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CDU und FDP von SPD-Kooperationskündigung überrascht

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Noch mit Maske, aber einig: Im Juli 2021 hatten die drei Fraktionen eine Kooperationsvereinbarung als Basis für eine intensivere Zusammenarbeit verfasst, die die SPD nun aufkündigt. ARCHIV
Noch mit Maske, aber einig: Im Juli 2021 hatten die drei Fraktionen eine Kooperationsvereinbarung als Basis für eine intensivere Zusammenarbeit verfasst, die die SPD nun aufkündigt. ARCHIV © MICHAEL BELLACK

Die Maintaler SPD kündigt die Kooperation mit CDU und FDP auf - die sich über die Art und Weise und den Zeitpunkt der Auflösung wundern. Auch die Gründe, die die SPD nennt, überzeugen die Ex-Partner nicht.

Maintal – Über zwei Jahre lang hatte sie für stabile Mehrheitsverhältnisse in der Stadtverordnetenversammlung gesorgt. Doch seit Ende vergangener Woche ist die Maintaler Kooperation der CDU-, FDP- und SPD-Fraktion Geschichte (wir hatten berichtet). Die SPD hat dem Dreierbündnis per Mitgliederbeschluss ein Ende gesetzt, das die beiden Partner offensichtlich überraschte. Nicht nur inhaltlich, sondern auch über Art und Weise sowie Zeitpunkt, zu dem sie von dem Ausstieg der Sozialdemokraten erfuhren, zeigten sich die beiden versetzten Parteien verwundert.

So war es auch nicht die SPD selbst, die mit dem Schlussstrich unter den schwarz-rot-gelben Pakt an die Öffentlichkeit ging, sondern die FDP, die am Freitagmorgen ihre Reaktion darauf als erste veröffentlichte. Am späten Donnerstagabend habe Parteivorsitzender und stellvertretender Fraktionschef Necdet Kalipcioglu FDP und CDU per E-Mail über das Ende des Dreierbündnisses in Kenntnis gesetzt. Da war die Entscheidung, die die Maintaler SPD bei ihrer Mitgliederversammlung gefällt hatte, allerdings schon eine Woche alt. „Verwundert“ und „enttäuscht“ drückt FDP-Ortsvorsitzender Leo Hoffmann sein „völliges Unverständnis“ aus. Auch Fraktionschef Thomas Schäfer zeigt sich „entsetzt über den Stil der SPD“. „Nachts per Mail eine Woche nach Beschlussfassung“ das Aus der Kooperation mitzuteilen, zeuge „von wenig vertrauensvoller Zusammenarbeit“.

FDP vermutet „persönliche, strategische“ Gründe

Trotz „aller Unterschiedlichkeit“ habe man „immer wieder gute Kompromisse zum Wohle der Stadt erzielt“, so Hoffmann. Thomas Schäfer habe sich persönlich darum bemüht, „einen Ausgleich zwischen den Partner herbei zu führen“ und die Projekte der SPD in „konsensfähige Haushaltsanträge“ zu bringen. Er vermutet „persönliche, strategische oder innerparteiliche Gründe“ für das Verhalten der SPD.

Die Sozialdemokraten hingegen begründen das Aus der „Deutschlandkoalition“, wie die Grünen das Bündnis gelegentlich nennen, mit der Haltung der CDU in der Debatte um neue Standorte für temporäre Flüchtlingsunterkünfte. „Wir haben uns schwer damit getan, dass hier die Interessen von Kindern und Jugendlichen gegen die der Geflüchteten ausgespielt wurden“, begründet Fraktionschef Sebastian Maier den Schritt. Neben vielen anderen Punkten sei das eine „Haltung“ gewesen, die die Sozialdemokraten nicht hätten mittragen können.

SPD kritisiert Haltung der CDU zu Flüchtlingsstandorten

Es sei in Maintal gelebte Praxis gewesen, solche Themen – erst recht, wenn sie soziale Sprengkraft besitzen – erst innerhalb der Kooperation zu besprechen und keine „Parteipolitik auf dem Rücken“ Schutzsuchender zu machen. Dieser Konsens sei „einseitig aufgekündigt“ worden, was Maier mit den Worten „bis hierhin und nicht weiter“ kommentiert. Diese Kritik weist die CDU zurück und hält die genannten Gründe für „vorgeschoben“. Die Kündigung zeige, dass „keine Sachgründe, sondern politisches Kalkül die Entscheidung geleitet“ habe, reagieren die Christdemokraten und kritisieren ebenfalls, wann und wie sie davon erfahren haben. „Besonders ärgerlich ist die Tatsache, dass die SPD die Kommunikation seit Wochen praktisch eingestellt hat und erst eine Woche nach der internen Entscheidung und nach zwei wichtigen Gremiensitzungen die Kündigung ausspricht“, so die CDU.

Obwohl die Partner nicht im Guten auseinandergehen, will Maier aber nicht „alles schlechtreden“: „Wir haben in den vergangenen zwei Jahren einiges erreicht und geordnet, was ohne die Kooperation so nicht möglich gewesen wäre“, sagt er und nennt die Entscheidung für ein Konzeptverfahren rund um das geplante Bischofsheimer Bürgerhaus und die städtebauliche Entwicklung im Bereich Maintal Mitte als Beispiele für die fruchtbare Zusammenarbeit.

Die Grünen haben mit Kooperationsaus gerechnet

Trotzdem habe die SPD jetzt zur „Halbzeit der Wahlperiode“ festgestellt, dass es „erhebliche unterschiedliche Vorstellungen in der Alltagspolitik jenseits der gemeinsam erarbeiteten Positionen des Kooperationsvertrages“ gebe. Zu den Themen, über die sich die Partner „entfremdet“ hätten, zählt sie nicht nur die Flüchtlingsdebatte, sondern auch die von der FDP beantragte namentliche Abstimmung zur Entscheidung über die Kitaverpflegung, die die SPD für eine „Verzögerung von wichtigen Abstimmungen im Wohnungsbau“ hielt, und „unsachgerechte und in Teilen unter die Gürtellinie gehende Kritik am hauptamtlichen Magistrat“. Aber auch bei den finanzpolitischen Herausforderungen sowie den Themen Stadtentwicklung, Klimaschutz und Mobilitätswende sei klar geworden, dass die SPD Kompromisse hätte eingehen müssen, die sie nicht für vertretbar hält. „Wir wollen mehr geförderten Wohnungsbau, mehr Radwege und Fahrradabstellanlagen“, nennt Maier einige Punkte, in denen sich die Partner nicht einig wurden. Auch das Thema Personalgewinnung für Kitas habe man mit CDU und FDP nicht wie gewünscht vorantreiben können.

Wenig überrascht hingegen zeigen sich die Grünen, die von der Auflösung der Kooperation profitieren dürften. Schließlich waren sie es, die gegen die Stimmenmehrheit der drei Kooperationsfraktionen mit ihren Anträgen mehr als einmal das Nachsehen hatten. Die Differenzen seien „zu offensichtlich“ gewesen, teilt der Ortsvorstand mit und hofft, dass die anstehenden Herausforderungen nun ohne „Scheuklappen“ angegangen werden könnten. Sowohl FDP als auch CDU untermauern in ihren Mitteilungen, an den Zielen der Kooperation festzuhalten und die für Maintal wichtigen Themen weiter vorantreiben zu wollen – auch wenn dies jetzt wieder stärker von „Zufallsmehrheiten“ abhinge.

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