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Das Geheimnis der Apfelsorte Bischofsmütze mit Ursprung in Bischofsheim

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Pomologe Werner Nussbaum aus Schöneck erläuterte die Charakteristika der Bischofsmütze.
Pomologe Werner Nussbaum aus Schöneck erläuterte die Charakteristika der Bischofsmütze. © Thomas Seifert

Das Umfeld für die Präsentation der Hessischen Lokalsorte 2023 der Pomologen-Landesgruppe war gut gewählt, denn am Samstag, dem „Tag des Obstbaums 2022“, wurden am Stadtteilzentrum Bischofsheim die Obstbäume des Arbeitskreis Streuobst Maintal und die „Lieblingsbäume“ der Stadt an die Besteller ausgegeben. Werner Nussbaum, Sortenbestimmer aus Schöneck, lüftete dann das Geheimnis und präsentierte die Bischofsmütze – nomen est omen – mit ihren Charakteristika während eines kleine Vortrags.

Maintal – „Anfang der 2000er Jahre war ich in der Nähe von Marburg zu Besuch bei einem Pomologen-Kollegen“, so der Sprecher der Hessischen Landesgruppe, „und der zeigte mir einen Apfel, den weder ich noch er zuordnen konnten“, erinnerte sich Nussbaum.

Ein Jahr später hatte der Kollege das Geheimnis um diese Apfelsorte gelüftet, denn er hatte in dem umfangreichen Kompendium von Richard Zorn den Apfel samt Beschreibung gefunden. Zorn (1860 bis 1945) hatte von 1896 bis 1944 ein monumentales Werk, das „Verzeichnis aller in Deutschland angebauten Kernobstsorten“, geschaffen.

Wieder am Ursprungsort heimisch

Er hatte alle Früchte selbst gezeichnet und die wesentlichsten Daten zu den Sorten auf „einer Art Visitenkarten“, so Nussbaum, notiert. Das Original wurde lange Zeit im Tresor der Hochschule in Geisenheim verwahrt, wozu der Marburger Kollege allerdings Zugriff hatte. Inzwischen gibt es das immer noch aktuelle Standardwerk von Zorn in verschiedenen Ausgaben auch in Buch und Broschürenform. Richard Zorn hatte aufgeschrieben, dass die Bischofsmütze eben in Bischofsheim wachse, dieses Wissen und die Bäume gingen aber im Laufe der Jahrzehnte verloren.

Ralf Vandamme, Sprecher des Arbeitskreises Streuobst, hatte einem vom Sturm gefällten Baum am Berger Hang einige Zweige entnommen und damit Jungbäume „abgeedelt“, berichtete er. Einige Äpfel hatte er dem Kollegen Nussbaum mitgebracht und der identifizierte die Früchte zweifelsfrei als Bischofsmützen, sodass diese Sorte nun wieder an ihrem Ursprungsort heimisch ist.

Als Kelterapfel gut geeignet

Doch es werden bald noch mehr Bischofsmützen in der Gemarkung gepflanzt, sind sich Nussbaum und Vandamme sicher, denn der Apfel gilt laut Zorns Beschreibung von 1912 als „haltbarer Wirtschaftsapfel und Marktsorte ersten Ranges“. Auch als Kelterapfel ist die Bischofsmütze geeignet, stellte Nussbaum fest.

Aufgefallen war die Sorte bei einschlägigen Ausstellungen durch ihre ungewöhnliche Form mit zehn Rippen und der schönen gestreiften Deckfarbe. Schneidet man den Apfel an, so laufe er nicht braun an, sondern das Fruchtfleisch behalte seine helle Farbe, betonte der Pomologe. „Die Hessischen Lokalsorten müssen immer drei Jahre im voraus von der Landesgruppe festgelegt werden, damit die Baumschulen die Zeit haben, Bäume dieser Sorten zu züchten“, berichtete Nussbaum. Sie greifen dabei auf noch erhaltene Restbestände zurück und veredeln mit dieser Grundlage Jungbäume.

Aktive im Arbeitskreis Streuobst Maintal

Im Bezug auf die Bischofsmütze wurden bei Erkundungen und Kartographien der Pomologen „Einzelvorkommen in der Hanauer und Frankfurter Gegend sowie bei Aschaffenburg und im nördlichen Odenwald“ entdeckt, heißt es in der Begleitbroschüre.

Während es im Pomologen-Verein bundesweit rund 1700 Mitglieder aber nur noch 20 Sortenbestimmer gibt, sind im Arbeitskreis Streuobst Maintal immer „zwischen zehn und 20 Personen“ aktiv, stellte Vandamme fest. „Darunter sind auch Imker oder Halter von Schafen oder Ziegen, die mit ihren Tieren zur Diversität der Obstwiesen beitragen“, berichtete der Sprecher, der sich darüber freute, dass die Stadt Maintal wie schon seit Jahren wieder das Stadtteilzentrum für die Baumausgabe zur Verfügung gestellt hat.

Abholung von „Lieblingsbäumen“

Schon seit vielen Jahren organisiert der Arbeitskreis Streuobst Maintal diese Obstbaumaktion. Interessierte Bürgerbekommen neben den bestellten Bäumen auch noch einen Pflanzpfahl, Verbissschutz und eine Befestigung überreicht.

In diesem Jahr waren 198 Obstbäume geordert worden, deren Abholung von den AG-Mitgliedern zügig abgewickelt wurde. Parallel dazu konnten auch die „Lieblingsbäume“ der Stadt Maintal abgeholt werden. Das sind Bäume, die als Schattenspender oder für den Klimaschutz in privaten Gärten oder für Grünflächen von Firmen im Stadtgebiet gedacht sind, berichtete die Klimamanagerin der Stadt Maintal, Nina Stiehr.

Diese Aktion wurde nach einem Beschluss der Stadtverordneten im vergangenen Jahr mit 60 Bäumen gestartet, am Samstag standen bereits 76 Pflanzen zur Abholung bereit: „Eine erfreuliche Entwicklung“ so Stiehr.

Von Thomas Seifert

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