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Ein Besuch im Atelier des Maintaler Malers und Aktionskünstlers Dirk Baumanns

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Mittlerweile weltbekannt: Dirk Baumans mit seinem Gemälde „Mona Greta“, das auf allen Klima-Demos dabei ist und unter die besten 50 Klimastreik-Plakaten weltweit gewählt wurde
Mittlerweile weltbekannt: Dirk Baumans mit seinem Gemälde „Mona Greta“, das auf allen Klima-Demos dabei ist und unter die besten 50 Klimastreik-Plakaten weltweit gewählt wurde © ULRIKE PONGRATZ

Maintal – Da steht es also zwischen all den anderen Werken. Das Bild, das weltweit Aufmerksamkeit auf sich zieht, das tausendfach fotografiert wurde – und immer noch wird. Das „The Guardian“ und die Tageszeitung „Independent“ unter den 50 besten „Klimaprotest-Bilder“ – Best Signs of Protest worldwide – auf ihrer Website präsentieren: „Mona Greta“. Das Ölbild zeigt Greta Thunberg, das Gesicht der globalen Bewegung „Fridays for Future“.

Unverkennbar in der Haltung der Mona Lisa blickt Thunberg in einem weiten, gelben „Friesennerz“ fast ein wenig zornig von der Leinwand. Im Hintergrund toben die Naturgewalten: Arkadien ist Vergangenheit.

Mehr als zwei Jahre Arbeit hat der in Maintal lebende Maler Dirk Baumanns in dieses Bild investiert. Trotzdem ist das Originalbild immer mit dabei, wenn Baumanns für mehr Klimaschutz demonstriert. Er zeigt es als Plakat auf der „Weltklimastreik-Demonstration“ in Frankfurt, Hamburg und an anderen Orten. So häufig wie „Mona Greta“ wurde noch keines seiner Bilder fotografiert, in Zeitungen gedruckt oder in den sozialen Medien geteilt. Tatsächlich ist das gute Stück auch schon vom Esel gefallen, als Baumanns 2021 für eine wandernde Ausstellung quer durch Deutschland und Frankreich probte.

Diese Kunstaktion fürs Klima sollte, wie die vielen weiteren Aktivitäten und Performances, die jedes Mal ein soziales oder umweltpolitisches Anliegen des Künstlers transportieren, zum Nachdenken und Handeln auffordern. Umweltzerstörung und soziale Ungerechtigkeit sind die Themen, die Baumanns aufwühlen und für die er seit seinem Studium an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach immer wieder neu künstlerisch Ausdruck verleiht. Dabei ist Baumanns vielseitig unterwegs, er scheint ständig auf der Suche nach weiteren Möglichkeiten zu sein, die er handwerklich-technisch in oft tagelangen Arbeitsprozessen umsetzt. Experimentierfreudig hat Baumanns ganz neue Maltechniken erfunden, wie das Einarbeiten von Plastikfolie mit Ölfarben auf Leinen. So finden sich unter seinen Kunstwerken Ölbilder in hellen, leuchtenden Farben, Zeichnungen, Installationen, Videos, Fotografien, Performances und Skulpturen. „Ich möchte meine Kunst nutzen, um Umweltschutz zu betreiben“, sagte Baumanns. Seine Ausstellungen finden gerne abseits des Kunstbetriebs statt, unter Brücken oder im Kaufhaus.

Zum künstlerischen Portfolio gehören unter anderem Kunstaktionen mit Kindern und Jugendlichen in Krisengebieten, mit Geflüchteten, Benefizauktionen oder auch kleine Kunstwerke für „kleines Geld“. „Kambrium“, „Last Step“ oder „Arctic Bag“ heißen die ungefähr DIN-A4-großen Kunstwerke. Hierfür sind die Vorbilder aus der Natur die Jahrmillionen alten Versteinerungen aus dem Erdmittelalter. Die aktuellen Fundstücke aus dem Anthropozän – gesammeltes und gereinigtes Upcycling-Plastik – sind mit feiner Ölfarbe auf Leinen zu einem Kunstwerk verarbeitet.

Über Frankfurt hinaus bekannt wurde Baumanns als Kurator der „Pixel-Kitchen“, einer Veranstaltungsreihe von 2013 bis 2015 im Günel Theater im Rebstock. „Bis zu 1000 Leute kamen zu unseren Kunstbanketts mit Live-Auftritten großer Bands und DJ-Partys. Doch der organisatorische Aufwand nahm immer mehr Zeit in Anspruch, das Einkommen blieb weit dahinter zurück, sodass Baumanns letztlich entschied, sich wieder mehr der Malerei und eigenen Kunstaktionen zu widmen. Zum Beispiel folgte er 2015 einer Einladung des Atlantis Kunstvereins zum „Farba Fest nach Bosnien-Herzegowina. Eine Kunstaktion in einem Krisengebiet, wie verrückt muss man sein? „Das Projekt war eine Wahnsinnsaktion. Eine Woche lang habe ich mit ungefähr 60 Kindern und Jugendlichen eine Außenfassade gestaltet. Es hat allen einen Riesenspaß gemacht.“ 1000 kleine Luftballons befüllte Baumanns mit Farbe, die Kinder warfen sie an die abblätternde rosa Fassade. „Nebenbei wurde darüber gesprochen, was so passiert im Leben“, sagt Baumanns zu dieser Gemeinschaftsaktion, die Kinder und Jugendliche ganz nebenbei zu eigenem Handeln ermutigte.

Einen Schritt weiter ging die jüngste Aktion von Baumanns auf dem Frankfurter Kaiserplatz. Mit dem Projekt „Kunst aus Krisen“ führte Baumanns „seine künstlerische Arbeit mit einer Selbstwirksamkeit der Hauptbetroffenen über eine Benefizauktion für die Hilfsorganisation Mary´s Meals zusammen. Ein Versuch, die soziale Plastik von Beuys über das Motto "Mit Kunst die Welt retten!" weiterzuentwickeln. Ein Zeichen für Frieden und Hoffnung zu setzen.“

Seit über 15 Jahren scheint Baumanns mit seinen künstlerischen Appellen und Aktionen ein einsamer Rufer in der Kunstszene zu sein. „Die meisten Museen zeigen keinerlei Ausstellungen zum Klimawandel. Sie vernachlässigen dadurch die ethischen Richtlinien des Internationalen Museumsrats. Ausstellungen, die sich mit dem aktuell wichtigsten Thema für den Fortbestand der Menschheit auseinandersetzen, sind kaum zu finden“, sagt Baumanns.

Auch wenn er immer wieder mit anderen Tätigkeiten Geld für seinen Lebensunterhalt hinzuverdienen muss, Dirk Baumanns macht weiter. Das Porträt der „Mona Greta“ gehört zur aktuellen Serie großformatiger Bilder, die alle eindeutige Reminiszenz an Klassiker aufweisen. Tischbeins Gemälde von Goethe in Italien oder auch „Der Schrei“ von Edvard Munch sind darunter. „Ich interpretiere die Meisterwerke neu, binde sie in das Thema Klimawandel ein.“

Bekannte Motive in grellen, leuchtenden Farben gemalt, sind in einer aus den Fugen geratenen Welt platziert.

Von Ulrike Pongratz

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