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Ein Leben für die Feuerwehr: Wolfgang Krauß war 50 Jahre lang aktives Mitglied

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Von: Michael Bellack

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Heute blickt Wolfgang Krauß auf über 50 Jahre bei der Feuerwehr zurück. Nun geht es für ihn in die Alters- und Ehrenabteilung.
Heute blickt Wolfgang Krauß auf über 50 Jahre bei der Feuerwehr zurück. Nun geht es für ihn in die Alters- und Ehrenabteilung. © Patrick Scheiber

„Einen Moment“, sagt Wolfgang Krauß, verschwindet aus dem Wohnzimmer und kommt wenige Augenblicke später mit einem roten Ordner zurück. Fein säuberlich und perfekt sortiert befindet sich darin in Klarsichtfolien abgeheftet seine persönliche Feuerwehr-Geschichte. Vor über 50 Jahren hat sie für Krauß bei der Freiwilligen Feuerwehr in Dörnigheim begonnen – und sie dauert bis heute an.

Maintal – Den ersten Kontakt zur Feuerwehr hatte er 1969 durch Schulkameraden, da war Krauß zehn Jahre alt und hatte gerade das Eintrittsalter erreicht. „Dem damaligen Ortsbrandmeister Rolf Kowalik war ich aber etwas zu schmächtig“, sagt Krauß. Ein Jahr später wurde seine Hartnäckigkeit dann aber belohnt und er trat der Dörnigheimer Wehr bei. Dort gab es durch das Bestreben von Kowalik bereits eine Jugendfeuerwehr. „Das war ein Novum zu der Zeit“ erinnert sich Krauß. Er müsse 14, vielleicht 15 Jahre alt gewesen sein, da wurde er schon in die Einsatzabteilung berufen – den Grundlehrgang bei der Feuerwehrschule in Kassel absolvierte er erst mit 20. „Das ist heute etwas strenger geregelt“, schmunzelt Krauß.

Seine Begeisterung für Technik machte ihn bei der Wehr schnell unverzichtbar. Der gelernte Elektriker hielt mit einem Kameraden die Funkgeräte in Schuss, später auch die Atemschutzgeräte und Tauchausrüstung. „Die mussten sonst zum Hersteller geschickt werden. Das hat natürlich viel Zeit und Geld gespart“, sagt Krauß, während er in seinem Ordner blättert.

Sämtliche Lehrgänge, Fortbildungen, Beförderungen, Ehrungen und Abzeichen hat er darin geordnet, oft auch mit dem passenden Gruppenbild dazu. Würde er diese Erinnerungen eingerahmt an die Wand hängen wollen, er müsste wohl anbauen. Den Bootsführerschein 1983 nennt er als einen seiner Meilensteine, schließlich war er auch lange als Taucher für die Wehr aktiv. Auch hier war die Maintaler Wehr Vorreiter. 1986 wurde er Gruppenführer, 1991 dann Zugführer und damit berechtigt, drei Gruppen mit insgesamt 22 Einsatzkräften zu führen. 2007 wurde er Brandmeister. „Das war mein Ziel, mit diesem Rang wollte ich meine Laufbahn beenden“, sagt Krauß.

In Sachen Ausrüstung hat die Feuerwehr um Wolfgang Krauß (obere Reihe, Zweiter von Rechts) deutlich zugelegt.
In Sachen Ausrüstung hat die Feuerwehr um Wolfgang Krauß (obere Reihe, Zweiter von Rechts) deutlich zugelegt. © Privat

An seinen ersten Einsatz kann sich Krauß nicht mehr erinnern, wohl aber an die damaligen Gegebenheiten. Sein Blick bleibt an einem Gruppenbild aus den 1980er-Jahren hängen. Von schwerer Ausrüstung und Schutzanzügen keine Spur. „Da gab es keine Wärmeschutzkleidung, wir sind mit Baumwollklamotten ins Feuer gegangen“, sagt Krauß. „Da würde heute jeder die Hände über dem Kopf zusammenschlagen.“ Mit dem, was an Equipment zur Verfügung stand, „hätten die Brände damals gar nicht ausgehen dürfen“, lacht Krauß. Doch sie gingen aus.

Bei unzähligen Gefahrenlagen war er in seiner Laufbahn im Einsatz, an einige erinnert sich der heute 63-Jährige besonders. Bei einem Taucheinsatz suchte er in einem Autowrack im Main nach einer vermissten Person. Zwei große Augen jagten ihm einen gehörigen Schreck ein – es waren die Augen eines Donald-Duck-Aufklebers auf der Scheibe. Als einer der Ersten war Krauß vor Ort, als im August 1984 das Schloss Philippsruhe lichterloh in Flammen stand.

Als er mit seinen Kameraden im Oktober 1991 nach Hanau alarmiert wird, lagen auf dem Weg über die Nürnberger Straße tausende Scherben auf dem Boden. Es waren geborstene Fensterscheiben. Die Explosion eines Wasserstofftanks auf dem Gelände von Heraeus Quarzglas hatte ein Bild der Verwüstung hinterlassen. „Das war für uns alle sehr eindrucksvoll“, sagt Krauß. Eine bittere Erfahrung machte Krauß in Maintal, als einem Feuerwehrkameraden die Verantwortung für eine ganze Brandserie nachgewiesen werden konnte. „Wir waren geschockt, dass es einer unserer Kameraden war“, erinnert er sich.

Schmunzeln muss er bei dem Gedanken an den Konkurrenzkampf, der damals zwischen den einzelnen Wehren in den Stadtteilen herrschte. „Früher hieß es an Einsatzstellen öfter ‘Das ist unser Feuer“, sagt Krauß, „da ging es auch schon mal herbe zur Sache.“ Heute herrsche bei der Maintaler Feuerwehr ein viel größeres Miteinander.

Mit dem Goldenen Brandschutzehrenzeichen am Bande wurde Wolfgang Krauß für 50 Jahre Mitgliedschaft bei der Feuerwehr ausgezeichnet.
Mit dem Goldenen Brandschutzehrenzeichen am Bande wurde Wolfgang Krauß für 50 Jahre Mitgliedschaft bei der Feuerwehr ausgezeichnet. © Patrick Scheiber

Seinen letzten Einsatz als Aktiver hatte Krauß 2018 oder 2019, so genau weiß er das nicht mehr. Nachdem er mit dem Goldenen Brandschutzehrenzeichen am Bande für 50 Jahre Mitgliedschaft ausgezeichnet wurde, wechselte er nun die Alters- und Ehrenabteilung, bleibt der Wehr also erhalten. Theoretisch könnte er noch bis zum 65. Lebensjahr aktiv im Dienst bleiben. Jetzt lässt Krauß aber seinen Töchtern Melanie und Lisa-Marie den Vortritt, die – genauso wie ihre Partner – ebenfalls sehr aktiv sind bei der Feuerwehr.

Was braucht es also, um 50 Jahre aktiv bei der Feuerwehr engagiert zu sein? „Bei mir war es das Faible für Technik“, sagt Krauß. „Ansonsten Enthusiasmus, Sinn für Kameradschaft und den Rückhalt der Familie.“

Von Michael Bellack

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