Karin Müller ist Maintals erster Barriere-Scout

Wer an Barrieren denkt, dem kommen oft bauliche Hindernisse in den Sinn. Doch Barrieren können -– je nach Behinderung – vielfältig sein. Deshalb meint Barrierefreiheit nicht nur, Treppen durch Rampen zu ersetzen, sondern alle Bereiche des Alltags so zu gestalten, dass sie von jedem Menschen ohne fremde Hilfe genutzt werden können. Wie das geht, zeigt Karin Müller.
Maintal - Sie ist Maintals erste Barriere-Scout. Barriere-Scouts sind eine Initiative des Vereins Sozialhelden, der sich mit vielseitigem Engagement für mehr Teilhabe einsetzt. Das Projekt baut darauf auf, dass Menschen mit Behinderung die besten Experten in eigener Sache sind. Sie wissen um die Barrieren im Alltag und können sich mit diesem Wissen für Inklusion, also die gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen , stark machen. Karin Müller gehört dazu.
Die Dörnigheimerin sitzt seit 2019 im Rollstuhl. Sie kennt die Hürden im Alltag nur zu gut. „Deshalb befasse ich mich intensiv mit dem Thema ,Barrierefreiheit’“, berichtet sie. Barrieren, die ihr als Rollstuhlfahrerin die Eigenständigkeit erschweren, sind beispielsweise hohe Bordsteinkanten, schmale Gehwege, Behindertenparkplätze, deren Anordnung nicht durchdacht ist, oder Behindertentoiletten mit zu schmalen Türen oder ohne Wendebereich. Diese Hindernisse fallen oft nur Menschen mit einer Beeinträchtigung auf. Deshalb ist ihr Wissen hilfreich, um diese Barrieren abzubauen.
Karin Müller ist Mitglied des neuen Inklusionsbeirats
Auch Karin Müller ist das ein Anliegen. Seit dem Frühjahr gehört sie dem Maintaler Inklusionsbeirat an. Er möchte die Teilhabe von Menschen mit Behinderung und ihren Angehörigen stärken und ihren Belangen mehr Gehör verschaffen. Gerne bringt Müller für diese Aufgabe ihre Erfahrung und ihr Engagement ein. „Während meiner Recherchen bin ich auf die kostenlose Qualifizierung zum Barriere-Scout gestoßen“, erzählt die Dörnigheimerin. Sie zögerte nicht, nahm an der digitalen Schulung teil und studierte die umfangreichen Seminarunterlagen. Kürzlich hat sie die Zertifizierung abgeschlossen – als erster Barriere-Scout in und für Maintal.
Denn als Barriere-Scout bietet Müller in ihrer Heimatstadt kostenlose Ortsbegehungen an und berät Privatpersonen ebenso wie Unternehmen, Gastronomen und öffentliche Einrichtungen in Maintal, wie sie Barrierefreiheit schaffen können. Dabei berücksichtigt sie nicht nur die Bedarfe von Menschen, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind. „Durch die Zertifizierung hat sich mein Blick geweitet, sodass ich jetzt auch ein deutlicheres Bild davon habe, was Barrierefreiheit für Blinde, Gehörlose oder Autisten bedeutet“, sagt sie. So würden Autisten durch Lärm, Helligkeit oder Musik in Panik geraten. „Deshalb gibt es beispielsweise Supermärkte, die zu bestimmten Zeiten das Licht dimmen und auf Musik und Durchsagen verzichten“, berichtet Müller.
Checkliste hilft, Hürden zu beseitigen
Weil Barrieren so vielfältig sind, gibt es eine Checkliste, mit der man Orte oder Veranstaltungen auf Barrierefreiheit hin überprüfen kann. Sie bieten einen Überblick über die wichtigsten baulichen Anforderungen, die Menschen mit Behinderungen eine möglichst barrierefreie Zugänglichkeit und Nutzbarkeit von Gebäuden ermöglichen. Das beginnt schon mit der Anfahrt: Ist eine barrierefreie Haltestelle in der Nähe, gibt es ein Blindenleitsystem, werden Informationen nach dem Zwei-Sinne-Prinzip bereitgestellt und geben zum Beispiel ergänzend zur visuellen Wahrnehmung auch taktile oder auditive Hinweise? Wie sind Rampen, Toiletten, Treppen, Aufzüge, Flure, Informations-, Leit- oder Sicherheits- und Warnsysteme gestaltet? „Das ist ein ziemlich umfangreicher Kriterienkatalog“, lacht Müller. Oft seien es aber kleine Veränderungen, die das Leben für alle spürbar einfacher machten.
Wer mehr über Barriere-Scouts erfahren möchte, kann sich auf der Internetseite der Sozialhelden www.sozialhelden.de informieren. Wer die Beratung von Karin Müller in Anspruch nehmen möchte, kann persönlich zu ihr Kontakt aufnehmen unter z 06181 495277 oder per E-Mail an karin-franz@arcor.de.