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„Ich sehe mich als ganzheitlichen Förster“: Marko Richter ist Maintals neuer Revierförster

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Von: Kristina Bräutigam

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„Die riesigen Eichen sind beeindruckend“: Der Rhöner Marko Richter ist der neue Revierförster in Maintal und auch für die Kommunalwälder in der Region zuständig.
„Die riesigen Eichen sind beeindruckend“: Der Rhöner Marko Richter ist der neue Revierförster in Maintal und auch für die Kommunalwälder in der Region zuständig. © KRISTINA BRÄUTIGAM

Marko Richter kommt in Sport-T-Shirt und Arbeitshose in den Wald. Er könnte auch Dienstkleidung tragen. Richter aber bevorzugt den legeren Look. „Ich möchte mit den Leuten ins Gespräch kommen. Das geht besser so, als wenn ich mit Uniform und Hoheitsabzeichen vor ihnen stehe“, sagt er.

Maintal – Seit Februar ist der 42-Jährige der neue Revierförster für Maintal, die Kommunalwälder von Schöneck, Niederdorfelden, Bruchköbel und Neuberg gehören ebenfalls zu seinem Zuständigkeitsbereich. Insgesamt 1050 Hektar umfasst das Revier, das Marko Richter von Heiner Koch übernommen hat (wir berichteten). Er sei sehr froh, dass sein Vorgänger ihm noch ein paar Monate mit Rat und Tat zur Seite steht. Auch wenn es darum geht, das Revier kennenzulernen.

„Er kannte hier jeden Schleichweg. Es braucht noch ein bisschen, aber ich finde mich mittlerweile ganz gut zurecht“, sagt der Forstingenieur, der aus Gersfeld in der Rhön stammt. Hier lebt Richter mit seiner Familie in einem Bauernhaus und betreibt einen land- und forstwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetrieb. Um sich weiterhin kümmern zu können, wird er vorerst pendeln und die Wochenenden in der Heimat verbringen. Aktuell lebt der neue Revierförster in einer kleinen Mietwohnung in Großkrotzenburg. Im Herbst wird Richter das Forsthaus in der Kennedystraße übernehmen.

„Es ist ein vielfältiges Revier. Ich freue mich auf meine Aufgabe“, sagt Richter, der an diesem Morgen im Stadtwald von Dörnigheim unterwegs ist. Bislang sei er eher ein „Holz-Macher“ gewesen. Das wird sich nun ändern. „Ich sehe mich als ganzheitlichen Förster“, sagt Richter. In Maintal, wo der Wald vor allem als Erholungsraum genutzt wird, spiele Öffentlichkeitsarbeit eine entscheidende Rolle. „Mir ist es ganz wichtig, auf die Leute zuzugehen. Man muss ihnen erklären, warum man etwas macht. Nur so haben sie Verständnis.“

Nicht nur Führungen durch den Stadtwald will der neue Revierförster anbieten. Vor allem der Nachwuchs liegt ihm am Herzen. „Die meisten Kinder und Jugendlichen hocken nur noch vor dem Computer oder starren aufs Handy. Dabei kann man im Wald so viel Tolles mit ihnen machen, zum Beispiel Zweige sammeln und dann die Baumsorte bestimmen.“ Im April pflanzt Richter mit Maintaler Kindergarten-Gruppen junge Bäume. Er gibt den Kindern die Aufgabe, die kleinen Bäumchen bei Hitze und Trockenheit zu gießen. Die Maßnahme soll den Jungbäumen das Überleben sichern. Und sie soll dazu beitragen, dass die Kinder Verantwortung übernehmen. „Wenn ein Kind im Wald groß wird, schmeißt es später keinen Müll dorthin. Sie haben ein ganz anderes Bewusstsein“, sagt Richter, der selbst zweifacher Vater ist.

Auch der 42-Jährige entdeckt seine Liebe zum Wald schon als Kind. Der Opa, ein Waldarbeiter, nimmt ihn regelmäßig mit, gemeinsam machen sie Brennholz, füttern Wild. Förster sei immer sein Traumberuf gewesen, erzählt Richter. Obwohl die Stellenaussichten katastrophal sind und ihm alle abraten, entscheidet er sich nach dem Abitur für ein Forststudium. „Ich wollte es unbedingt“, erinnert er sich.

Nach vier Jahren Studium macht sich Richter zunächst als Forstunternehmer selbstständig. Damals eine Notlösung, weil keine Reviere frei sind, ist er heute dankbar: „Vielen Förstern fehlt der praktische Hintergrund. Alle haben studiert, aber mit der Maschine Holz gerückt oder eine Kettensäge in der Hand gehalten haben die wenigsten. Dabei sollte man die Arbeiten kennen, die man später beaufsichtigt.“

Heute ist die Situation eine andere. Viele Forstämter können ihre Stellen nicht nachbesetzen, viele Reviere sind frei. „Es wurde verschlafen, Personal auszubilden“, sagt Richter. Doch er hat Glück: Im Sommer 2021 entdeckt er die Ausschreibung für das Revier Maintal auf der Internetseite des Landesbetriebs Hessen Forst, bewirbt sich und bekommt die Zusage.

Als er das erste Mal in seinem neuen Revier steht, kommt allerdings wenig Freude auf. Es ist Winter, die Bäume sind kahl „Ich dachte "o wei, das sieht schlimm aus", besonders in Bischofsheim.“ Jetzt im Sommer, wo alles grün ist, sei der Anblick zwar deutlich besser. Der Absterbeprozess lasse sich trotzdem nicht mehr aufhalten, sagt Richter. „Einige der Bäume, die wir hier sehen, werden im nächsten Frühjahr oder Sommer nicht mehr grün werden. Wir können eben kein Wasser aus dem Main her pumpen und die Bäume gießen.“

Marko Richter steht vor einer gewaltigen Aufgabe. Angesichts immer längerer Hitze- und Trockenperioden bleibe das Ziel, einen klimastabilen Mischwald aufzubauen. Statt großer Monokulturen brauche es mindestens vier Baumarten, die die nächsten 100 bis 150 Jahren überleben können. Die Eiche etwa sei sehr robust, ebenso die Robinie, die Esskastanie oder die Schwarznuss. Auf Neupflanzungen allein kann der Landesbetrieb nicht setzen. 20 000 Euro kostet ein Hektar Eichenkultur. Umso wichtiger ist die sogenannte Naturverjüngung, das Wachsen neuer Bäume, nachdem ältere Bäume Samen geworfen haben. Auch bei der forstwirtschaftlichen Nutzung müsse mit Bedacht vorgegangen werden. So müsse beim Holz machen unbedingt vermieden werden, dass zu viel Sonnenlicht ins Waldinnere dringt und einzelne Bäume Sonnenbrand bekommen.

Doch es gibt auch Schönes im neuen Revier. Etwa die riesigen Eichen im Maintaler Stadtwald, manche knapp 200 Jahre alt. Wie viele Förster-Generationen hier ihre Arbeit reingesteckt haben, müsse man sich mal vorstellen, so Richter. „Selbst wenn man den Baum nun fällen und ein Möbel daraus machen würde, es würde weitere 150 Jahre halten. Mehr Nachhaltigkeit geht nicht.“

Von Kristina Bräutigam

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