er ein gutes Gefühl. „Aber aus einer positiven Grundstimmung müssen auch Stimmen werden. Wir müssen die Leute an die Wahlurne bekommen.“

Stolz ist in Gelnhausen geboren und dort aufgewachsen. Heute lebt er mit seiner Frau Ninja und den beiden vier und sieben Jahre alten Söhnen in einem der Stadtteile. Nach Schulabschluss und Wehrdienst führte ihn die Ausbildung nach Frankfurt, wo er an der Verwaltungsfachhochschule die Schwerpunkte Verwaltungsrecht, Kommunalrecht und öffentliche Finanzen studiert. Das Duale Studium schließt er 2003 ab und arbeitet einige Jahre als Diplom-Verwaltungswirt in der Finanzabteilung der Stadt Frankfurt.

In seinem Flyer heißt es, dass in dieser Zeit der Wunsch stärker wurde, auch politisch zu gestalten. „Und dies am liebsten in meiner Heimatstadt Gelnhausen.“ 2006 bewirbt Stolz sich um die Nachfolge von Jürgen Michaelis (CDU) als Bürgermeister. In der Stichwahl setzt er sich mit 62,3 Prozent gegen den CDU-Kandidaten durch, 2012 wird er mit 77 Prozent der Stimmen wiedergewählt.

Ein sehr ruhiger Wahlkampf

Auch auf dem Radar von Landrat Erich Pipa taucht Stolz auf. 2017 hebt die SPD ihn aufs Schild um die Pipa-Nachfolge. Stolz setzt sich im ersten Wahlgang gegen fünf Mitbewerber durch. Stimmanteil: knapp 58 Prozent.

Diesmal ist es ein ruhiger Wahlkampf, ein typischer Winterwahlkampf, sagen die Selbolder Genossen. Stolz sagt, dass er so viel nicht falsch gemacht haben könne in den zurückliegenden sechs Jahren, „sonst hätte es ja mehr Gegenkandidaten gegeben“. Diesmal gibt es nur eine Gegenkandidatin, Gabriele Stenger von der CDU. Der Umgang der beiden ist höflich. Kein richtiger Wahlkampf mit zwei, drei kontroversen Themen. „Das vermisse ich schon“, sagt Thorsten Stolz. Er weiß, dass nichts zugespitzt wird, denn die Große Koalition, in der SPD und CDU im Kreis seit der letzten Kommunalwahl arbeiten, muss auch nach dem 29. Januar weitergehen.

Haben ihn die Jahre im Amt selbstbewusster gemacht? Der 43-Jährige zögert. Man wachse in dieses Amt hinein, dass noch mal ein viel breiteres Aufgabenspektrum als das Bürgermeisteramt habe. „Ich glaube“, konstatiert er, „das ist mir ganz gut gelungen.“

Und sein Fell sei noch ein bisschen dicker geworden, räumt er ein, „weil man noch mehr im Fokus steht“. Corona, die Flüchtlingskrise –wichtige Themen, aber häufig auch unangenehme. Dass die Kreispolitik stark abhängig ist von Bundes- und Landesentscheidungen, bekommt Stolz täglich zu spüren. Trotzdem habe er als Landrat Entscheidungs-, vor allem aber Gestaltungsspielraum vor Ort. Und so fließen die Millionen: für das Kreis-Förderprogramm für den ländlichen Raum, für den Glasfaserausbau, für die Schulen. „Und ich kann mich auch mal konträr zu Bund und Land positionieren – auch gegenüber den eigenen Leuten“, sagt er und schmunzelt.

Seine freie Zeit – und davon bleibt nicht viel – verbringt er gerade ausschließlich mit der Familie. „Jede freie Minute, in der ich zu Hause bin, saugen mich die Kinder auf. Das ist auch richtig so“, so der zweifache Familienvater. Montags und mittwochs bringt er seine Söhne in Kita und Schule. „Das bleibt auch im Wahlkampf so.“ Alles andere managt seine Frau. „Würde sie mir nicht den Rücken freihalten, würde das alles gar nicht gehen.“

Dann kommen die Mitglieder des Reha-Kurses aus der Gründauhalle. „Die fange ich jetzt mal ab“, ruft Stolz und verschwindet Richtung Eingang. Stadtrat Roland Sahler erzählt, dass noch drei weitere Veranstaltungen allein in der Gründaustadt geplant sind: Infostände am Ringcenter und einmal Äpfel verteilen am Bahnhof, morgens um 5.30 Uhr.

Einmal lächeln: Jürgen Schonlau, Parteivorsitzender der Langenselbolder SPD, bittet zum Foto.
Einmal lächeln: Jürgen Schonlau, Parteivorsitzender der Langenselbolder SPD, bittet Thorsten Stolz zum Foto. © -

Das Schneetreiben wird dichter, die erste Stunde ist um – „und bisher keine einzige Beschimpfung“, freut sich Thorsten Stolz. Inhaltlich gibt es wenige Themen an diesem Mittag. Eine Passantin erzählt von ihrem Sohn, der sein Medizinstudium abgeschlossen habe. Stolz verweist auf die Main-Kinzig-Kliniken und seine Kontaktdaten im Flyer.

Vier Stunden später in Gelnhausen. Der Landrat sitzt im Bürgerportal des Main-Kinzig-Forums. Hier wird er gleich die Ausstellung der Seliger-Gemeinde und der Sudetendeutschen Landsmannschaft „Böhmen liegt nicht am Meer – Lebenswege sudetendeutscher Sozialdemokraten“ eröffnen. „Es kann sein, dass wir die Eröffnung vor fünf Leuten machen“, hatte er am Mittag noch zum Abschied gesagt. Am Ende sind es deutlich mehr.

Stolz sitzt in der ersten Reihe. Mitte. Er trägt Anzug, Hemd und Krawatte, hört aufmerksam zu und lächelt, als das Schifferklavier erklingt. Ohne Notizen tritt er vor die Gäste. Erzählt von den Großeltern väterlicherseits, die aus dem Sudetenland kamen, vom Urgroßvater, der selbst Sozialdemokrat war. Zwischendrin begrüßt er eine frühere Nachbarin aus Gelnhausen. Er habe den Großeltern gern zugehört, viel gefragt. Lehren aus der Geschichte zu ziehen, daran appelliert er, und an einen menschlichen Umgang mit Flüchtlingen. Der Landrat spricht.

Gleich muss er weiter zum Neujahrsempfang der Stadt Maintal. Die Bundeswehrsocken braucht er heute nicht mehr… (Von Yvonne Backhaus-Arnold)

Auch interessant

Kommentare