Frau von Hund verfolgt und verletzt: „Ich bin um mein Leben geradelt“
Bei einer Radtour wird Bärbel Sill aus Maintal von einem Hund angefallen. Sie sucht die Halterin und spricht sich für generellen Leinenzwang aus.
Maintal/Hanau – Der 11. August ist ein herrlicher Tag. Die Sonne scheint, es ist hochsommerlich warm. Wie fast jeden Tag im Sommer beschließt Bärbel Sill aus Maintal-Dörnigheim, eine Runde mit dem Rad zu fahren. Einen schönen Nachmittag in Hanau-Wilhelmsbad möchte die Rentnerin verbringen. Stattdessen endet der Vormittag in einem Albtraum. „Mir läuft es heute noch kalt den Rücken runter, wenn ich daran denke“, sagt die 79-Jährige.
Es ist kurz nach 13 Uhr. Bärbel Sill radelt den Waldweg entlang, als sie plötzlich einen Hund links neben sich bemerkt. Das aggressive Tier bellt laut, springt immer wieder an ihr hoch, schnappt nach dem Bein der Rentnerin – und beißt zu. Bärbel Sill versucht panisch, den Hund abzuschütteln. Doch dieser lässt nicht locker, springt weiter kläffend und beißend neben ihr hoch. „Ich bin um mein Leben geradelt“, erzählt die Dörnigheimerin.
Irgendwie schafft sie es schließlich, dass der Hund von ihr ablässt, Noch ein Stück fährt sie weiter. Dann, als als sie sich endlich sicher genug fühlt, steigt sie ab und lässt sich auf eine Bank fallen. „Ich musste mich erst einmal sammeln. Ich stand unter Schock“, erinnert sie sich.
Auf dem Weg von Maintal nach Hanau: Radfahrerin wird von Hund angefallen
Gleich zweimal hat der Hund die zierliche Rentnerin erwischt: Eine blutende Wunde klafft in ihrer linken Wade, die Zähne des Tieres sind deutlich zu sehen. Auch am Oberschenkel verletzt der Hund die Renterin. „Glücklicherweise hatte ich unter meinem Rock eine Radlerhose an. Er hat zugebissen, aber es blieb bei einem Bluterguss“, sagt Sill und zeigt die Wunden, die auch drei Wochen nach dem Angriff noch deutlich zu sehen sind.

Noch im Wald ruft Bärbel Sill die Polizei an. Nachdem sie mehrfach weiterverbunden wird, beschließt sie, auf direktem Weg zur Polizeistation nach Maintal zu fahren. Die 79-Jährige will Anzeige gegen Unbekannt erstatten. Doch die Polizistin, die den Vorfall aufnimmt, habe ihr abgeraten. Zu gering seien die Erfolgsaussichten, da Bärbel Sill die Halterin weder gesehen noch angesprochen und nach der Adresse gefragt habe. „Ich wurde einfach abgefertigt“, sagt die Rentnerin enttäuscht. Auch dem Revierförster meldet sie den Vorfall. Doch auch er sieht keine Möglichkeit, den Vorfall nachzuverfolgen. „Alle sagen mir, ich hätte zurückfahren und die Halterin zur Rede stellen sollen. Aber ich war froh, dem Hund entkommen zu sein.“
Maintal/Hanau: Radfahrerin nach Hunde-Attacke enttäuscht von Polizei und Förster
Hinzu kommt, dass Bärbel Sill gar nicht weiß, zu wem der Hund, der ohne Leine unterwegs war, gehört hat. Zwar sei sie kurz vor dem Angriff an einer jungen Frau vorbeigefahren. Diese hatte aber laut Sill den Kopf gesenkt und auf ihr Handy geschaut. Auch den Hund kann die Rentnerin nur vage beschreiben. „Es war ein bräunlicher Jagdhund mit glattem Fell. Mehr weiß ich nicht.“
Die Wunden, die sie beim Arzt behandeln lassen muss, sind mittlerweile gut verheilt. Was bleibt, ist tiefe Enttäuschung. „Alle haben mich so behandelt, als sei ich selbst Schuld daran, dass ich gebissen wurde. Das ist quasi wie ein zweiter Schock für mich“, sagt die Dörnigheimerin, die früher selbst einen Hund besessen hat.
Radfahrerin aus Maintal: „Ein Hund gehört immer an die Leine“
Sie fasst deshalb den Entschluss, ihr Erlebnis öffentlich zu machen. Nicht nur die Halterin des Hundes möchte sie auf diesem Weg erreichen. Auch andere Hundehalter will die 79-Jährige sensibilisieren. „Ein Hund gehört immer an die Leine, auch im Wald. Alles andere ist unverantwortlich. Nicht auszudenken, wenn ein Kind mit dem Rad an meiner Stelle angefallen worden wäre.“
Mittlerweile steigt Bärbel Sill wieder fast täglich aufs Rad. Sie will sich ihr liebstes Hobby nicht nehmen lassen, sagt sie. So unbeschwert wie vor dem Angriff fahre sie allerdings nicht mehr durch den Wald. „Das Erlebnis hängt mir noch immer nach. So was vergisst man nicht so schnell.“ (Kristina Bräutigam)
„Ich sehe mich als ganzheitlichen Förster“: Marko Richter ist Maintals neuer Revierförster.